Biosimilar-Investments: Wo erhebliches Potenzial lockt
Bald läuft der Patentschutz vieler umsatzstarker Biotechmedikamente aus. Das birgt enormes Wachstumspotenzial für Nachahmer-Unternehmen. Doch es herrschen neue Spielregeln.
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von Julia Groß, Euro am Sonntag
Das zieht: Werbung, die beim Sparen hilft. Dank jahrelanger Berieselung im Vorabendfernsehprogramm weiß praktisch jeder Deutsche, dass man in der Apotheke durchaus nach "was Günstigem" fragen darf, gern "von Ratiopharm". Der Slogan des Generikaherstellers - "Gute Preise, gute Besserung" - gehört hierzulande zu den fünf bekanntesten Werbesprüchen.
Auch wenn die Kasse zahlt, bekommen Patienten gern die billigeren Tabletten von Hexal, Stada und Co in die Hand gedrückt. Dem Sparzwang im Gesundheitswesen sei Dank, decken Generika über 70 Prozent des Arzneimittelbedarfs der gesetzlichen Krankenversicherungen.
Den kommenden Jahren dürften die Kostenträger mit einer gewissen Vorfreude entgegensehen: Dann verlieren erstmals in großem Umfang auch Biopharmazeutika ihren Patentschutz. Das macht den Verkauf konkurrierender und deshalb preisgünstigerer Nachahmerprodukte (Biosimilars) möglich. Die komplexen Moleküle, die sich vor allem in der Behandlung von Krebs und rheumatischer Arthritis etabliert haben, sind bislang extrem teuer. Eine einzige Dosis Humira gegen Arthritis kostet zum Beispiel knapp 900 Euro.
Entsprechend groß ist das Wachstum, das Branchenexperten dem Nachahmersegment prognostizieren: "Der weltweite Markt für Biosimilars wird zwischen 2012 und 2019 von 630 Millionen Euro auf 17 Milliarden Euro wachsen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 60 Prozent", sagt K. Srinivas Sashidhar, Analyst beim Beratungsunternehmen Frost & Sullivan.
Der Markt steht noch ganz am Anfang, erst im vergangenen Juni wurde in Europa das erste Antikörper-Biosimilar zugelassen. "Für den US-Markt wird überhaupt erst in der zweiten Jahreshälfte mit den Leitlinien gerechnet, nach denen eine Zulassung beantragt werden kann", sagt Sashidhar. In den Bilanzen der Hersteller werden sich Umsätze mit Biosimilars zum Ende dieses Jahrzehnts hin deutlich bemerkbar machen, schätzt Michael Sjöström, Manager des Pictet-Generics-Fonds.
Hoher Aufwand, hohe Kosten
Am Aufbau des neuen Sektors mitzuverdienen wird allerdings nicht so einfach und risikolos, wie es sich zunächst anhört. Zum einen ist es deutlich schwieriger, ein Biotechmedikament nachzubauen als die "traditionellen" chemischen Verbindungen. Auch das Risiko, dass ein Projekt scheitert, ist größer. Zum anderen können Biopharmazeutika im Gegensatz zu anderen Arzneimitteln gar nicht bis ins letzte Detail eins zu eins kopiert werden (siehe Hintergrund-Info unten). Die nachgemachten Produkte sind dem Original lediglich ausgesprochen ähnlich, deshalb spricht man von Biosimilars
anstatt von Generika.
Die geringfügigen Unterschiede machen aber eine ganz andere Behandlung bei der Zulassung notwendig. Bei einem Generikum reicht es in der Regel, dass der Hersteller eine dem Original vergleichbare Qualität nachweist und dass sein Produkt im Körper des Patienten vergleichbar reagiert. Das kann mit recht geringem Aufwand gezeigt werden. Für Biosimilars müssen die Produzenten jedoch klinische Studien vorlegen, ganz wie bei der Zulassung eines nagelneuen Medikaments.
Das bedeutet eine um mehrere Jahre verlängerte Entwicklungsphase und erheblich höhere Investitionen: "Wir schätzen 200 Millionen Dollar pro Biosimilar, im Vergleich zu zwei bis 15 Millionen Dollar für ein Generikum", sagt Paul Bisaro, Chef des Generikariesen Actavis.
Der Preisnachlass gegenüber dem Original kann deshalb nicht so hoch ausfallen wie vom Generikamarkt gewohnt, er wird wohl um die 30 Prozent anstatt 90 Prozent liegen. Das muss nicht in jedem Fall ausreichen, um Ärzte und Patienten zu einem Wechsel zu bewegen. Während zum Beispiel bei den Medikamenten Epo und Filgrastim in Deutschland die Mehrheit der Patienten auf Biosimilars umgestiegen ist, liegt der Anteil bei Somatropin, dem menschlichen Wachstumshormon, unter zehn Prozent. Somatropin wird bei kleinwüchsigen Kindern eingesetzt, was bei Ärzten und Eltern offenbar aufgrund der großen Verantwortung für eine starke Loyalität gegenüber dem Originalprodukt sorgt.
Ein Selbstläufer sind die Biosimilars also wahrlich nicht. Ihr Risikoprofil liegt zwischen dem herkömmlicher Generika und dem von Biotechmedikamenten. Die Chance auf einen Anteil an einem völlig neuen Markt lockt aber nicht nur die üblichen Verdächtigen, also große Generikahersteller, sondern auch ganz neue Mitspieler und ungewöhnliche Allianzen an.
So hat sich Techriese Samsung mit der Auftragsforschungsfirma Quintiles und der US-Biotechperle Biogen zusammengeschlossen, um Biosimilars zu entwickeln. Fujifilm kooperiert mit dem japanischen Pharmaunternehmen Kyowa Hakko Kirin. Die koreanische Celltrion hat neben einem bereits zugelassenen Produkt mindestens sechs weitere Antikörper in der Entwicklung. Die Regierung von Südkorea will das Land zum Weltmarktführer bei Biosimilars machen und offeriert Firmen entsprechende Unterstützung.
Deutschland ist innerhalb Europas der wichtigste Markt, und auch deutsche Firmen wollen mitmischen. Stada hat zwar ein eigenes Biosimilars-Entwicklungsprojekt wegen zu hoher Kosten eingestampft, arbeitet jedoch mit Gedeon Richter aus Ungarn und der kanadischen Apotex zusammen. Merck hat mit Dr. Reddy’s einen erfahrenen Partner aus Indien und berief erst Anfang März mit Simon Sturge einen Biotechexperten zum Chef der Biosimilars-Einheit. Hinzu kommen Newcomer wie die Münchner Formycon, die mit viel Sachkenntnis aus der Generikabranche auf Wirkstoffe setzt, die ab 2020 patentfrei werden.
"Unternehmen mit einer starken Vernetzung von Forschung und Marketing und einer guten Finanzinfrastruktur werden sich wahrscheinlich durchsetzen", glaubt Analyst Sashidhar von Frost & Sullivan. Doch der Kuchen ist noch lange nicht verteilt.
Hintergrund
Was sind Biopharmazeutika?
Die Arzneimittelbranche unterscheidet zwischen Small Molecules und Biopharmazeutika, den Biotechmedikamenten. Small Molecules sind kleine chemische Verbindungen wie Acetylsalicylsäure, der Wirkstoff von Aspirin, die in Chemieanlagen synthetisiert und dann häufig zu Pillen gepresst werden. Ein Generikahersteller kann exakt dieselbe Verbindung herstellen. Dagegen sind Biopharmazeutika in der Regel Proteine, vergleichsweise große Moleküle, die in gentechnisch veränderten
lebenden Zellen produziert werden. Sie kommen meistens als Infusion oder Injektion zum Einsatz. Viele Faktoren wie der Zelltyp oder die Wachstumsbedingungen haben Einfluss auf Struktur und Eigenschaften des Endprodukts. Deshalb lässt sich ein Biotechmedikament eines anderen Herstellers nicht 100-prozentig reproduzieren.
Biosimilars vs. Generika
Hersteller normaler Generika müssen zeigen, dass ihr Produkt dem Original äquivalent ist. Bei Biosimilars fordern die Behörden dagegen umfangreiche klinische Studien. Das schlägt sich in einer längeren Entwicklungsdauer (sechs bis zehn statt drei bis sechs Jahre) und höheren Kosten (bis zu 200 Millionen statt fünf Millionen Euro) nieder.
Investor-Info
Biosimilars-Markt
Erhebliche Wachstumschancen
Im kommenden Jahr übersteigt das Umsatzvolumen von Biotechmedikamenten in Deutschland, deren Patentschutz ausläuft, erstmals das der herkömmlichen Arzneien, die patentfrei werden.
Formycon
Aktie für Geduldige
Formycon ist das einzige deutsche Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Biosimilars spezialisiert hat. Ein erstes Produkt wurde auslizenziert, eine zweite Kooperation soll bis 2015 erfolgen. Formycon verbrennt kein Geld, Einnahmen im großen Stil sind aber erst in einigen Jahren zu erwarten. Sehr interessante Aktie für Langfristanleger.
Weitere Investments
Einzel- und Sammelwetten
Nur wenige Firmen konzentrieren sich allein auf Biosimilars, was die Auswahl für Anleger schwierig macht. Einer der Vorreiter auf dem Markt ist die koreanische Firma Celltrion (ISIN: KR 706 827 000 8), gleichzeitig ein Übernahmekandidat. Da die Aktie
in Deutschland aber kaum gehandelt wird und Ermittlungen wegen Insiderhandel laufen, raten wir vom Kauf ab. Sachkenntnis und Finanzkraft für ein erfolgreiches Biosimilar-Geschäft besitzt der Mischkonzern Merck KGaA (DE 000 659 990 5). Die Aktie leidet zurzeit unter dem Abschied des Finanzvorstands und dem vorsichtigen Ausblick und bietet daher eine günstige Kaufgelegenheit. Eine Alternative ist der Korb aus zwölf führenden Generikaaktien im Global-Generika-Zertifikat der RBS (NL 000 060 558 2).
PICTET GENERICS
Der Spezialistenfonds
Der einzige auf Generika fokussierte Aktienfonds
für deutsche Anleger. Manager ist Branchenveteran Michael Sjöström, der aktuell 20 bis 25 Prozent des Portfolios in Firmen investiert hat, die Biosimilars entwickeln. Daneben setzt Sjöström auf die steigende Generikanachfrage in Schwellenländern und Japan sowie auf das Thema Konsolidierung.
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06.03.2013 | Samsung verkaufen | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) |
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