Starker Model 3

Tesla im Fokus: Ein Revolutionär auf der Überholspur - jetzt auch profitabel?

05.02.20 14:49 Uhr

Tesla im Fokus: Ein Revolutionär auf der Überholspur - jetzt auch profitabel? | finanzen.net

Der Erfolg von Tesla scheint an der Börse derzeit keine Grenzen zu kennen.

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So wie Apple mit seinem Smartphone die Handybranche revolutionierte, treibt der vom schillernden Starunternehmer Elon Musk aufgebaute Konzern die ganze Autoindustrie vor sich her. Mit dem "Model 3" will der Vorreiter bei Elektroantrieben den Massenmarkt erobern - und scheint plötzlich auch noch profitabel zu werden. Anleger belohnen dies mit immer neuen Kursrekorden, die laut Experten fundamental wohl kaum noch zu begründen sind.

DIE LAGE BEI TESLA:

Während gestandene Automobilkonzerne auf der Suche nach alternativen Antrieben den Trend zur Elektromobilität lange Zeit verschliefen, startete der Konzern seinen Angriff auf die etablierten Autobauer. Mit dem "Model 3" könnte Tesla der Wandel vom Hersteller für exklusive Luxuskarossen zum Massenproduzenten gelingen. Mit knapp 45 000 Euro spielt das Einsteigermodell preislich in einer Liga mit einer gehoben motorisierten VW-Passat-Limousine.

Dass die Amerikaner aktuell der Konkurrenz davon zu fahren scheinen, spiegelt auch der Börsenwert wider. Mit einer Marktkapitalisierung hat der Elektroautobauer den nach der Zahl der verkauften Autos weltgrößten Fahrzeughersteller VW locker überholt. Mittlerweile ist Tesla an der Börse mit 160 Milliarden US-Dollar sogar mehr Wert als Volkswagen und Daimler zusammen. Die beiden US-Rivalen General Motors und Ford erreichen gemeinsam nur noch knapp die Hälfte des Marktwertes von Tesla.

Um zu expandieren, drücken die Amerikaner weiter aufs Gaspedal. Im Turbo-Gang wurde ein Werk in China hochgezogen und auch hierzulande gibt es ambitionierte Pläne für eine erste europäische Fabrik in Grünheide bei Berlin. In der sollen ab Juli 2021 jährlich bis zu 500 000 Fahrzeuge gebaut werden. Neben dem "Model 3" könnte dort dann auch das kurz vor der Auslieferung stehende "Model Y" vom Band rollen, ein Schwestermodell für den SUV-Markt. Allerdings stoßen die Grünheide-Pläne teils auf Widerstand aus der Bevölkerung.

In den vergangenen Monaten ist Tesla aber trotz hoher Expansionskosten auch wirtschaftlich auf dem Weg zur Profitabilität. Der Elektroautobauer schrieb trotz des Expansionskurses zwei Quartale in Folge schwarze Zahlen - und übertraf dabei die Erwartungen von Experten klar. Viele am Markt setzen bislang ein Fragezeichen dahinter, ob Tesla nachhaltig gutes Geld verdienen kann.

Noch sind die Absatzzahlen niedrig und die Gewinnmargen scheinen laut Experten zu sinken. 2019 hatte Musk das Jahresziel, 360 000 bis 400 000 Fahrzeugen an die Kunden zu bringen, nur mit einem Schlussspurt erfüllen können. Für 2020 stellte Tesla die Rekordauslieferung von mehr als 500 000 Autos in Aussicht. Mit neuen Werken in China und Deutschland könnte diese Zahl mittelfristig noch Luft nach oben bekommen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Story der Tesla-Aktie kam ab 2013 so richtig in die Gänge. Damals war sie noch für 35 US-Dollar zu haben. Bis 2017 verzehnfachte sich ihr Wert, bevor die Einführung des "Model 3" die Anleger verunsicherte. Hohe Anlaufkosten, Produktionsprobleme und eine arg angespannte Finanzlage nagten am Vertrauen, bis Juni 2019 ging es bis auf weniger als 180 Dollar nach unten. Und: einige Spekulanten wetteten auf weiter fallende Kurse.

Im Oktober dann die dicke Überraschung: ein Gewinn im dritten Quartal. Der bedeutete auch die Trendwende für den Aktienkurs, der seither keine Grenzen kennt. Short-Spekulanten, die eine Zeit lang mit sogenannten "Leerverkäufen" gut am Kursrutsch verdient hatten, waren plötzlich zum Eindecken gezwungen - und verschärften so den Kurssprung zusätzlich. Glaubt man den Statistiken des spezialisierten Unternehmens S3 Analytics, sind zuletzt fast ein Fünftel der Tesla-Aktien leer verkauft gewesen. Dabei werden geliehene Aktien veräußert, in der Hoffnung, sich später günstiger eindecken zu können. Geht diese Rechnung nicht auf, drohen den Spekulanten hohe Verluste.

Die Aktie scheint mehr denn je zum Spielball der Spekulanten geworden zu sein. Wer vor wenigen Monaten einstieg, hat mittlerweile mehr als den vierfachen Wert im Depot. Allein seit Weihnachten hat sich der Kurs verdoppelt. In der ersten Februar-Woche zogen die Aktien binnen zwei Tagen um mehr als ein Drittel an. In der Spitze mussten Anleger sogar fast 970 Dollar für das Papier berappen. Im Vergleich zu 2013, als die Tesla-Geschichte an der Börse so richtig Fahrt aufnahm, ist das Papiere dieser Tage schon das 25-fache wert.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Experte Christopher Eberle von Nomura Instinet bezeichnete die Profitabilität im dritten Quartal 2019 als möglichen Wendepunkt aus Sicht von Investoren. "Die Optimisten setzen nicht mehr nur darauf, dass Tesla die Autobranche umkrempelt. Sie glauben neuerdings, dass der Konzern zu einem profitablen Autobauer der nächsten Generation wird", sagte jüngst Analyst Brian Johnson von Barclays Research.

Die Kursentwicklung der Tesla-Aktie ist so rasant, dass kaum ein Analyst ihr Folgen kann. Kursziele jenseits der 700-Dollar-Marke sind rar gesät, von den großen und bedeutenden Investmentbanken sieht kaum ein Experte das faire Niveau über 600 Dollar. Letzte Kaufempfehlungen, wie etwa jene des Jefferies-Experten Philippe Houchois, könnten sich bald überholt haben. Er rät zwar noch zum Kauf, liegt mit seinem 600-Dollar-Ziel aber deutlich unter dem aktuellen Kursniveau.

Ryan Brinkman von JPMorgan betonte jüngst, die Bewertung sei extrem zu hoch. Er sieht die jüngsten Resultate nicht so überschwänglich, wie es die Kursentwicklung suggeriert. Brinkman erwartet ein schwächeres erstes Quartal und blieb angesichts eines 260-Dollar-Kursziels bei seinem Votum mit "Underweight".

Der Barclays-Experte Johnson setzt das Kursziel trotz einer deutlichen Erhöhung mit lediglich 300 Dollar an. Er konstatierte zwar jüngst einen "Ansturm der Käufer", dem man sich kaum entgegen stellen könne. Selbst wenn alle Thesen des Marktes greifen, hält er die Aktie im Vergleich zu anderen Autobauern aber für "krass überbewertet". Er stellt die Nachhaltigkeit der Profitabilität in Frage und sieht die Margen im ersten Halbjahr unter Druck.

In den Augen des Evercore-ISI-Experten Chris McNally träumen die Anleger vom großen Wurf im Jahr 2022 und darüber hinaus. Eine "Hoffnungskomponente" sei in der Tesla-Story sicherlich gerechtfertigt. Im ersten Halbjahr 2020 liege die Messlatte jetzt aber höher, gab er sich vorsichtig.

FRANKFURT (dpa-AFX)

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