Steigerung erwartet

VW-Aktie schließt leichter: Volkswagen-Konzern sieht in Mittelfrist weiter profitablere Geschäfte - Diess soll VW-Konzernchef bleiben

09.12.21 17:50 Uhr

VW-Aktie schließt leichter: Volkswagen-Konzern sieht in Mittelfrist weiter profitablere Geschäfte - Diess soll VW-Konzernchef bleiben | finanzen.net

Der Volkswagen-Konzern sieht in den kommenden fünf Jahren nach wie vor eine deutliche Steigerung bei der Profitabilität.

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Das strategische Ziel für die operative Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern liege bei 8 bis 9 Prozent des Umsatzes in den Jahren 2025/2026, hieß es vom DAX-Schwergewicht Volkswagen am Donnerstag nach Beschlüssen des Aufsichtsrats in Wolfsburg. Dazu soll unter anderem der Anteil der Sachinvestitionen und Entwicklungskosten am Umsatz auf rund 11 Prozent gesenkt werden. Bisher hatte Volkswagen für das Jahr 2025 zwischen 7 und 8 Prozent angestrebt.

In diesem Jahr will der Konzern das obere Ende der Prognosebandbreite von 6 bis 7,5 Prozent sicher erreichen, wie das Unternehmen bestätigte.

VW stockt Investitionen weiter auf: 159 Milliarden über fünf Jahre

Der Volkswagen-Konzern steckt im Wettstreit mit Tesla und Konkurrenten aus China noch einmal deutlich mehr Geld als bisher in die Entwicklung neuer Modelle, Antriebe und Technologien. Für die kommenden fünf Jahre veranschlagt der größte europäische Autohersteller Gesamtinvestitionen von 159 Milliarden Euro. Wie VW am Donnerstag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats in Wolfsburg mitteilte, fließen 56 Prozent davon in Zukunftsthemen wie Elektromobilität, Vernetzung und Software.

Im Einzelnen gaben die Kontrolleure bis einschließlich 2026 Ausgaben von 89 Milliarden Euro für den weiteren Umbau zu alternativen Antrieben sowie zur Digitalisierung von Modellen und Produktion frei. Dies sind noch einmal klare Steigerungen gegenüber dem vergangenen Jahr, als der Gesamtbetrag für neue Technologien 73 Milliarden Euro erreichte. Bei der vorangegangenen Planungsrunde Ende 2020 stand die Summe aller Konzerninvestitionen bei 150 Milliarden Euro.

VW rüstet in seinem weltweiten Werksnetz immer mehr Standorte für die Fertigung von E- und Hybridfahrzeugen um. Parallel dazu setzt Vorstandschef Herbert Diess auf den Ausbau der neuen Sparte Cariad, die den Anteil konzerneigener Softwaresysteme erhöhen soll.

Diess soll Volkswagen-Konzernchef bleiben - Vorstand wird erweitert

Nach einem mehrwöchigen Machtkampf mit Teilen des Aufsichtsrats soll VW-Konzernchef Herbert Diess sein Amt behalten. Zusätzlich wird im neuen Jahr jedoch der Leiter der Kernmarke Volkswagen, Ralf Brandstätter, in den Vorstand aufrücken. Das teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Diess selbst kümmert sich demnach künftig in der größten europäischen Autogruppe vor allem um strategische Themen, etwa um die neue Software-Sparte Cariad.

Die im Dax notierte VW-Vorzugsaktie lag am Nachmittag ein Prozent im Minus bei 182,50 Euro. In den vergangenen Monaten hat das Papier ausgehend von seinem starken Höhenflug im Frühjahr deutlich nachgegeben, im Hoch war der Kurs im März über die Marke von 250 Euro gestiegen. Nach und nach schwand jedoch die Euphorie um die damals präsentierten Elektropläne von Konzernchef Diess, Enttäuschung über neuen Streit in Wolfsburg sorgte für weitere Belastung. Am Dienstag hatte allerdings ein weiterer Medienbericht um einen möglichen Börsengang der Sportwagentochter Porsche AG für spürbaren Aufschwung bei den Aktien gesorgt.

Die Gesamtsteuerung der Massenmarken wie VW, Skoda, Seat und leichte Nutzfahrzeuge fällt nun in Wolfsburg zunächst weiter dem Vorstandsvorsitzenden zu - zumindest bis zur Jahresmitte, wie Diess sagte. Allerdings wird Brandstätter vom Sommer an das wichtige und zuletzt deutlich schwächere China-Geschäft verantworten, das bisher Diess zugeordnet war. Die Zuständigkeit für die Hauptmarke VW Pkw im Vorstand soll dann nach einer Übergabephase Skoda-Chef Thomas Schäfer übernehmen.

Zudem wurden weitere Personalien beschlossen. So soll die frühere Deutsche-Börse-Managerin Hauke Stars im Februar den neuen IT-Bereich im Konzernvorstand besetzen - hier hatte Volkswagen nach einer in letzter Minute gescheiterten Variante lange suchen müssen. Der bisherige Chefjustiziar Manfred Döss übernimmt das Rechtsressort von Hiltrud Werner. Audi-Managerin Hildegard Wortmann wird ergänzend Vorständin für den Konzernvertrieb.

Diess erklärte, er sehe den neuen Zuschnitt und die Erweiterung des obersten Leitungsteams nicht als Einschränkung eigener Kompetenzen: "Ich kann mich nicht über mangelnde Verantwortung beklagen." Es habe intensive Gespräche gegeben. In Richtung des Betriebsrats und des Landes Niedersachsen, das Großaktionär ist, sagte er: "Wir stimmen uns in der Kommunikation mehr ab in Zukunft. Ich glaube, dass wir den Dialog intensivieren können."

Den Entscheidungen waren Spekulationen über Diess' Zukunft vorausgegangen. Seit Ende September war die Lage äußerst angespannt. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch musste ein weiteres Mal vermitteln. Das sei alles andere als gut gewesen, sagte Pötsch am Donnerstag. Es gebe aber die Chance, wichtige Sachthemen jetzt nach einer Zeit vermeidbarer Verunsicherung "konstruktiv voranzutreiben".

Es war erneut zu einer Konfrontation mit dem Betriebsrat gekommen, nachdem Diess in einer Sitzung des Kontrollgremiums laut über die womöglich nötige Streichung von mehreren Zehntausend Jobs nachgedacht haben soll. Zuvor hatte er nach Informationen aus Unternehmenskreisen außerdem andere Manager um weitere Sparvorschläge gebeten - vorbei an der bei VW sehr einflussreichen Belegschaftsvertretung.

Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte Diess daraufhin intern sowie in einer Betriebsversammlung öffentlich scharf angegriffen. Am Donnerstag meinte sie, sie betrachte die Differenzen vorerst als abgehakt. Auch sie sei optimistisch, "dass wir bei den Themen vernünftig zusammenarbeiten können". Gleichzeitig mahnte sie: "Ich habe kein Interesse, dass wir über solche Konflikte täglich in der Öffentlichkeit lesen. Das macht auch etwas mit der Belegschaft." Kontroverse Sichtweisen lägen indes in der Natur der Sache.

Auch Niedersachsen als zweitgrößter Anteilseigner hatte angedeutet, Diess' Stil nicht mehr voll mitzutragen. Ministerpräsident und Co-Aufseher Stephan Weil sprach von einer Atmosphäre der "Verunsicherung, die überall um sich greift". Am Donnerstag äußerte er sich nur zu den Investitionsplänen: VW habe damit "konsequent den Weg der Transformation in eine völlig neue Welt der (Auto)-Mobilität weiter beschritten".

Der Konzern legt bei seinen Ausgaben für das weltweite Werksnetz und neue Technologien im neuen Fünfjahreszyklus noch einmal deutlich drauf. Die Gesamtsumme beträgt 159 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte davon fließt in Themen wie E-Mobilität, Vernetzung und Software. Dies sind noch einmal Steigerungen gegenüber dem Vorjahr. Die Chancen seien zudem gut, die Gewinnspanne klar zu erhöhen, hieß es vom Konzern.

Diess hatte mit Verweis auf die im Branchenvergleich bestenfalls durchschnittliche Ertragskraft der Kernmarke VW über möglicherweise bis zu 30 000 oder 35 000 überschüssige Stellen diskutieren wollen. Es gab Verwirrung um die Interpretation und den genauen Umfang etwaiger Kürzungen. Cavallo störte sich zudem daran, dass Diess aus ihrer Sicht keine hinreichend solide Strategie gegen die Halbleiter-Lieferkrise hat. Stattdessen absolviere er lieber PR-Termine und posiere mit Tesla-Chef Elon Musk.

Besonders das Stammwerk Wolfsburg ist wegen der Engpässe bei Mikrochips nicht ausgelastet, immer wieder gibt es Kurzarbeit. 2021 könnten hier so wenige Autos gefertigt werden wie zuletzt Ende der 50er Jahre. Betriebsräte hatten auch ein weiteres E-Modell für den Standort verlangt - unabhängig vom ab 2026 geplanten Trinity.

Ungeachtet der Streitigkeiten ist Diess in der Autoindustrie insgesamt hoch angesehen. Viele Investoren halten sein Umsteuern in Richtung E-Mobilität und Software für mutig und unerlässlich. Daran haben auch viele Betriebsräte und Beschäftigte prinzipiell nichts auszusetzen - im Gegenteil sehen sie ebenso die Notwendigkeit rascher Veränderungen. Diess' Vorgehen kam hier aber als provokativ und zunehmend unberechenbar an, während er auf der Kapitalseite zumindest nicht offen kritisiert wurde. Die Familien Porsche und Piëch als Hauptaktionäre stützten den Manager mehrfach ausdrücklich.

Volkswagen baut Hannover zum Mehrmarken-Standort aus

Volkswagen wird am Nutzfahrzeugstandort Hannover künftig auch Fahrzeuge anderer Konzernmarken fertigen, womit die Beschäftigung bis zum Ende des Jahrzehnts gesichert ist. Neben dem elektrischen Bulli-Nachfolger ID. Buzz sollen unter dem Projektnamen Artemis künftig Elektrofahrzeuge vom Band laufen sowie die Karosseriefertigung für ein neues Bentley-Modell umgesetzt werden, teilte Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) nach einer Aufsichtsratssitzung des VW-Konzerns mit.

"Wir bauen Hannover zum Mehrmarken- und Hochtechnologie-Standort aus und stärken gleichzeitig unsere eigene Nutzfahrzeug-Modellpalette", sagte Carsten Intra, Vorsitzender des Markenvorstands von VWN, laut Mitteilung.

Mit den Entscheidungen sei die wirtschaftliche Auslastung der Fertigung am Stammsitz der Marke VWN und damit auch die entsprechenden Arbeitsplätze bis zum Ende des Jahrzehnts abgesichert. Eine entsprechende Standortvereinbarung für den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2029 sei unterschrieben worden.

Ursprünglich sei angedacht gewesen, sowohl Premium-E-Modelle für Audi und Porsche bei VWN zu fertigen als auch die Karosseriefertigung für ein neues Bentley Modell in Hannover umzusetzen. Da Porsche in seiner Modellplanung jedoch eine andere Plattform nutzen wird, biete die Fertigung in Hannover kaum sinnvolle Synergien, so VW.

In Hannover laufen somit der in diesem Jahr vorgestellte neue Multivan und der T 6.1 vom Band. Ab dem kommenden Jahr dann der ID. Buzz unter anderem in einer Cargo-Version und der ID. California sowie die Produktionsumfänge aus dem Artemis Projekt (Audi) und dem neuen Bentley Modell.

VW stockt Investitionen in E-Mobilität, Digitalisierung deutlich auf

Volkswagen hat nach schwierigen Verhandlungen zwischen Management und Arbeitnehmervertretern die Investitionsplanung für die kommenden fünf Jahre sowie die Belegung der Werke festgelegt. Erstmals machen die Zukunftsinvestitionen, primär in E-Mobilität und Digitalisierung, mit 89 Milliarden Euro den größten Anteil der Gesamtinvestitionen aus, teilte der DAX-Konzern nach einer Aufsichtsratssitzung mit. Das seien 56 Prozent der gesamten Ausgaben, in der vorherigen Planungsrunde lag der Anteil bei 50 Prozent.

Der zusätzliche Investitionsbedarf entstehe überwiegend durch den beschleunigten Hochlauf der E-Mobilität sowie den Aufbau der eigenen Batterie-Gigafabriken. Die Sachinvestitionen und Entwicklungskosten für E-Mobilität seien nun um rund 50 Prozent angehoben worden auf 52 Milliarden Euro.

Volkswagen geht davon aus, dass jedes vierte verkaufte Fahrzeug im Jahr 2026 einen batterieelektrischen Antrieb haben wird. Der Konzern will bis 2025 Marktführer bei der Elektromobilität werden.

Volkswagen gründet für Batteriegeschäft eigene Gesellschaft - Investoren gesucht

Der Volkswagen-Konzern geht für die anvisierte Beteiligung Dritter an seiner Batteriesparte einen weiteren Schritt. Der Aufsichtsrat habe grünes Licht zur Gründung einer eigenen Gesellschaft für die Batteriegeschäfte gegeben, sagte Vorstandschef Herbert Diess am Donnerstag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats in Wolfsburg. Dabei soll die Rechtsform einer "SE" (Societas Europaea) gewählt werden. Sie ist als solche vergleichbar mit der deutschen Aktiengesellschaft "AG".

Mit dem Schritt schaffe der Konzern die Möglichkeit, Dritte an seinem im Aufbau befindlichen Batteriegeschäft zu beteiligen, sagte der Manager. VW hatte bereits mehrfach angekündigt, für die erforderlichen Investitionsmittel beispielsweise zum Bau von Batteriezellfabriken Partner mit ins Boot nehmen zu wollen, denkbar ist demnach auch ein Börsengang der Sparte. Das Batteriegeschäft werde 2030 voraussichtlich rund 20 Milliarden Euro Umsatz machen, sagte Diess weiter.

VW-Betriebsratschefin: Bei Chipmangel steht das Schlimmste noch bevor

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hat vor einer weiteren Verschärfung des Chipmangels bei Europas größtem Autobauer gewarnt. "Die kommenden Monate werden hart, vor uns liegt eine echte Durststrecke", sagte Cavallo am Donnerstag in Wolfsburg. Schließtage und wegfallende Schichten würden das Unternehmen noch eine Zeit lang begleiten, kündigte sie nach der Aufsichtsratssitzung des Konzerns zur Investitionsplanung der kommenden fünf Jahre an.

Im Betriebsratsblatt "Mitbestimmen!" wurde sie noch deutlicher: "Noch das ganze nächste Jahr wird Mangelversorgung herrschen. Und auch 2023 wird es nicht plötzlich besser werden", zitiert die Zeitschrift Cavallo. "Wir haben das Schlimmste noch vor uns."

Die mangelnde Versorgung mit elektronischen Bauteilen hatte die Produktion von Autobauern in diesem Jahr gelähmt, insbesondere bei Volkswagen waren die Auswirkungen gravierend. So ist das Stammwerk in Wolfsburg schlecht ausgelastet. Cavallo rechnet dort mit weniger als 400.000 gefertigten Autos - ihren Worten zufolge so wenige wie seit Ende der 50er Jahre nicht mehr. Im kommenden Jahr soll sich die Lage bei VW wieder leicht bessern, wie es am Vortag vom Unternehmen hieß.

Dennoch stehen nach Betriebsratsangaben trotz der Beschäftigungssicherung bis 2029 umfassende Maßnahmen ins Haus. "Die bisherigen Fahrweisen haben keinen Bestand, und die Schichtmodelle sollen auch für die Stammbelegschaft neu sortiert werden", hieß es von Cavallo in der Betriebsratszeitschrift. Dazu gehe die Arbeitnehmervertretung nun in Gespräche. Die Belegschaft dürfe die Auswirkungen des Halbleitermangels nicht einseitig tragen, sagte Cavallo.

Im XETRA-Handel verlor die Vorzugsaktie von Volkswagen am Donnerstag zuletzt 1,03 Prozent auf 182,44 Euro.

WOLFSBURG / FRANKFURT (dpa-AFX / Dow Jones Newswires)

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