Das Electoral-College stimmt ab: Werden die Wahlmänner Präsident Trump noch verhindern?
Heute steht sie an, die Abstimmung der Wahlmänner in den USA, die Trump endgültig zum US-Präsidenten wählen könnte. Doch es könnte - rein theoretisch - auch das Gegenteil passieren. Es wäre eine Sensation.
Eine letzte Hürde gilt es für Trump zu überspringen, dann steht seinem Einzug ins Weiße Haus im Januar 2017 nichts mehr im Wege: Die Abstimmung der Wahlmänner. Eigentlich dürfte nichts mehr schiefgehen: 306 Wahlmänner hat Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl im November für sich gewonnen - ein deutlicher Puffer gegenüber den 232 Wahlmännern, die Hillary Clinton gewinnen konnte. 270 Wahlmänner reichen aus, um die ganze Wahl für sich zu entscheiden. Doch in gut der Hälfte der US-Bundesstaaten sind die Wahlmänner nicht verpflichtet für den Kandidaten ihrer Partei zu stimmen. Und nie war der Druck auf das "Electoral College" so groß.
US-Wahlsystem hart in der Kritik - Trump-Gegner machen mobil
Das US-Wahlsystem steht nicht zum ersten Mal in der Kritik der US-Bürger, doch die Debatte ist schon lange nicht mehr so sehr aufgeflammt, wie es aktuell der Fall ist. Als die Gründungsväter der USA das indirekte Wahlrecht festlegten, taten sie dies aus dem Antrieb heraus, Demagogen zu verhindern. Der Volkswille sollte daher gefiltert und spontane, impulsive Politik zugunsten langfristiger Interessen der USA unterbunden werden. Dass dieses Wahlsystem ausgerechnet einem Donald Trump, der für seine impulsiven Aussagen und Taten bekannt ist, in die Hände spielen würde, hätten sich die Gründungsväter wohl nicht vorstellen können. Nun ist es aber genau so gekommen. Obwohl Hillary Clinton 2,8 Millionen mehr direkte Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte als Trump - geriet sie mit nur 232 Wahlmännern ins Hintertreffen. Denn die Wähler bestimmen in ihren jeweiligen Bundesstaaten lediglich die Wahlmänner, die wiederum in einem eigenen Gremium, dem Electoral College, endgültig den US-Präsidenten wählen. Die genaue Anzahl der Wahlmänner hängt in den Bundesstaaten von der Bevölkerungsstärke ab. Während es also im bevölkerungsstarken Kalifornien 55 Wahlmänner zu gewinnen gibt, können im kleinen Delaware wiederum nur drei Wahlmänner gewonnen werden. Dies wurde Clinton zum Verhängnis - sie erhielt ihre Stimmen mehrheitlich in bevölkerungsschwachen Bundesstaaten und konnte daher letztendlich nicht genug Wahlmänner auf sich vereinigen, um zur Präsidentin gewählt zu werden. Ein Umstand, den die Trump-Gegner nicht hinnehmen wollen. Wie mehrere Wahlmänner berichteten, üben einige Demokraten aktuell starken Druck auf das Wahlgremium aus. Von einer "wahren Flut von E-Mails und Telefonaten" berichtet etwa die "Zeit". Außerdem haben fast fünf Millionen US-Bürger eine Online-Petition unterzeichnet, die sich gegen einen nächsten US-Präsidenten Trump richtet.Wie könnte das Electoral College einen Präsidenten Trump noch verhindern?
Traditionell stimmen die Wahlmänner entsprechend ihrer Parteizugehörigkeit ab. In 29 Staaten und in der Hauptstadt sind die Wahlmänner auch dazu verpflichtet, den Kandidaten zu wählen, den ihre eigene Partei nominiert hat - andernfalls drohen Strafen. In den übrigen US-Bundesstaaten steht es den Elektoren jedoch frei, sich auch gegen den von ihrer Partei aufgestellten Kandidaten zu entscheiden. Insgesamt 38 Trump-Wahlmänner müssten gegen ihn stimmen, um Trumps Einzug ins Weiße Haus doch noch zu verhindern. Doch die Stimmen dieser Wahlmänner müssten in diesem Fall nicht automatisch auch an Hillary Clinton gehen. Es wäre vielmehr auch denkbar, dass diese Wahlmänner für einen anderen Republikaner abstimmen - Ohios Gouverneur John Kasich ist beispielsweise oft im Gespräch. Um die Wahl zu entscheiden, müssten sich in diesem Szenario wiederum einige Demokraten ebenfalls für einen alternativen republikanischen Kandidaten wie Kasich entscheiden, um diesem eine Mehrheit von mindestens 270 Stimmen zu verschaffen. Wäre dies nicht der Fall, so hätte keiner der Kandidaten die Mehrheit. Die finale Entscheidung würde dann das US-Repräsentantenhaus fallen - dieses ist fest in der Hand der Republikaner. Und die Entscheidung des Senats wäre in diesem Falle bindend.Das endgültige Ergebnis der US-Wahl steht im Januar fest
Am heutigen Wahltag schicken die Wahlleute aller 50 US-Bundesstaaten und der Hauptstadt Washington ihr Votum für den künftigen US-Präsidenten und seinen Vize in sechs Umschlägen an vier Adressaten - einer von ihnen der Präsident des US-Senats. In spätestens neun Tagen nach der Wahl müssen alle Umschläge eingegangen sein. Am 6. Januar 2017 ist schließlich der Stichtag, an dem im Kongress das Wahlergebnis des Electoral College - und damit der nächste US-Präsident offiziell verkündet wird. An die Öffentlichkeit könnte das Wahlergebnis jedoch auch vor dem 6. Januar bereits dringen - sobald die Wahl endgültig abgeschlossen ist.Wie wahrscheinlich ist es, dass sich Wahlmänner gegen Trump entscheiden?
Würde das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl durch die Wahl der Wahlmänner tatsächlich noch einmal gekippt werden, so wäre dies eine regelrechte Sensation. In der gesamten Geschichte der USA haben bislang lediglich ein Prozent aller Wahlleute jemals gegen das Wahlergebnis des jeweiligen Bundesstaates gestimmt und noch niemals war eine solche Abstimmung entscheidend für eine Wahl. Faktisch hat bislang nur ein einziger republikanischer Wahlmann tatsächlich angekündigt, nicht für Trump abstimmen zu wollen. Sollten also tatsächlich letztendlich 37 Wahlleute gegen Trump stimmen, so wäre dies entgegen aller Wahrscheinlichkeit. Viele haben die Hoffnung jedoch noch nicht aufgegeben. Der Harvard-Rechtsprofessor Larry Lessig sagte etwa gegenüber "Tagesschau.de", wenn ein Kandidat sich disqualifiziere oder den nötigen Qualifikationen nicht gerecht werde, so sei dies ein Grund für die Wahlmänner, gegen ihn zu stimmen, denn "genau das ist bei Trump der Fall: Das Wahlleutekollegium wurde für diese Wahl gemacht". Lessig selbst schätzt aufgrund der Arbeit von drei Gruppen, die aktuell republikanische Wahlmänner beraten, dass "mindestens 20" der Wahlleute "abweichen wollen, manche sagen sogar: eher 30". Doch Fakt ist: Wird die magische Zahl von 37 Abweichlern nicht erreicht, so wird Donald Trump der nächste Präsident der USA.
Redaktion finanzen.net
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