Mongolei - Von Glücksrittern und Investoren
Die Mongolei ist eines der rohstoffreichsten Länder der Welt. Bisher wurden die Schätze der Erde aber kaum angetastet. Nun erobern Investoren das Terrain.
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von Martin Blümel, Euro am Sonntag
Benzinschwaden hängen in der Luft, Autos und Busse drängeln, Staub wirbelt vom halbfertigen Gehsteig auf. Alle paar Meter ein Dienstleistungsangebot: Mann mit Personenwaage, Mädchen mit Bauchladen, ein Junge, der sein Handy vermietet, eine Frau, die Bier zapft, frisch vom Fass, auf der mitgebrachten Handkarre. Das ist Ulan Bator an einem Montagnachmittag – oder besser: eine Seite von Ulan Bator.
Denn neben den ärmlichen Straßenhändlern und einigen bei den Mongolen sehr beliebten Department Stores, also Karstadt-ähnlichen Kaufhäusern, wollen am anderen Ende der Skala auch die internationalen Luxusmarken inzwischen mongolische Klientel für sich gewinnen: Louis Vuitton und Zegna etwa haben Flagshipstores in Ulan Bator aufgemacht. Noch allerdings sind diese Läden wenig besucht, die Mongolen scheinen bestenfalls in der Karstadt-Phase zu stecken. Aber was, so fragt man sich, lockt Vuitton dann nach Ulan Bator?
Die Hauptstadt der Mongolei ist schier unausweichlicher Startpunkt für alle, die das Land bereisen: Touristen, die sich nach der Weite der Landschaften sehnen, dazu Jäger, Angler. Denn wer einmal den lebensbedrohlichen Verkehr der Hauptstadt hinter sich gelassen hat und die Steppen- und Wüstengegenden bereist, findet sich in einer anderen Welt wieder: ruhig, malerisch, von Viehzucht geprägt, im Norden von Ackerbau, von Nomaden, die mit ihren Jurten von Weideland zu Weideland ziehen. Allerdings rechtfertigt das noch keinen Louis Vuitton in Ulan Bator.
Es sind die Investoren und Glücksritter, die neben den Erholungssuchenden in die Mongolei kommen und eine Ahnung von möglichem Reichtum vermitteln. Denn unter dem Wüstensand und dem Steppengras schlummern ungeheure Vorräte an Gold, Kupfer, Kohle, Zink, Uran und Molybdän. Rohstoffvorkommen, die teils schon während der Zeit des Kommunismus vor drei oder gar vier Jahrzehnten entdeckt und teilweise auch kartografiert wurden, aber überwiegend weit davon entfernt sind, abgebaut zu werden. Die Mongolei gilt schlicht als eines der rohstoffreichsten Länder der Welt.
Wer in Ulan Bator im September die alljährliche Messe Discover Mongolia besucht, der bekommt einen Eindruck davon. Auch dieses Jahr tummelten sich hier an die 1000 Besucher und Aussteller: Explorer, Bergbaukonzerne, Hersteller von Ausrüstungen, Regierungsorganisationen und Geldgeber aus aller Herren Länder. Der Präsident der Mongolei persönlich sprach das Grußwort – Tsachiagiin Elbegdordsch, ein kleiner Herr mit Brille und Aktentasche. „Wir haben viel geschafft in den vergangenen Jahren“, sagte er. Man solle die Messe in Develop Mongolia umbenennen. Vom Entdecken zum Entwickeln. Dafür brauche es „ehrliche, ernsthafte und kreative Geldgeber“.
Milliardenschwere Bergbauprojekte plant die Regierung, dazu Tausende Kilometer Straßen und Eisenbahnstrecken, wo heute noch staubige und löchrige Pisten das Vorwärtskommen mehr erschweren als erleichtern. Ohne Geld aus dem Ausland geht es dabei aber nicht, denn trotz des schlummernden Reichtums ist die Mongolei arm. Viermal so groß wie Deutschland ist das Land, trotzdem wird nur ein Bruttoinlandsprodukt von drei Milliarden Euro erwirtschaftet, was sicher auch daran liegt, dass die Mongolei mit nur 2,8 Millionen Einwohnern das am dünnsten besiedelte Land der Erde ist. Die Hälfte der Mongolen sind Nomaden, die in den 21 Aimags (Bezirken) von Viehzucht und Ackerbau leben. Das könnte sich ändern.
Priorität hat der Bergbau, das hat die Regierung deutlich gemacht: Für 25 Prozent der Fläche des Landes können Investoren Lizenzen zum Abbau von Bodenschätzen erwerben. 39 strategische Rohstofflagerstätten hat man dort ausgemacht, angeblich 1170 Mineralreserven. Eine der größten Lagerstätten ist Oyu Tolgoi in der Wüste Gobi, 600 Kilometer südlich der Hauptstadt Ulan Bator und nur 90 Kilometer von der chinesischen Grenze entfernt. Es ist eines der größten Minenprojekte der Welt: Mindestens drei Milliarden Tonnen Erz, 25 Millionen Tonnen Kupfer, 1030 Tonnen Gold sowie 5100 Tonnen Silber sind hier unter der Erde festgestellt worden. Und mit Oyu Tolgoi hat die mongolische Regierung bereits Nägel mit Köpfen gemacht.
Neben der staatlichen Gesellschaft Erdenes MGL sind die internationalen Bergbaugrößen Ivanhoe Mines und Rio Tinto mit zwei Dritteln eingestiegen, um die Lagerstätte in den kommenden 50 Jahren auszubeuten. „Das ist ein Leuchtturmprojekt für die Mongolei“, sagt Stefan Hanselmann, der für die deutsche Regierungsorganisation GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) in Ulan Bator Verbindungen zwischen deutschen und mongolischen Unternehmen knüpfen hilft.
Hanselmann hofft darauf, dass auch in Deutschland das Potenzial der Mongolei erkannt wird. „Man versucht hier ja die Wertschöpfung komplett im Land zu behalten. Deutsche Unternehmen hätten die Chance, am Aufbau einer wissensbasierten Ökonomie teilzuhaben. Hightech, Greentech, anwendungsorientierte Forschung, um einige Beispiele zu nennen.“ Alles Felder, wo der Kuchen noch nicht verteilt ist, während im Bergbau die großen Player die wichtigsten Claims längst abgesteckt haben oder gerade dabei sind.
Etwa in Tavan Tolgoi im Süden des Landes, wo der internationale Bergwerksbetreiber Energy Ressources Anfang des Jahres die Lizenz zur Exploration der 3000 Hektar großen Fläche übernommen hat. Tavan Tolgoi gilt als eine der größten Steinkohlegruben der Welt. Reserven von drei Milliarden Tonnen Kokskohle und 4,5 Milliarden Tonnen Kraftwerkskohle sollen dort in den kommenden Jahrzehnten abgetragen werden.
Oder eben das Beispiel Oyu Tolgoi: Hier sind Ivanhoe und Rio Tinto emsig dabei, eine befestigte Straße bis zur nächsten Eisenbahnlinie zu bauen, ebenso ein Kraftwerk zur Energieversorgung der Mine. Gleichzeitig wird der erste Schacht erstellt und eine Aufbereitungsanlage zum Säubern von kupferhaltigem Gestein errichtet. Langwierige Vorarbeiten. Es werden wohl noch zwei bis drei Jahre ins Land gehen und dabei acht Milliarden Dollar Investitionen verbuddelt, bis die Produktion anläuft. Dennoch ist rund um Schacht 1 bereits eine Jurtenstadt entstanden, die zur neuen Heimat für mittlerweile 4400 Arbeiter geworden ist.
90 Prozent der Bergwerker sollen dabei Mongolen sein. Das ist eine der drastischen Bedingungen, die die mongolische Regierung den Investoren in die Verträge schreibt. Und vielleicht ist es ein Aspekt, der die Dinge ins Stocken bringt angesichts der geringen Zahl der Einwohner und der teils fehlenden Qualifikation. Woher nehmen, die Bergmänner, Trucker, Baggerführer, Schweißer, Elektriker, Büromitarbeiter?
Ulan Bator will die Kontrolle behalten über die unterirdischen Schätze. Verständlich, schon angesichts der geografischen Lage des Landes, eingezwängt zwischen den Großmächten China und Russland. Doch die Kontrollmanie birgt Gefahren, die den Projekten schaden, diese vielleicht gar gefährden – die Arbeiterquote, der Umstand, dass möglichst viele Investitionen über mongolische Zwischenhändler laufen sollen. „Das ist Ressourcennationalismus“, sagt Hanselmann besorgt. „Das macht alles komplizierter und teurer.“ Und im schlimmsten Fall verschreckt es die Investoren. So wie es schon einmal war, als die mongolische Regierung 2006 über Nacht eine Windfall-Tax, eine Steuer von 68 Prozent auf alle Gewinne der Bergbaubranche, einführte, was die Investoren zunächst verprellte – bis die News kam, dass die Tax Ende 2010 wieder abgeschafft wird.
Die Ausländer sind essenziell für die Modernisierung des Landes. „Von den Einnahmen, die wir im Bergbau erzielen, fließt vieles gleich wieder in die Infrastruktur“, sagt Luvsandash Zorig von der Nationalen Entwicklungskommission. Alle Aimag-Zentren sollen über befestigte Straßen mit der Hauptstadt verbunden werden – von insgesamt 5500 Kilometern neuer Straßen ist die Rede. Ein Knotenpunkt soll dabei Sainshand werden, eine Siedlung mit 20 000 Einwohnern südlich der Hauptstadt an der Transsibirischen Eisenbahn. Es soll wichtigster Verladebahnhof und Flughafen für das Rohstoffland werden. Und gleichzeitig ein Industriezentrum zur Verarbeitung von Kohle, Kupfer und Öl – mit Zementwerk, einer Stahl- und Kupferschmelze, einer Ölraffinerie und einem Kraftwerk. Ehrgeizig.
Priorität hat der Bergbau, das macht die Regierung deutlich. Doch weil an den Weltmärkten auch die Preise für die „weichen“ Rohstoffe, wie etwa Getreide, steigen, gibt es in der Mongolei neuerdings ein interessantes Phänomen: „Viele Leute kehren aus der Stadt zurück und betreiben wieder Landwirtschaft“, erzählt Tsatsral Suren, Chefin von Altan Taria, der größten Mehl- und Teigfabrik der Mongolei. „Dieses Land ist nicht nur reich an Bodenschätzen. Ackerbau und Viehzucht kann und wird hier auf hohem Niveau betrieben. Es ist alles da, gute Luft, sauberes Wasser, Wiesen.“ Eine Mischung, die auch künftig Erholungssuchende, Investoren und Glücksritter anlocken wird.
Investor-Info
Ivanhoe Mines
Pionier und Übernahmekandidat
Ivanhoe-Chef Robert Friedland war einer der Ersten, der sich in die Mongolei aufmachte, um dort Minenprojekte anzugehen. Weil das Unternehmen aber zu klein war für das Unternehmen Oyu Tolgoi (siehe Lauftext) holte man sich mit Rio Tinto den weltgrößten Bergbaukonzern ins Boot. Der ist inzwischen zu 35 Prozent am Mongolei-Pionier Ivanhoe beteiligt, und es ist ein offenes Geheimnis, dass Rio Ivanhoe am liebsten komplett übernehmen würde. Friedland ziert sich indes aber und will unabhängig bleiben. Spannende Spekulation!
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Bildquellen: RAG Deutsche Steinkohle AG
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Analysen zu Turquoise Hill Resources Ltd.
Datum | Rating | Analyst | |
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27.04.2012 | Ivanhoe Mines sector underperform | Scotia Capital Markets | |
15.12.2011 | Ivanhoe Mines sector underperform | Scotia Capital Markets | |
07.07.2006 | Update Ivanhoe Mines Ltd.: Neutral | HSBC Securities | |
02.12.2005 | Ivanhoe Mines Ausbruch abwarten | Wirtschaftswoche |
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