Tesla hat ambitionierte Pläne für den Model Y - Wie realistisch ist der Zeitplan?
Tesla-Chef Elon Musk backt selten kleine Brötchen. Umso öfter muss er dafür zurückrudern, wenn er die ehrgeizigen Produktionsziele für seine E-Autos doch nicht einhalten kann. Auch für den geplanten Model Y wird offenbar schon wieder hoch gepokert. Zu hoch?
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Recht konkrete Hinweise auf den Model Y, das vierte in Serienproduktion hergestellte Tesla-Fahrzeug für Privatkunden, gab Konzernchef Elon Musk schon vor rund einem Jahr. Bei einer Telefonkonferenz anlässlich der Bilanzvorlage im Mai 2017 kündigte Musk an, dass der preisgünstige Elektro-SUV im Jahr 2020 in Produktion gehen und "etwas komplett Neues" darstellen solle. Gemeint war damit, dass der Model Y die bestehende Infrastruktur nicht nutzen werde, sondern für ihn eine völlig neue Fahrzeugplattform aufgebaut werden soll. Ein erstes Teaser-Foto des Autos reichte Musk dann im Juni 2017 nach.
Dass jedoch schon ein Teil dieser frühen Pläne zu ambitioniert war, musste Musk im Februar dieses Jahres eingestehen. Sein Führungsteam hätte ihn "von den Klippen des Wahnsinns zurückgezogen", so der Firmenchef kleinlaut. Der Model Y solle nun doch auf derselben Plattform wie der Model 3 gebaut werden und wesentliche Teile von diesem übernehmen, um eine schnellere Markteinführung zu gewährleisten. Auch dass beide E-Autos als günstigere Mainstream-Fahrzeuge auf die ungefähr gleiche Käuferschicht schielen, dürfte bei dieser Entscheidung wohl eine Rolle gespielt haben.
Doch überraschenderweise sieht es momentan in einem anderen Bereich danach aus, als ob Tesla seinen ehrgeizigen Plan nicht nur erreichen, sondern sogar übertreffen könnte. Denn der Zeitpunkt für den Produktionsstart des Model Y wurde offenbar vom Jahr 2020 auf November 2019 vorgezogen. Das berichtet die Nachrichtenagentur "Reuters" und beruft sich auf informierte Quellen.
Tesla setzt engen Rahmen für Produktionsstart des Model Y
Wie mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur berichteten, würde Tesla derzeit für das Model Y vorläufige Gebote für Zuliefererverträge entgegennehmen. In der Ausschreibung für die Zulieferer seien zwar nur sehr wenige Details enthalten, allerdings habe Tesla angedeutet, dass die Produktion im November kommenden Jahres beginnen werde. Zulieferer können nun ihre Angebote einreichen, die anschließend auf der Basis von Faktoren wie Kosten oder Technologien verglichen und ausgewählt werden. Tesla kommentierte den Bericht bislang nicht.
Schon im Februar behauptete E.W. Niedermeyer, Herausgeber des Automagazins "Daily Kanban", Insiderinformationen zum Model Y zu besitzen. Auch er berief sich auf Zulieferer und behauptete, die Planung für den günstigen Elektro-SUV befände sich in der Endphase und Zulieferer hätten Zeichnungen und Spezifikationen des Autos erhalten. Als geplanten Produktionsstart nannte er jedoch noch den 1. März 2020.
Der jetzt wohl tatsächlich gestartete Ausschreibungswettbewerb ist laut "Reuters" ein wichtiger Schritt bei der Autofertigung. Normalerweise findet er jedoch schon zwei bis zweieinhalb Jahre vor dem geplanten Produktionsbeginn statt. Sollte der aktuelle Bericht stimmen, blieben jedoch ab heute nur rund anderthalb Jahre, bis die Fertigung des Model Y anlaufen soll. Elon Musk ist also wohl nicht ausnahmsweise früher dran als sonst, sondern seine Pläne sind noch ambitionierter. Die Insider gaben gegenüber "Reuters" jedoch an, dass das Startdatum zwar "aggressiv, aber möglich" sei - und die kürzere Vorlaufzeit wohl auch der Tatsache geschuldet sei, dass der Model Y auf der Plattform des Model 3 aufsetzen werde.
Produktionsauslastung auch ohne neues Auto am Limit
Doch selbst wenn Tesla es schafft, diesen Zeitplan einzuhalten, gibt es ein anderes Problem: Eigentlich stehen gar keine Kapazitäten für die Fertigung des Model Y zur Verfügung. Ursprünglich gab Musk an, dass der Elektro-SUV in einer neuen Fabrik gefertigt werden solle, da der Standort in Fremont wegen dem Model 3 aus allen Nähten platze. Langfristig sollten sogar zehn bis zwanzig neue Tesla-Fabriken entstehen. Nun ist allerdings doch wieder die Rede davon, dass der Model Y in Fremont gebaut werden soll, wo aktuell auch der Model 3 vom Band rollt.
Laut "Reuters" kann Tesla in Fremont 10.000 Autos pro Woche produzieren - sofern alles glatt läuft, was aktuell zum Beispiel beim Model 3 nicht der Fall ist. Doch wenn hier alle Probleme erst einmal gelöst sind, soll diese Produktionskapazität der Fabrik in Fremont laut der Nachrichtenagentur allein durch den Model 3 ausgeschöpft sein. Der Model Y könnte dann ab Ende 2019 allenfalls in kleinen Stückzahlen mitproduziert werden.
Auch das dürfte jedoch den Plänen von Elon Musk zuwiderlaufen. Denn der Tesla-Chef rechnet damit, dass der Model Y der beliebteste Tesla überhaupt werden wird. "Die Nachfrage wird beim Model Y wahrscheinlich höher sein als beim Model 3", so Musk im Juni 2017. Auf lange Sicht will Musk daher eine Million Model Y pro Jahr produzieren. Wann genau dieses Ziel jedoch erreicht werden soll, ließ der Tesla-Chef bislang offen. Vermutlich plant er jedoch nicht mit allzu viel Anlaufzeit, denn schon ab 2020 sollen insgesamt eine Million Teslas die Fabriken verlassen - und der Model Y dürfte ein wichtiges Puzzleteil beim Erreichen dieser Zahl sein. Momentan würden die Zulieferer laut dem "Reuters"-Bericht jedoch wohl zunächst mit einer jährlichen Model-Y-Produktion von 500.000 Stück kalkulieren. Auch das ist jedoch noch recht hochgegriffen, schaut man sich die langsamen Fortschritte beim Model 3 an.
Zapft Musk für den Model Y den Kapitalmarkt an?
Tesla scheint also eigentlich um den Bau einer neuen Fabrik nicht herumzukommen. Doch womöglich fehlt dem Elektroautokonzern dafür durch den engen Zeitplan schlicht die Zeit und auch das Geld. Eigentlich war auch geplant, einen Teil der Produktion des Model Y nach China auszulagern, aber um das zu ermöglichen, fehlt momentan noch der benötigte Joint-Venture-Partner - und ebenfalls die entsprechende Fabrik. Eine Produktion in China soll daher laut den Insidern erst zwei Jahre später beginnen, also Ende 2021.
Investitionen im Zusammenhang mit dem Model Y sollen jedoch noch dieses Jahr getätigt werden, kündigte Musk bereits im Februar an. Wie er das jedoch schaffen will, ohne entgegen seines Versprechens in den nächsten Monaten doch noch zusätzliches Kapital aufnehmen zu müssen, ist aktuell noch nicht bekannt.
Redaktion finanzen.net
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