Tesla als Arbeitsgeber

Arbeitsbedingungen bei Tesla: Musk warnt vor der "Produktionshölle"

05.08.17 08:23 Uhr

Arbeitsbedingungen bei Tesla: Musk warnt vor der "Produktionshölle" | finanzen.net

76.000 produzierte Elektroautos in 2016. Nun sind eine halbe Million geplant. Selbst Daueroptimist CEO Elon Musk warnte seine Mitarbeiter jüngst via Presse in den nächsten sechs Monaten vor einer brutalen und schweißtreibenden Herausforderung in der Produktion.

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Gesundheit und Sicherheit während der Arbeit sind wichtige Grundpfeiler, um Mitarbeiter nach westlichen Standards arbeiten zu lassen und zu motivieren. Dies scheint Tesla in der Vergangenheit laut einigen kritischen Mitarbeiterstimmen eher als sekundär wahrgenommen zu haben, da die Unfallstatistiken in 2015 beim kalifornischen Autobauer höher als in einem durchschnittlichen Schlachterbetrieb waren. Mitarbeiteraussagen im "Guardian" zufolge kommt es in den Produktionshallen regelmäßig zu Kreislaufzusammenbrüchen. Es soll schon über 100 Krankenwageneinsätze gegeben haben, weil Fabrikarbeiter während der Arbeitszeit Kreislaufzusammenbrüche bekamen und "wie ein Pfannkuchen" zu Boden gingen. Mitarbeiter seien in Ohnmacht gefallen, hätten über Atemnot, Schwindel oder Schmerzen in der Brust geklagt. Die Ergebnisse einer Stressstudie von "Payscale" sind in diesem Zusammenhang alarmierend. Tesla, SpaceX und Samsung sind die stressvollsten Unternehmen in der Tech-Branche. Gleichzeitig seien die Gehälter bei Tesla im Branchenschnitt unterdurchschnittlich. Doch was motiviert die Mitarbeiter trotzdem an der Vision vom elektrischen Auto für den Massenmarkt festzuhalten?

Vorgelebte innovative Unternehmenskultur - Mit Abstrichen bei den Arbeitsbedingungen?

Tesla verfolgt eine sehr moderne Herangehensweise mit Ideen. Mit der sogenannten "Open Innovation"-Philosophie stellen sie ihre Ideen und Patente kostenlos zur Verfügung. Eine sehr gegensätzliche Vision, im Vergleich zur statischen und klassischen Verbrennungsmotorbranche. Und dies in der Hoffnung, dass ihre Ideen von externen Ideengeber gefördert und weiterentwickelt werden. So sparen sie sich immense Forschungskosten, welche sie kostengünstig von externen Denkern übernehmen lassen. Gleichzeitig sollen Mitarbeiter ohne Zweifel ihre Ideen und Kritiken, auch wenn sie im ersten Moment schlecht scheinen, ohne Hemmungen äußern. Doch kann diese Philosophie auch auf die Arbeitsmoral und Belastbarkeit der Mitarbeiter übertragen werden? Denn die geäußerten Ideen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen blieben in der Vergangenheit offenbar des Öfteren unbeachtet. Das Melden von Arbeitsunfällen und der schlechte Umgang damit, soll Tesla-Mitarbeitern vom Melden neuer Unfälle in der Vergangenheit abgehalten haben, heißt es weiter.

Der Wunsch, die Zukunft mitzugestalten überwiegt das Stressempfinden

Die Marketingausgaben Teslas liegen praktisch bei 0 US-Dollar. Trotzdem löste Musk, welcher als einflussreichster Manager in der Tech-Branche gilt, bei seinen Kunden und Mitarbeitern den Wunsch aus, Teil der Zukunftsbewegung zu sein und die Welt zu verändern. Tesla-Mitarbeiter Ortiz gegenüber dem "Guardian": "Ich kann es nicht erwarten meiner Enkelin eines Tages erzählen zu können, dass ich Teil davon war". Die Schattenseiten sind jedoch, dass Mitarbeiter regelmäßig sechs Tage in der Woche bei 12-Stunden-Schichten gearbeitet haben sollen. Daraufhin sollen 400 Mitarbeiter eine Petition unterschrieben haben, welche "eine faire Zukunft bei Tesla zu fahren" als Slogan trug. Nach diesem wirksamen Aufschrei kürzte Tesla die Arbeitszeiten bei Überstunden drastisch um 50 Prozent.

Kalkuliert Musk die Leidensfähigkeit seiner Mitarbeiter mit ein?

Fabrikarbeiter Jose Moran äußerte sich zu diesem Gedanken in seinem eigenen Blog wie folgt: "Wir arbeiten hart, um das beste Auto auf dem Markt zu liefern - nicht nur im Bereich Elektronik. Unglücklicherweise fühle ich mich oft, als würde ich in einem modernen Unternehmen mit Arbeitsbedingungen der Vergangenheit arbeiten". Bei analytischer Betrachtung dieses Arguments muss es also einen Grund geben, welcher die fragwürdigen Arbeitsbedingungen übertrumpft: Die Motivation der Mitarbeiter, Teil der Zukunftsänderung zu sein. Denn auch in Anbetracht des Gehaltes könnten Mitarbeiter durchschnittlich in der Automobilbranche mit 25,58 US-Dollar die Stunde mehr verdienen. Bei Tesla liegt das Durchschnittsgehalt gerade einmal bei 18 US-Dollar pro Stunde. Bei einigen Mitarbeitern scheint dieser Geduldsfaden auch deshalb langsam zu reißen, denn die Diskrepanz zwischen Bandarbeitern und Entwicklern in den Büros scheint größer zu werden. Die Bandarbeiter misstrauen der Verbindung zwischen Startup-Flair und physischer Arbeit immer mehr.

Kann die Tesla-Massenproduktion bei Verbesserung der Arbeitsbedingungen bewältigt werden?

Die Unfallstatistiken 2015 waren für Tesla motivierend genug, um einige Änderungen an den Arbeitsbedingungen vorzunehmen. Laut einem Tesla-Sprecher sollen durch die Installation von Sicherheitsteams die Unfallquoten auf den niedrigsten Wert in der Branche gefallen sein. Fraglich bleibt jedoch weiterhin, wie Tesla die Produktion von 500.000 Elektroautos mit den bestehenden Produktionskapazitäten bewältigen möchte. Die Lösung soll die Gigafactory sein, welche die massenhafte Herstellung von Lithium-Ionen-Zellen und Batteriepaketen ermöglichen soll und ab 2018 in der Lage sein soll etwa 500.000 Elektroautos jährlich mit preisgünstigen Batteriepaketen versorgen zu können. Laut Elon Musk soll es bis Ende 2017 möglich sein, die Produktion auf 300.000 Fahrzeuge pro Quartal zu erhöhen. Mit der Massenproduktion geht jedoch oft eine Unzufriedenheit der Mitarbeiter aufgrund homogener Arbeitstätigkeiten, Entfremdung der Arbeitenden, hohe physische und psychische Belastungen einher. Die entscheidende Frage dürfte daher lauten: Spielt Musk hier zu sehr mit dem Feuer und der Treue seiner Mitarbeiter? Die folgenden sechs Monate werden zeigen, ob deren Geduldsfaden reißen könnte. Das Projekt Tesla bleibt - seit seinem Start - eine Wette mit der Zukunft.

Kevin Kremer/ Redaktion finanzen.net

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