Gold in Euro auf Allzeithoch
Gold polarisiert die Investorengemeinde: Von absoluter Begeisterung bis hin zu Kurszielen von null sind alle Einschätzungen vertreten. Aktuell glänzt Gold mal wieder mit satten Preissteigerungen.
So wurden in vielen Währungen neue All-time-Highs erreicht, unter anderem auch in Euro. Gold findet man des Öfteren als kleine Beimischung in Portfolios - allerdings nicht immer aus Performancegründen.
Während für den Goldpreis in US-Dollar bis zu seinem Höchststand von 1.920 Dollar pro Feinunze (August 2011) noch rund 25 Prozent Spielraum bestehen, wurden in vielen Währungen - auch im Euro - zuletzt neue Tops erzielt. Dabei wird in der längerfristigen Betrachtung deutlich, dass das begrenzte Gut Gold gegenüber den beliebig vermehrbaren Papiergeld-Währungen aufwertet.
Das glänzende Metall kann als alternative Währung interpretiert werden, die einen Schutz vor schlechter Regierungs- und Notenbankpolitik bietet. Naturgemäß bildet sich der Goldpreis immer aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Dabei bewegt sich die verhältnismäßig statische Angebotsseite seit dem Jahr 2010 in einer recht engen Bandbreite zwischen 4.340 und 4.640 Tonnen.
Entscheidend für seine Preisbewegungen ist daher die Nachfrageseite. Rund die Hälfte der Goldnachfrage entfällt jedes Jahr auf die Schmuckproduktion, ein knappes Zehntel wird von der Industrie verbraucht. Die restlichen rund 40 Prozent werden von drei Investorengruppen aufgesaugt: Zentralbanken, Privatanlegern (in Form von Münzen bzw. Barren) und Portfolioinvestoren, wie Investmentfonds, Hedge Funds und sonstige institutionelle Anleger.
Die jährliche Nachfrage dieser drei Investorengruppen schwankt erheblich und stellt damit die wesentliche Determinante für die Entwicklung des Goldpreises dar. Die entscheidende Frage ist somit, von welchen Faktoren sich Zentralbanken, Privatanleger und Portfolioinvestoren leiten lassen.
1. Zentralbanken:
Bei der Goldnachfrage der Zentralbanken handelt es sich im Wesentlichen um politisch getriebene Entscheidungen, die nicht pauschal eingeordnet werden können. Fakt ist jedoch, dass die Zeiten, in denen der Goldpreis durch Verkäufe der Notenbanken unter Druck geraten ist, seit rund zehn Jahren vorbei sind und seither Jahr für Jahr ein Nachfrageüberhang (mehr Käufe als Verkäufe) besteht. Auffällig ist, dass in den letzten Jahren insbesondere Russland seinen Goldbestand sukzessive ausgebaut hat. Im ersten Halbjahr 2019 wurde die Nettonachfrage der Zentralbanken von insgesamt 374 Tonnen allerdings von Polen angeführt, das Russland im 2. Quartal auf den zweiten Platz verdrängt hat. An dritter Stelle folgt die chinesische Zentralbank.
2. Privatanleger:
Bei der physischen Nachfrage nach Münzen und Barren für den privaten Besitz dürften insbesondere zwei Faktoren eine Rolle spielen: Erstens Ängste vor einem Kollaps des aktuellen Finanzsystems und zweitens das Wegbrechen der Zinsen (keine Opportunitätskosten mehr).
3. Portfolioinvestoren:
Für Investmentfonds, Hedge Funds und sonstige institutionelle Investoren ist die Vermeidung von Negativzinsen beim Goldkauf ein zunehmend wichtiger Aspekt geworden. Schließlich hat der Anteil der negativ rentierlichen Anleihen in den vergangenen Jahren tendenziell immer weiter zugenommen. Verstärkt wurde diese Entwicklung in den zurückliegenden Wochen durch die Zinssenkungen einer ganzen Reihe von Notenbanken. Unter anderem hat die Europäische Zentralbank ihren Einlagezinssatz für Banken Mitte September um zehn Basispunkte auf nunmehr minus 0,50% gesenkt. Während die Privatanleger hinsichtlich der Weitergabe der "Strafzinsen" durch die Geschäftsbanken (noch) weitgehend verschont werden, müssen institutionelle Anleger bzw. Fonds schon bis zu 0,75 Prozent für ihre Cashbestände bei Kreditinstituten zahlen. Damit bekommt der mit Gold oftmals in Verbindung gebrachte Begriff "zinslos" plötzlich eine ganz andere - und zwar positive Bedeutung. Bei den Portfolioinvestoren gibt es natürlich auch spekulative Anleger, die mit ihren Goldinvestments auf Kursgewinne setzen. Beispielsweise haben Hege Funds ihre Bestände zuletzt aufgestockt. Eine dritte Gruppe der Portfolioinvestoren investiert aus strategischen Gründen in Gold, lassen sich auf diese Weise doch z.B. Multi-Asset-Portfolios stabilisieren.
Portfoliostabilisierung durch Goldinvestments
Da Gold keine Erträge / Cash Flows abwirft, ist eine fundamental basierte Bewertung des gelben Edelmetalls kaum möglich. Gleichwohl sprechen verschiedene Gründe für eine Beimischung von Gold in breit gestreuten Portfolios.
Da die Preisentwicklung des gelben Edelmetalls zum breiten Aktienmarkt in der Regel nur eine sehr geringe, zum Teil auch negative Korrelation aufweist, ist Gold ein guter "Diversifier". Zwar schwankt die Korrelation je nach Betrachtungszeitraum, allerdings ist sie in der Regel weit weg von 1,0 (was einem hundertprozentigen Gleichlauf entsprechen würde). Bei Goldminenaktien versus MSCI World ergeben sich oftmals sogar deutlich negative Werte von bis zu minus 0,79. Gold gilt bei vielen Investoren deshalb zu Recht als "Krisenwährung" und kann in der Regel genau dann Zugewinne verzeichnen, wenn es bei nahezu allen anderen risikobehafteten Assetklassen zu starken Einbrüchen kommt.
Davon abgesehen stellt die Notenbankpolitik mit sinkenden Zinsen sowohl in Europa als auch in den USA tendenziell Rückenwind für Edelmetallinvestments dar. Niedrige bzw. negative Realzinsen waren in der Vergangenheit insbesondere aus dem oben genannten Grund (fehlende Zinserträge) häufig ein positiver Treiber für den Goldpreis. In Zeiten, in denen die 12-Monats-Realzinsen in den USA oberhalb von 2,5 Prozent lagen, hat Gold in der Vergangenheit (Anfang 1971 bis Mitte 2019) im Schnitt um 0,3 Prozent pro Monat an Wert verloren. Bei moderaten Realzinsen von null bis 2,5 Prozent kam es dagegen zu durchschnittlichen monatlichen Zugewinnen von ein Prozent, und bei negativen Realzinsen waren es sogar 1,2 Prozent pro Monat, also durchaus aktienähnliche Renditen.
von Ottmar Wolf, Vorstand der FAM Frankfurt Asset Management AG in Frankfurt/ Main
Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.v-bank.com.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.