Deutsche Bank-Aktie: Weshalb die Erfolgsstrategie jetzt auf dem Prüfstand steht
Spektakuläre Rolle rückwärts: Der deutsche Branchenprimus verdient dank der verpönten Investmentbanker wieder Geld. Auf der Hauptversammlung wird der Strategieschwenk Thema sein.
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von Peter Schweitzer, Euro am Sonntag
Wenn am kommenden Donnerstag ab neun Uhr die Aktionäre der Deutschen Bank im WorldWideWeb zu ihrer virtuellen Hauptversammlung zusammenkommen, wird Vorstandschef Christian Sewing einiges zu erklären haben. Zwar wird die Stimmung gut sein, denn das erste Mal nach sieben Jahren erzielte die Bank wieder einen Jahresüberschuss, und das erste Vierteljahr 2021 war das beste seit 2014. Aber er muss erklären, warum dieser Gewinn durch ein Geschäft ermöglicht wurde, das er eigentlich gar nicht mehr betreiben wollte - das Investment-Banking.
Man erinnere sich: Als Sewing im April 2018 als Nachfolger von John Cryan zum Vorstandsvorsitzenden bestellt wurde, mutmaßte zum Beispiel die "Neue Zürcher Zeitung", dass dies nun der endgültige Bruch mit dem Investment-Banking sei. Und die "Süddeutsche Zeitung" konstatierte im Juli 2019 in einem Porträt ("Christian aus Bielefeld"): "In den vergangenen 20 Jahren hatten bei den ,Blauen‘ vornehmlich weltgewandte, internationale Investmentbanker vom Schlage eines Josef Ackermann oder Anshu Jain das Sagen. Sie galten als smarte Typen, standen für die Zukunft der Deutschen Bank. Inzwischen weiß man, dass ihre riskanten Geschäfte der Bank schadeten; als einzige die Investmentbanker profitierten." Sewing werde nur erfolgreich sein, wenn er die Investment-Banking-Abteilung rückabwickle.
Sewing selbst gab in der "Zeit" zu Protokoll, dass er - holzschnittartig verkürzt - praktisch alles anders machen wolle als seine direkten Vorgänger Cryan, Fitschen, Jain und insbesondere Ackermann, der die Bank von 2002 bis 2012 geprägt und zu einem Global Player entwickelt hatte. Nun sind Sewings Pläne im Privatkundengeschäft und in der besonders protegierten "Unternehmerbank" nur zum Teil aufgegangen. Die "WirtschaftsWoche" spottete bereits bei Bekanntgabe der vorläufigen Zahlen für 2020: "Das ist nicht nur ein Erfolg für ihn. In der Ferne werden sich ehemalige Manager wie Jain und Josef Ackermann bestätigt fühlen."
Ackermann will das auch heute nicht kommentieren, aber seine Analyse der Bank zur Jahrtausendwende gilt auch im Rückblick: "Die Deutsche Bank hatte bis dahin weitgehend vom inländischen Privatkunden- sowie in- und ausländischen Firmenkreditgeschäft gelebt. Durch die relativ geringen Marktanteile und die starke Konkurrenz seitens öffentlich-rechtlicher Sparkassen sowie Genossenschaftsbanken war Ersteres traditionell margenschwach. Ohne die Fähigkeiten der weltweit führenden US-amerikanischen Banken beim Einsatz von Kapitalmarktinstrumenten drohte die Deutsche Bank, ihre angestammte Rolle als Partner von Deutschlands zunehmend global operierenden Unternehmen zu verlieren. Der Erwerb dieser Fähigkeiten und der Gang ins Investment-Banking durch den Kauf von Morgan Grenfell und später Bankers Trust war deshalb für die Bank absolut folgerichtig und unausweichlich."
Investoren goutieren Schwenk
Sewing kann heute - verstärkt durch die Negativzinsen - kaum zu einem anderen Ergebnis gelangen. Und deshalb hat er bei seiner Strategie stillschweigend eine spektakuläre Rolle rückwärts gemacht. Von den Investoren scheint ihm dies keiner übel zu nehmen. Ganz im Gegenteil, als die Zahlen am 28. April bekannt gegeben wurden, gewann der Aktienkurs in der Spitze rund zehn Prozent - offensichtlich nicht obwohl, sondern weil das Investment-Banking im ersten Quartal fast so viel verdient hatte wie das Privat- und Firmenkundengeschäft zusammen. Auf der Hauptversammlung wird es deshalb sicher einige Fragen zum künftigen Kurs geben.
Dem Vorstand wird nichts anderes übrig bleiben, als sich rückzubesinnen. Das Negativzinsumfeld wird auf absehbare Zeit alle Erfolge im Privat- und Firmenkundengeschäft überdecken. Eine stärkere Fokussierung auf das Investment-Banking ist also - wie zu Ackermanns Zeiten - alternativlos.
Anders als in den 1980er- und 1990er-Jahren kann sich die Bank eine Ausklammerung des Investment-Bankings zudem nicht leisten. Ein Großteil der Gewinne resultierte damals aus Dividenden und Anteilsverkäufen der Beteiligungen. Damit wurde die Tatsache überdeckt, dass die Bank operativ kaum Geld verdiente. So betrug der Jahresüberschuss 2001 knapp 200 Millionen, 2002 rund 400 Millionen Euro. Die Beteiligungen sind abgebaut und können heute keine Löcher mehr stopfen.
Vor diesem Hintergrund sollte die Führung der Bank auch mit der Ackermann-Ära angemessen umgehen. Viele Banken hatten damals versucht, in die Top-Liga der internationalen Investmentbanken aufzusteigen. Die Deutsche Bank war die einzige, die dies auch schaffte. Vor der Finanzkrise erzielte sie immerhin über sechs Milliarden Euro Gewinn im Jahr, 2011 - trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise - schon wieder 4,3 Milliarden. Gleichzeitig steigerte sie die Kernkapitalquote von 8,2 auf 12,9 Prozent, was nur möglich war, weil die Bank auch bei der Eigenkapitalrendite international wettbewerbsfähig wurde. Unter Ackermanns Ägide erreichte sie Werte von plus/minus 25 Prozent.
Ein freundlicherer Blick auf die Vergangenheit darf natürlich nicht die Fehler, Regel- und Rechtsverstöße entschuldigen, die in diesen wilden Zeiten vorkamen. Auch Ackermann räumt ein, dass sie dem Ansehen der Bank speziell im Heimatmarkt schwer geschadet haben. Angesichts der Position der Bank als eine der drei führenden globalen Investmentbanken - dazu noch neu im Geschäft - hielten sich die Fehler aber relativ in Grenzen. Das Geldhaus kam zudem ohne staatliche Hilfe durch die Finanzkrise. Alteingesessene Wettbewerber wie Bank of America, Citibank oder JPMorgan mussten ein Vielfaches höhere Rechtskosten schultern; gleichwohl geht es ihnen heute wieder blendend. Allerdings machten sie unterwegs auch keinen Strategieschwenk.
Eine freundlichere Sicht auf die Arbeit der Vorgänger ist auch im Hinblick auf das 2019 zur Kernaktivität erklärte Privat- und Firmenkundengeschäft angebracht. Mit der im Herbst 2008 eingeleiteten Übernahme der Postbank wurde die seinerzeit durch die Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank bedrohte Position als Nummer 1 abgesichert und die Stabilität gestärkt. 2018 wurde die Postbank nach langem und kostspieligem Hin und Her voll mit der Deutschen Bank verschmolzen und ist heute nur noch eine Marke.
Am Donnerstag wird Christian Sewing viel Lob hören. Er sollte deutlich machen, dass die Deutsche Bank wieder ein echter Global Player werden will. Im Rahmen der Stellungnahme zum Antrag des Aktionärs Hans Oswald, wegen des Bonuspakets für die Investment- banker Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten, hat er dazu Gelegenheit. Die Mehrheit der gebeutelten Aktionäre würde es ihm danken.
INVESTOR-INFO
Deutsche Bank
Rückbesinnung aufs Investment-Banking
Zu Kursen von über elf Euro wurde die Deutsche-Bank-Aktie das letzte Mal vor drei Jahren gehandelt. Nach der Bekanntgabe der Zahlen für das erste Quartal übersprang sie diese Marke deutlich und steuerte Mitte Mai sogar Richtung zwölf Euro. Seit Jahresanfang hat der Kurs mehr als 30 Prozent gewonnen.
Mehr und mehr Analysten zeigen sich nun überzeugt, dass die Gewinnüberraschung für 2020 keine Eintagsfliege war. So kommentiert Kian Abouhossein von JPMorgan in London, dass die Bank nicht nur über alle Geschäftssparten besser abgeschnitten habe als erwartet, sondern auch das beste Gesamtpaket unter den globalen Investmentbanken ablieferte. So legte bei der Investmentbank nicht nur das schon 2020 starke Anleihe- und Finanzierungsgeschäft weiter zu, sondern auch der Bereich Aktienemissionen.
Positiv zu Buche schlägt in diesem Jahr auch der verringerte Risikoaufwand. Offensichtlich sieht man sich im eigenen Kreditportfolio von der im Nachgang zur Corona-Krise erwarteten Insolvenzwelle nicht stark betroffen. Viele Analysten haben ihre Einstufung von "Untergewichten" auf "Neutral" oder "Kaufen" verändert und die Kursziele angehoben.
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Bildquellen: Bocman1973 / Shutterstock.com, Mario Tama/Getty Images
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