Rettung von Pensionsfonds

Bank of England will Anleihekäufe wie geplant am Freitag einstellen - Signale für Zinsschritt

12.10.22 16:39 Uhr

Bank of England will Anleihekäufe wie geplant am Freitag einstellen - Signale für Zinsschritt | finanzen.net

Die Bank of England (BoE) wird ihre Anleihekäufe zur Rettung von Pensionsfonds nach den Worte von BoE-Gouverneur Andrew Bailey wie geplant am Freitag einstellen.

"Sie haben noch drei Tage Zeit", sagte Bailey an die Fonds gerichtet bei der Jahrestagung des Internationalen Bankenverbands IIF. Die Fonds seien mit einem "beispiellosen" Anstieg der Renditen langfristiger Anleihen und "sehr großen Nachschussforderungen" infolge der Hebelwirkung ihrer Liability Driven Investment Fonds konfrontiert.

Das am 28. September gestartete Programm zum Kauf von Anleihen sollte den Fonds Bailey zufolge ein "Zeitfenster" für den geordneten Verkauf von Vermögenswerten bieten. Bailey machte klar, dass diese Gelegenheit am 14. Oktober enden werde.

Am Dienstag hatte die BoE den zweiten Tag in Folge ihre Unterstützung für Pensionsfonds erweitert und inflationsindexierte Staatsanleihen in das Kaufprogramm aufgenommen, nachdem ein Versuch am Montag, den Pensionsfonds zu helfen, die Märkte nicht beruhigt hatte. "Heute schien es wieder etwas ruhiger zu sein", sagte der BoE-Gouverneur.

BoE warnt vor weiteren Bedrohungen der Finanzstabilität

Die Bank of England (BoE) hat davor gewarnt, dass andere Teile des Nicht-Banken-Finanzsystems durch stark steigende Renditen von Staatsanleihen gefährdet sein könnten, nachdem sie gezwungen war, zur Unterstützung britischer Pensionsfonds einzugreifen.

Die Zentralbank hatte am 28. September ein Kaufprogramm für Staatsanleihen aufgelegt, nachdem die Pensionsfonds aufgrund des drastischen Kursverfalls gezwungen waren, Barmittel zur Stützung von sogenannten Liability-Driven-Investments (LDI) aufzubringen. Die LDI sind auf Derivaten basierende Strategien, die dazu beitragen sollen, die Zahlungsverpflichtungen den Rentnern gegenüber langfristig zu decken.

Das Programm der Anleihekäufe soll am Freitag auslaufen. Die Zentralbank veröffentlichte unterdessen ein Protokoll der Sitzung ihres Financial Policy Committee (FPC) vom 30. September, in dem die Besorgnis über andere Teile des Finanzsystems hervorgehoben wurde.

"Das FPC erörterte, dass weitere Korrekturen bei den globalen Vermögenspreisen, insbesondere wenn sie scharf ausfallen und mit steigenden Kreditrisikosorgen einhergehen, weitere und schnellere Rücknahmen aus Geldmarktfonds und offenen Fonds auslösen könnten, die in weniger liquide und riskantere Vermögenswerte investieren", hieß es von der BoE.

Das FPC erklärte, dass wie bei den LDIs auch andere Fonds gezwungen sein könnten, fremdfinanzierte Positionen aufzulösen, was durch höhere Nachschussforderungen noch verstärkt werden könnte. "Diese könnten mit der geringeren Marktliquidität interagieren und das Risiko von Funktionsstörungen auf anderen Finanzierungsmärkten, wie denen für hochverzinsliche Unternehmensanleihen und fremdfinanzierte Kredite, mit sich bringen."

BoE signalisiert trotz Turbulenzen am Anleihenmarkt großen Zinsschritt

Trotz Turbulenzen am Anleihenmarkt und Rezessionssorgen will die Notenbank in London bald einen großen Zinsschritt wagen.

Dies machte der Chefvolkswirt der Bank of England (BoE), Huw Pill, am Mittwoch deutlich. Er glaubt, dass "eine deutliche geldpolitische Reaktion" auf die Nachrichten der vergangenen Wochen aus der Wirtschaft und von den Märkten erforderlich sein werde. Der BoE sitzt die hohe Inflation von zuletzt 9,9 Prozent im Nacken. An den Finanzmärkten wird für den Zinsentscheid Anfang November auf eine Erhöhung um einen vollen Prozentpunkt auf 3,25 Prozent spekuliert.

Die Zentralbank will die Zinszügel in turbulenten Zeiten anziehen: Die Wirtschaft ist im August überraschend geschrumpft und steuert Richtung Rezession. Die BoE muss zudem als Krisenfeuerwehr am Anleihenmarkt agieren, der angesichts der von der Regierung geplanten schuldenfinanzierten Steuersenkungen nicht zur Ruhe kommt.

Die BoE trat aber Spekulationen über einen längeren Kriseneinsatz am Anleihenmarkt entgegen. Sie betonte, dass die vorübergehenden und gezielten Stützungskäufe am Freitag enden sollen. Ein Sprecher der BoE verwies darauf, dass Notenbankchef Andrew Bailey diese Position am Dienstag bestätigt habe. Diese Haltung sei im Kontakt mit den Banken auf höchster Ebene "absolut deutlich" gemacht worden. Die "Financial Times" hatte zuvor berichtet, die BoE habe den Kreditgebern signalisiert, dass sie zu einer Verlängerung ihres Notkaufprogramms für Anleihen bereitstehe.

PENSIONSFONDS IM FOKUS

Nach dem Dementi der Notenbank warfen Investoren britische Staatsanleihen aus den Depots. Im Gegenzug stieg die Rendite der 20-jährigen Anleihen auf ein 14-1/2-Jahres-Hoch von 5,141 Prozent. Unter Verkaufsdruck gerieten auch die Pensionsfonds-Anbieter. Die Branche gilt als Haupt-Leidtragende der jüngsten Kursturbulenzen an den Bond-Märkten.

Gefragt war dagegen das Pfund Sterling, das sich um 0,7 Prozent auf 1,1039 Dollar verteuerte. Anleger glaubten den Beteuerungen der Notenbank offenbar nicht, sagte Anlagestratege Ben Laidler vom Online-Broker eToro. "Es ist unvorstellbar, dass die Bank of England bei anhaltenden Spannungen am Bondmarkt nicht weiterhin zumindest ein gewisses Maß an Unterstützung bietet."

Die BoE hatte erst am Dienstag den vorübergehenden Kauf inflationsgeschützter Papiere angekündigt. Diese werden in der Regel von Pensionsfonds gehalten. BoE-Chef Bailey signalisierte bereits am Dienstag, diese Fonds und andere Investoren hätten nur noch diese Woche Zeit, um ihre Probleme zu lösen.

REZESSIONSSIGNALE

Der neue Finanzminister Kwasi Kwarteng hatte jüngst mit Plänen für schuldenfinanzierte Steuersenkungen Zweifel an der Finanzierbarkeit dieser Entlastungen geschürt. Milliardenschwere Geldspritzen der BoE beruhigten die Lage nur kurzfristig. In mehreren Wellen kam es immer wieder zu einem Ausverkauf am Anleihenmarkt. Laut der Notenbank entstand dadurch eine "materielle Gefahr" für die Finanzstabilität, der sie mit den zusätzlichen Notmaßnahmen begegnen will.

Die BoE muss nun zudem in wirtschaftlich äußerst unsicheren Zeiten den geldpolitischen Kurs abstecken. Sie rechnet damit, dass die Wirtschaftsleistung im Sommerquartal leicht zurückgegangen sein dürfte. Aktuelle Zahlen des Statistikamtes zeigen, dass die Notenbank damit richtig liegen dürfte. Die Wirtschaft ist im August überraschend geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging zum Vormonat um 0,3 Prozent zurück - Industrie und Dienstleister schwächeln gleichermaßen.

Im Zeitraum Juni bis August schrumpfte das britische BIP um 0,3 Prozent. Und die Perspektiven für den Herbst und Winter sind angesichts der Energiekrise nicht rosig: Die Wirtschaftsleistung dürfte sich stark verlangsamen, da die steigende Inflation die Haushalte trifft und die Notenbank weiter unter Zugzwang setzt, die Leitzinsen deutlich anzuheben.

LONDON (Dow Jones / Reuters)

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