Skepsis über britische Wiederannäherung nach Brexit
LONDON (dpa-AFX) - Auch fünf Jahre nach dem EU-Austritt der Briten gibt es aus Expertensicht kaum Aussichten auf große Handelserleichterungen über den Ärmelkanal. Das sagte Marc Lehnfeld von der bundeseigenen Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) der Deutschen Presse-Agentur in London.
Die Labour-Regierung von Premierminister Keir Starmer zeige sich zwar europafreundlich und verspreche einen Neuanfang in den Beziehungen zur EU. Aber eine mögliche Rückkehr in den Staatenbund oder deren Zollunion werden weiterhin ausgeschlossen. "Echte Verbesserungen der Handelsbeziehungen sind daher schwer zu erreichen", sagte Lehnfeld.
Die britische Seite sperre sich sogar bei vergleichsweise kleinen Maßnahmen wie zum Beispiel einem gemeinsamen Programm zum Jugendaustausch (Youth Mobility Scheme), obwohl es solche Programme mit Kanada, Australien und Südkorea gebe.
Von echter Erholung noch weit entfernt
Die Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und Deutschland hatten vor allem im Bereich der Waren stark unter dem Brexit gelitten. Zwar habe das deutsch-britische Handelsvolumen 2024 erstmals seit dem Austritt am 31. Januar 2020 wieder das Niveau der Vor-Brexit-Zeit erreicht, doch von einer echten Erholung sei man noch weit entfernt, sagte Lehnfeld.
Das liege vor allem an drei Gründen: Erstens liege der Handel beim wichtigsten Handelsgut, dem Auto, noch immer um 12 Prozent unter dem Niveau von 2019. Zweitens sei ein Großteil der Verbesserung dem Goldhandel geschuldet, für den Großbritannien der wichtigste Handelsplatz sei. Und drittens bleibe kaum etwas von der Aufholjagd, wenn man die Inflation herausrechne.
220.000 bis 250.000 Deutsche in Großbritannien
Belastet wird der Handel laut Lehnfeld vor allem durch Zollbürokratie. Doch auch die Mitarbeiterentsendung sei deutlich schwieriger und teurer geworden. Vor dem Brexit galt für Deutsche wie für andere Bürger der EU und anderer europäischer Staaten Arbeitnehmerfreizügigkeit. In Großbritannien leben schätzungsweise 220.000 bis 250.000 deutsche Staatsangehörige./cmy/DP/zb