DIW sieht deutsche Wirtschaft trotz Unsicherheiten gut aufgestellt
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat seine Wachstumsprognosen für dieses und nächstes Jahr leicht nach unten korrigiert, sieht die deutsche Wirtschaft aber vor allem dank einer starken Binnenkonjunktur insgesamt weiter "gut aufgestellt".
Wie die Ökonomen in Berlin bekanntgaben, erwarten sie nun ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,9 Prozent für dieses und 1,7 Prozent für kommendes Jahr. Im März hatten sie 1,0 Prozent für 2019 und 1,8 Prozent für 2020 vorhergesagt.
"Allen Unkenrufen zum Trotz: Die deutsche Wirtschaft zeigt sich im Frühsommer 2019 zwar ein bisschen schwächer als im Vorjahr, nach einem starken Jahresauftakt und vor allem dank einer starken Binnenwirtschaft insgesamt aber gut aufgestellt", resümierten die Ökonomen. Hinter den Zahlen verbirgt sich nach ihrer Analyse nach wie vor ein zweigeteiltes Bild: Vom Dienstleistungssektor, der von einem dynamischen heimischen Konsum profitiere, und vom Baugewerbe gingen kräftige Impulse aus. Die Industrie, die angesichts von Brexit und Handelskrieg stärker den Schwankungen der Auslandsnachfrage unterliege, durchlebe hingegen eine Durststrecke.
Die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe dürfte in diesem Jahr nach den Berechnungen des DIW um 2 Prozent nachgeben, während etwa das Baugewerbe und der Sektor Handel, Gastgewerbe und Verkehr gut abschneiden würden. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland wird nach der Prognose weiter zurückgehen. Ein Anstieg sei zwar im zweiten Quartal dieses Jahres zu erwarten, dieser sei aber auf einen statistischen Sondereffekt zurückzuführen.
Fratzscher warnt vor hohen Risiken
Im Jahresschnitt dürfte die Zahl der Arbeitslosen auf 2,233 Millionen in diesem und 2,116 Millionen im nächsten Jahr sinken. Die Arbeitslosenquote erwartet das DIW bei 4,9 Prozent in diesem und 4,6 Prozent im nächsten Jahr und damit auf neuen Tiefständen seit der Wiedervereinigung. Die Nachfrage nach Arbeitskräften bleibe hoch, insbesondere in den konsumnahen Wirtschaftszweigen wie Handel und Gastgewerbe, der Bauwirtschaft und den Bereichen Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit und Information und Kommunikation.
Für den Staat bedeute die leichte Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik, dass die öffentlichen Überschüsse kleiner würden. Laut der Prognose dürften sie aber mit 40 Milliarden Euro in diesem und 32 Milliarden Euro im kommenden Jahr "weiterhin sehr üppig" ausfallen. Der Großteil davon falle auf Bundesebene an - Anlass zur Sorge gebe dagegen die finanzielle Lage vieler Kommunen. Eine Neuordnung der Finanzbeziehungen, die Kommunen mehr finanzielle Mitteln sichert, muss nach dem Petitum des DIW jetzt Priorität haben - auch wenn es bedeute, "dass Schuldenregeln teilweise gelockert werden müssten".
DIW-Präsident Marcel Fratzscher warnte allerdings auch vor gestiegenen internationalen Unsicherheiten. "Die deutsche Wirtschaft hat einen Gang runtergeschaltet, ist aber weiterhin solide", konstatierte er. "Die Risiken waren allerdings selten so hoch wie jetzt." Der von US-Präsident Donald Trump angeheizte Handelskonflikt sei die größte Bedrohung für die deutsche Wirtschaft, vor allem, wenn Trump "sich Deutschland als nächsten Gegner vornehmen" sollte. "Dafür sollten wir uns wappnen, indem wir eine gemeinsame europäische Strategie abstimmen und europäische Institutionen stärken", verlangte Fratzscher.
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)
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