Nach Wegfall russischer Sojus-Raketen: SpaceX könnte die Europäische Weltraumorganisation mit Raketen versorgen
Seit Russland die Ukraine im Februar angegriffen hat, wurden zahlreiche Verträge und Kooperationen zwischen russischen und westlichen Partnern aufgelöst. Auch die Europäische Weltraumorganisation muss sich nun nach einem neuen Vertragspartner umschauen - und findet diesen womöglich in Elon Musks SpaceX.
Werte in diesem Artikel
• ESA kann nicht mehr auf Sojus-Raketen zugreifen
• SpaceX-Raketen mögliche Alternative
• Umfassende Kompatibilitätsprüfung notwendig
Russischer Angriffskrieg zu Lasten von Verträgen und Kooperationen
Seit Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine vor knapp sechs Monaten haben sich die Fronten zwischen dem Vielvölkerstaat und dem Westen zunehmend verhärtet. Nicht nur zogen sich zahlreiche Unternehmen und Einrichtungen aus Russland zurück, auch dort kündigte man Kooperationen mit dem Westen auf. So hat beispielsweise auch die Europäische Weltraumorganisation (ESA) seit Kriegsbeginn keinen Zugriff mehr auf russische Trägerraketen des Typs Sojus, um mittlere Nutzlasten ins Weltall zu transportieren.
Start der Ariane 6 frühestens 2023
Für kleinere Nutzlasten wurden bislang italienische Vega-Raketen genutzt, während die Ariane 5 für schwere Transportmissionen eingesetzt wurde. Zwar wurde im Juli mit der Vega C eine verbesserte Version der Trägerrakete für kleine Frachten vorgestellt, die Ariane 6, die in zwei Versionen daherkommen und sowohl Sojus- als auch Ariane 5-Raketen ersetzen soll, wurde auf 2023 verschoben, wie die Nachrichtenagentur "Reuters" berichtet. Dazu kommt, dass - neben dem Wegfall der russischen Transportmittel - auch die Ariane 5 keine Kapazitäten mehr aufweist.
SpaceX-Raketen könnten Frachtlieferungen übergangsweise übernehmen
Im Herbst könne es daher zu einem Übergangszeitraum kommen, in dem man sich möglicherweise einer Alternative bedienen müsse, so ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher gegenüber der Agentur. "Ich würde sagen, es gibt zweieinhalb Optionen, über die wir diskutieren", so der Leiter der Organisation. "Eine ist SpaceX, das ist klar." Damit könnte das Raumfahrtunternehmen von Tesla-Chef Elon Musk der ESA aushelfen und Raketen zum Frachttransport bereit stellen. Dazu würden bereits Gespräche stattfinden, so Aschbacher.
Auch Lösungen aus Japan oder Indien denkbar
Die weiteren "eineinhalb" Möglichkeiten, die man noch in der Hinterhand habe, betreffen dem ESA-Chef zufolge Kooperationen mit asiatischen Ländern. "Japan wartet auf den Erstflug seiner Rakete der nächsten Generation. Eine weitere Option könnte Indien sein", erklärte Aschbacher. Dennoch hat man sich offenbar bereits auf einen Favoriten festgelegt, sollte man tatsächlich zusätzliche Kapazitäten benötigen. "Ich würde sagen, dass SpaceX die einsatzfähigere dieser Optionen ist und sicherlich eine der Ersatzraketen, die wir in Betracht ziehen."
Gemeinsame Schnittstellen müssen untersucht werden
Dennoch könne man nicht ohne eine vorherige Prüfung davon ausgehen, dass die alternativen Raketen mit den bestehenden Satelliten kompatibel sind. "Wir müssen natürlich sicherstellen, dass sie geeignet sind. Es ist nicht so, als würde man auf einen Bus aufspringen", so Aschbacher weiter. Nicht nur müssen die Systeme eine gemeinsame Schnittstelle besitzen, auch könne die Nutzlast im Zweifelsfall durch veränderte Startvibrationen beschädigt werden. "Wir prüfen diese technische Kompatibilität, haben aber noch kein kommerzielles Angebot eingeholt. Wir wollen nur sicherstellen, dass dies eine Option ist, um eine Entscheidung über die Einholung eines festen kommerziellen Angebots zu treffen."
SpaceX springt nach Russland-Stopp in die Bresche
Seit Kriegsbeginn hat SpaceX bereits einige Kunden gewonnen, die zuvor von russischen Raketen abhängig waren. Dazu zählt etwa der Rüstungstechnikhersteller Northrop Grumman, der Anfang August drei Falcon 9-Raketen in den Weltraum schickte, um Fracht zur Internationalen Raumstation (ISS) zu transportieren. Das Unternehmen arbeitet derzeit an einer neuen Version der Antares-Rakete, da Triebwerke der bisherigen Modelle in Russland hergestellt und als Reaktion auf Sanktionen gegen das Land aber zurückgezogen wurden.
Sicherheitsrisiken durch Starlink-Freischaltung in der Ukraine?
Auch schaltete Musk das Highspeed-Internet-Projekt Starlink bereits kurz nach der Invasion Russlands in der Ukraine frei. Sicherheitsforscher Lennert Wouters von der KU Leuven konnte kürzlich jedoch Sicherheitslücken in den Satelliten feststellen, die sich mit nur 25 US-Dollar teurer Hardware ausnutzen lassen, wie "Wired" berichtete. "Ich denke, es ist wichtig, zu beurteilen, wie sicher diese Systeme sind, da es sich um kritische Infrastrukturen handelt", so Wouters. "Ich glaube nicht, dass es sehr weit hergeholt ist, dass bestimmte Leute versuchen würden, diese Art von Angriff durchzuführen, weil es ziemlich einfach ist, Zugang zu einer solchen Satellitenschüssel zu bekommen." So sei auch ein Angriff durch russische Hackergruppen denkbar. Starlink selbst reagierte nach einem Vortrag des Forschers und veröffentlichte eine sechsseitige Erklärung, in der man sich von dem Angriff beeindruckt zeigte, jedoch auf die Absicherung seiner Systeme verwies.
Redaktion finanzen.net
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Bildquellen: SpaceX, Kevork Djansezian/Getty Images
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