Schnelle Aktienplatzierung

Wann es für Unternehmen Sinn macht, über eine PIPE-Transaktion an die Börse zu gehen

10.12.24 06:34 Uhr

PIPE-Transaktionen: Wann lohnt es sich für Unternehmen, an die Börse zu gehen? | finanzen.net

Konzerne, die einen Teil ihres Unternehmens an die Börse bringen möchten, müssen nicht zwangsläufig ein Initial Public Offering (IPO) abhalten, sondern können auch die Möglichkeit einer schnellen und flexiblen PIPE-Transaktion nutzen.

• PIPE-Transaktion ermöglicht eine schnelle und flexible Kapitalaufnahme
• Lohnt sich somit vornehmlich für KMU
• Privatplatzierungen bleiben von der Börsenstimmung unbeeindruckt

Der Hauptzweck eines Börsengangs ist die Beschaffung von Kapital, welches von dem jeweiligen Unternehmen in der Regel für die Finanzierung von neuen Projekten verwendet wird. Bei einer klassischen Börsenersteinführung handelt es sich dabei häufig um ein sogenanntes IPO-Verfahren (Initial Public Offering), womit erstmalig Aktien an der Börse platziert bzw. interessierten Anlegern angeboten werden.

PIPE-Transaktion vs. IPO

Ein IPO-Verfahren stellt für Unternehmen jedoch nicht die einzige Möglichkeit dar, um die eigenen Anteilsscheine an die Börse zu bringen. So gibt es beispielsweise auch eine alternative Finanzierungsform mit Hilfe einer PIPE-Transaktion. PIPE ist die Abkürzung für Private Investments in Public Equity. Unter diesem Begriff versteht man in der Finanzwelt die Privatplatzierung von Anteilen des Grundkapitals wie zum Beispiel von Stammaktien oder Vorzugsaktien.

Im Gegensatz zu einem klassischen Börsengang (IPO) werden die Aktien, die über eine PIPE-Transaktion emittiert werden, jedoch nicht zum freien Handel angeboten, sondern lediglich einem überschaubaren Kreis an Investoren offeriert. Das jeweilige Unternehmen wendet sich somit ausschließlich an im Vorhinein festgelegte Anleger und verzichtet somit auf das öffentliche Angebot der eigenen Anteilsscheine. Dementsprechend erhalten mögliche Altaktionäre bei einem derartigen Verfahren auch keinerlei Bezugsrechte für die jungen Aktien.

Ein Börsengang im Schnelldurchlauf

Das PIPE-Verfahren hat seinen Ursprung in den USA und ist dort Teil der gängigen Börsenpraxis. So schätzen gerade viele amerikanische Firmen den unkomplizierten Ablauf einer solchen Transaktion. Denn während die Vorgaben und Reglementierungen für einen herkömmlichen Börsengang ziemlich hoch sind, unterliegt die Emission via PIPE nur relativ überschaubaren Auflagen. So kann eine PIPE-Transaktion in der Regel um ein Vielfaches schneller durchgeführt werden als ein klassisches Initial Public Offering.

Der zeitliche Rahmen einer PIPE-Transaktion liegt nur zwischen 30 bis 120 Tagen. So kann die Due Diligence, die Investoren in der Regel schon rund eine Woche nach der Vorverhandlungsphase beginnen, innerhalb von zwei bis drei Wochen abgeschlossen werden. Nach einer zügigen Aushandlung und Unterzeichnung der jeweiligen Verträge kann es so schon nach vier Wochen zur endgültigen Emission kommen.

Für solcherart Unternehmen …

Ein Private Investment in Public Equity wird in der Regel von sogenannten KMUs, also kleinen und mittleren Unternehmen angestrebt, welche häufig in sehr kapital- und forschungsintensiven Branchen agieren. Die emittierenden Gesellschaften kommen daher häufig aus dem Bereich der Technologie, Pharmazie, Biotechnologie und Medizintechnik. Aufgrund ihrer überschaubaren Größe und meist sehr dürftigen Analystendeckung haben diese Firmen am öffentlichen Kapitalmarkt somit oft nur sehr geringe Chancen.

Mit PIPEs können gerade solche Firmen unterstützt werden, denen keine anderen Finanzierungsalternativen zur Verfügung stehen. Denn auch für klassisches Fremdkapital bzw. einen Bankkredit müssen Unternehmen die notwenigen Sicherheiten aufbringen, die in einem sehr frühen Stadium nicht immer vorhanden sind.

… bzw. Investoren lohnt sich ein PIPE-Verfahren

Folglich eignen sich Firmen, die ihre Aktien mit Hilfe einer PIPE-Transaktion emittieren, nur für sehr risikobewusste Investoren wie z.B. Private Equity Fonds, Venture Capital Fonds und Hedgefonds. Denn gerade Private Equity Fonds verfolgen in der Regel einen sehr langen Anlagehorizont und haben ein hohes Sachverständnis in diesem Segment. Außerdem nehmen solche Fonds häufig direkten Einfluss auf die Geschäftsleitung des jeweiligen Unternehmens und beanspruchen im Nachgang einer Beteiligung einen Sitz im Verwaltungsrat bzw. in der Geschäftsleitung.

PIPEs sind jedoch längst nicht nur für langfristig orientierte Anlegergruppen interessant, sondern natürlich auch für eher kurzfristige Spekulanten wie Hedgefonds. Deren Anlageentscheidung beruht allerdings nicht unbedingt nur auf einer umfassenden Due-Diligence-Prüfung, sondern häufig auf Faktoren wie der Geld-Brief-Spanne oder der zu erwartenden Volatilität.

Vorteile einer PIPE-Transaktion

Für kleine und mittlere Unternehmen gibt es zahlreiche Gründe, die für ein PIPE-Verfahren sprechen. So fällt der Prüfungsaufwand für die Due Diligence relativ gering aus, was erhebliche Kosten einspart. Des Weiteren spart sich das jeweilige Unternehmen diverse Marketingkosten aufgrund der sehr begrenzen Anzahl an Investoren. Neben den geringeren Transaktionskosten spricht aber auch die schnelle Abwicklung des Kapitalmarktverfahrens für diese Art der Emission. So kann ein Unternehmen schon innerhalb weniger Wochen frisches Kapital einsammeln und in neue Projekte investieren.

Außerdem zeichnen sich PIPEs - aufgrund ihrer hybriden Struktur zwischen Private Placement und Public Placement - durch ihre relativ stabile Finanzierungsform aus. Entsprechend bleiben sie häufig unbeeindruckt von den öffentlichen Stimmungen an den Kapitalmärkten.

Darüber hinaus bieten PIPEs aufgrund ihrer sehr flexiblen Ausgestaltungsmöglichkeiten eine Kapitalbeschaffungschance für eine Vielzahl von Unternehmen, die auf dem freien Kapitalmarkt keinen Fuß fassen könnten.

Nachteile einer Emission via PIPE

Den zahlreichen Vorteilen von PIPE-Transaktionen stehen jedoch auch einige gravierende Nachteile entgegen. So kommt die Kapitalaufnahme mittels eines PIPE-Verfahrens die jeweiligen Unternehmen häufig sehr teuer zu stehen, da die eingeräumten Rechte für die Investoren oft beträchtlich größer sind als am öffentlichen Kapitalmarkt.

Dessen ungeachtet können sehr kurzfristige PIPE-Anleger relativ schnell einen erheblichen Verkaufsdruck auslösen, was aufgrund der überschaubaren Anzahl an Investoren schnell zu einem erheblichen Problem werden kann. Außerdem haben Emissionen via PIPE-Verfahren oftmals eine sehr negative Signalwirkung bei den Kapitalmarktteilnehmern, da die sehr schnelle Abwicklung in der Regel als unzureichend erachtet wird. Entsprechend haben PIPEs, gerade bei konservativen Anlegern, eher einen zweifelhaften Ruf.

Pierre Bonnet / finanzen.net

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