Musk-Versprechen

Musks Tesla-Versprechen: Robotaxi oder Model 2 - Was ist realistischer?

02.05.24 23:29 Uhr

Elon Musk fährt bei NASDAQ-Aktie Tesla zweigleisig: Fokus auf Robotaxi die richtige Entscheidung? | finanzen.net

Die Hoffnung auf den Durchbruch vollständig autonomer Fahrfunktionen treibt Beobachter und Anleger im EV-Segment bereits seit geraumer Zeit um. Nun will Tesla-Chef Elon Musk liefern und wird beim Thema Robotaxis zeitgleich bemerkenswert konkret unkonkret.

Werte in diesem Artikel

• Musk legt Fokus auf Robotaxis
• Experten sehen Technologie noch nicht marktreif
• Ist der Model 2 die sicherere Alternative?

"Tesla Robotaxi wird am 8.8. enthüllt", so der eher kryptische X-Post von Tesla-Chef Elon Musk Anfang April. Viele Anleger nahmen die vage Ankündigung, die aber immerhin ein konkretes Datum enthielt, mit Erleichterung auf, schließlich verspricht der Milliardär seit Jahren eine autonome Tesla-Fahrzeugflotte, die nicht nur den Wert der einzelnen Fahrzeuge deutlich steigern, sondern auch das komplette EV-Business, auf dem Tesla basiert, umkrempeln soll.

Zwar werden alle Tesla-Modelle mit Teslas hauseigenem Autopilot ausgestattet, aufgrund zahlreicher Probleme kommt die Software bislang aber nicht über ein Fahrassistenzsystem hinaus. Von vollständig autonomen Fahrzeugen sind Teslas weiter weit entfernt - offenbar soll sich dies Anfang August aber ändern.

Was ist dran an Musks Versprechen?

Die Präsentation eines Robotaxis wäre tatsächlich ein Gamechanger für das Unternehmen, das zuletzt unter einer schwachen EV-Nachfrage und sinkenden Margen litt. Damit würde Elon Musk eine bereits vor rund fünf Jahren skizzierte Vision wahr werden lassen.

Unwahrscheinlich ist aber, dass Tesla am 8. August tatsächlich ein markt- und verkaufsreifes Fahrzeug vorstellen wird, das als Robotaxi vollkommen selbständig auf den Straßen unterwegs sein wird. Das sehen auch Experten so: "Sie sind eindeutig noch Jahre davon entfernt, dieses Ziel zu erreichen", so Philip Koopman, außerordentlicher Professor für Elektro- und Computertechnik an der Carnegie Mellon University, der sich auch auf die öffentliche Sicherheit selbstfahrender Autos konzentriert, gegenüber "MarketWatch". "Schauen Sie sich an, wie lange Waymo schon dabei ist. Cruise sagte, sie seien bereit, aber es ist anders gekommen".

Tatsächlich ist die Alphabet-Tochter Waymo dem Ziel, eine Robotaxi-Flotte zu betreiben, schon deutlich näher gekommen, als Musk mit Tesla. Das Unternehmen hat - zusammen mit der Firma Cruise, die zum US-Autobauer General Motors gehört, im Sommer die Erlaubnis erhalten, in San Francisco Robotaxi-Fahrten ohne Sicherheitsfahrer anzubieten. Doch das Waymo-System ist noch in der Lernphase, wie ein kürzlich erfolgter Zwischenfall, als ein Robotaxi für einen längeren Zeitpunkt in den Gegenverkehr gefahren ist, zeigt. Dass Tesla eine komplett autonome Flotte auf die Straßen bekommt, in die Tesla-Besitzer bei Nichtnutzung ihre Fahrzeuge einreihen können, scheint noch Zukunftsmusik.

Dies sei ein Problem, das noch mehrere Jahre zur Lösung benötige, so Koopman weiter. "Jeder der behauptet: 'Wir werden es sofort lösen, auch wenn wir es offensichtlich noch nicht gelöst haben, aber in weniger als 12 Monaten wird es gelöst und dann passend sein', ist für mich einfach nicht glaubwürdig. Ich sehe keine Beweise dafür, dass dies in absehbarer Zeit für irgendjemanden möglich ist. Niemand ist auch nur nah dran", so der Experte.

Model 2 wird für Tesla unentbehrlich

Vor diesem Hintergrund dürften Teslas zwischenzeitlich vermuteten Pläne, von einem Billigfahrzeug für die breite Masse abzurücken, von Anlegern als Fehlentscheidung bewertet werden, wenn der Autobauer am 8. August nicht wie versprochen eine Robotaxi-Lösung liefert. Denn schon seit geraumer Zeit warten Kunden auf eine Anpassung der Modellpalette und das - ebenfalls lang angekündigte - preisgünstige Massenmarktmodell war als potenzielle Möglichkeit gehandelt worden, der sinkenden Nachfragelage am Markt wieder auf die Beine zu helfen und dem Tesla-Geschäft Rückenwind zu verleihen.

Auch hier ist aber das letzte Wort noch nicht gesprochen, denn Elon Musk bemühte sich, umgehend nachdem Reuters über die Absage der Pläne für das als Model 2 gehandelte Tesla-Billigauto berichtet hatte, die Nachrichtenagentur der Lüge zu bezichtigen. Die Tür für ein preisgünstiges Fahrzeug aus dem Hause Tesla ist also nicht nur weiter offen. Im Rahmen der Bilanzvorlage überraschte Musk auch mit der Aussage, dass Tesla bereits vor dem zweiten Halbjahr 2025 - und damit früher als erwartet - ein günstigeres Elektroautomodell auf den Markt bringen werde.
Vicki Bryan, Gründerin und CEO von Bond Angle LLC, erklärte gegenüber "MarketWatch" in einer E-Mail, dass sie die Realisierung eines preisgünstigeren Fahrzeugs zumindest für realistischer halte. Das Model 2 sei "plausibel", das Robotaxi jedoch nicht. "Tesla verfügt nicht über die Technologie, um vorhandene Teslas auf der Straße wie seit Jahren versprochen in selbstfahrende Fahrzeuge umzuwandeln, und meiner Meinung nach wird dies auch nie der Fall sein", wird sie weiter zitiert.

Musk fährt zweigleisig

Tatsächlich blieb Elon Musk denn auch im Rahmen der jüngsten Bilanzvorlage für das erste Quartal weiter unkonkret, was die weiteren Pläne angeht. Insbesondere die Frage, ob es sich bei dem günstigeren Tesla-Fahrzeug um ein komplett neues Modell oder angepasste Versionen der bisherigen Bestseller Model 3 und Model Y handeln werde, blieb in einer Telefonkonferenz mit Analysten unbeantwortet. Der Tesla-Chef versprach unterdessen revolutionäre Produktionstechniken, mit denen die Fertigung so effizient wie noch nie sein werde, ohne auch hier näher ins Detail zu gehen.

Deutlich wurde aber, dass sich bei Tesla der Fokus verschoben hat. Musk setzt nun offenbar verstärkt auf das angekündigte Robotaxi, die Pläne für ein Model 2 rücken da wohl in die zweite Reihe. Am 8. August wird sich zeigen, ob Musk Märkte und Experten von dieser Vision überzeugen kann.

Redaktion finanzen.net

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