Deutsche Exporteure: Gefahr aus Fernost
Verbände schlagen Alarm, die Sorge um Chinas Wirtschaft setzt deutschen Unternehmen zu. Die Aktien vieler DAX-Konzerne verloren stark. Doch nicht überall sind die Abschläge berechtigt.
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von W. Ehrensberger, S. Bauer, S. Parplies und F. Westermann, Euro am Sonntag
Henkel-Chef Kasper Rorsted lieferten die Währungsturbulenzen gleich eine passende Begründung für den Kursrutsch der Aktie. "Das war der China-Effekt", kommentierte der Chef des DAX-Konzerns die Schwäche nach den Quartalszahlen. China, ergänzte Rorsted, bleibe ein Motor der Weltwirtschaft, aber mit niedrigeren Wachstumsraten. "Derzeit bewegt sich die Industrie in China auf einem schwierigen Pfad. Wir haben es mit einem Marktproblem zu tun, nicht mit einem Henkel-Problem."
Wirtschaftsverbände warnen, dass die Abwertung die deutschen Exporte nachhaltig beeinträchtigen könnte. "China exportiert seine Probleme in die Welt", sagte Anton Börner, Chef des Außenhandelsverbands BGA. "Auch wenn wir noch nicht die Gefahr eines Währungskrieges sehen, wird der Preiswettbewerb zunehmen und die Unternehmen werden sich auf eine härtere Gangart einstellen müssen. Das ist keine Eintagsfliege."
Laut Industrie- und Handelskammerpräsident Martin Wansleben werden "Konsumgüterhersteller die Wechselkursschwäche eher spüren als beispielsweise Maschinen- und Anlagenbauer, die mit passgenauen Lösungen punkten statt mit dem Preis".
In den ersten fünf Monaten 2015 seien die Exporte der deutscher Anlagenbauer wegen der wirtschaftlichen Schwäche Chinas um drei Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, meldete der Verband des Deutschen Maschinen- und Anlagebaus (VDMA). Die Abwertung führe dazu, dass chinesische Maschinen auf dem Weltmarkt tendenziell preiswerter werden, sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers.
Die Reaktion des Aktienmarktes scheint die Einschätzung der Verbände zu bestätigen. Das Papier des Konsumgüter- und Klebstoffherstellers Henkel wurde von den Währungsturbulenzen hart getroffen, die Aktie verlor im Wochenverlauf über zehn Prozent. Henkel zählt mit neun Prozent Umsatzanteil zu den DAX-Unternehmen, die vergleichsweise stark in China engagiert sind. Die Düsseldorfer stellen neben Konsumgütern wie Waschmitteln auch Kleber für die Industrie her, die beispielsweise in der Autoindustrie eingesetzt werden. Allerdings führten auch hausgemachte Probleme zum Kursverlust, die nicht dem "China-Effekt" zuzurechnen sind.
Autobranche auf der Bremse
Das mit Abstand größte Risiko einer Abschwächung der Konjunktur in der weltgrößten Volkswirtschaft im DAX trägt Volkswagen. Europas größter Autobauer erzielt rund 40 Prozent seiner Umsätze in China, schätzt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center for Automotive Research (CAR). Vorstandschef Winterkorn sagte bereits, dass das anvisierte moderate Absatzwachstum im laufenden Jahr wohl nicht erreicht wird. Das hat Folgen für die Gewinnschätzungen: Seit Anfang Juli senken Analysten ihre Gewinnprognosen für 2015 im Schnitt um rund sechs Prozent.Die Schwäche in China bekommt auch BMW zu spüren. "Sollten die Herausforderungen im chinesischen Markt zunehmen, können wir Auswirkungen auf unsere Prognose nicht ausschließen", heißt es im Halbjahresbericht. Allerdings haben die Münchner, die knapp ein Fünftel ihrer Erlöse in China erzielen, schon in der Vergangenheit flexibel auf sich verändernde Nachfragesituationen reagiert. Auch die jüngsten Absatzzahlen belegen das. Im Juli fuhr BMW einen Verkaufsrekord für diesen Monat ein. Den moderaten Absatzrückgang in China machten die Münchner in Europa mehr als wett. Mit einem großen Einfluss auf die Bilanz rechnen Analysten bislang nicht.
Betrachtet man nur die Zahlen des Kontrahenten Daimler, scheint von Krise keine Spur. Anders als Audi und BMW verzeichnet die Daimler-Tochter Mercedes noch immer hohe zweistellige Zuwachsraten in China. Im Juli sprangen die Verkäufe im Reich der Mitte um über 40 Prozent. Allein in den vergangenen sechs Wochen schraubten Analysten ihre Gewinnschätzungen für den Stuttgarter Konzern für 2015 im Durchschnitt um fünf Prozent nach oben.
Prognosen bei Conti steigen
Die Sorge um Chinas Wirtschaft verpasste auch der Aktie von Continental einen Dämpfer: Das Papier des Automobilzulieferers zählte zu den größten Wochenverlierern im DAX. Die Hannoveraner machen gut ein Zehntel ihres Geschäfts in dem Riesenreich. Eine nachhaltige Eintrübung im wichtigen Absatzmarkt würde die Niedersachsen zwar treffen, bislang rechnen Analysten aber nicht mit herben Einschnitten. Im Gegenteil - hier wurden die Gewinnprognosen zuletzt sogar angehoben.Unmittelbar am Wohl und Wehe der Autobranche hängt der Chipkonzern Infineon. China ist der wichtigste Absatzmarkt der Münchner. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres lag der Umsatzanteil hier bei 23 Prozent - das ist der zweithöchste Wert im Leitindex.
Viele der Prozessoren und Bauteile, die die Münchner herstellen, werden in Wagen der Luxus- und Oberklasse verbaut, hier steckt besonders viel Elektronik, etwa für Assistenzsysteme, drin. Entsprechend groß ist die Bedeutung des chinesischen Marktes für die Automobilchipsparte von Infineon. Zuletzt hatte der Konzern seine Jahresprognose nach unten geschraubt. Es soll mit 34 Prozent Umsatzplus das untere Ende der angepeilten Wachstumsspanne erreicht werden.
"Ein Teil des angepassten Ausblicks geht auf das Autogeschäft in China zurück", sagte Chef Reinhard Ploss. Bei Chips für die Industrie sieht das Bild etwas anders aus. Hier sei die Schwäche der lokalen Verbrauchernachfrage nicht zu spüren, so der Infineon-Chef. Der Grund: Viele der von Infineon nach China gelieferten Chips finden sich in Produkten wieder, die die Kunden des Chipkonzerns wiederum in alle Welt exportierten - etwa Ladegeräte für Handys.
Bei Unternehmen, die zumindest teilweise in weniger konjunktursensiblen Branchen tätig sind, stellt sich die Lage anders dar. Der größte deutsche Industriekonzern Siemens etwa treibt zwar seit über hundert Jahren Geschäfte in China. Der Umsatzanteil liegt bei neun Prozent. Er sei langfristig nicht zu beunruhigt, sagte Vorstandschef Kaeser soeben in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNBC und warnte vor einer Panik. In weniger konjunkturbestimmten Sparten wie der Medizintechnik läuft es auch in China rund beim DAX-Konzern.
Im zyklischen Bereich Industrieautomatisierung mit Kunden aus Automobilbranche und Maschinenbau verzeichneten die Münchner allerdings Umsatzrückgänge. "Die Dynamik hat spürbar abgenommen. Die Schwankungen machen sich in unseren Geschäften bemerkbar", hatte der Siemens-Chef nach Vorlage der Neunmonatszahlen kommentiert.
Beim Konsumgüterkonzern Adidas gibt man sich gelassen. Der Umsatzanteil liegt bei knapp 13 Prozent, das Land ist der am schnellsten wachsende Markt der Franken. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz des Sportartikelkonzerns hier über 20 Prozent. In der Bilanz hat China Nordamerika als zweitgrößte Region nach Westeuropa beinahe eingeholt. Trotz der jüngsten gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen sei in China "definitiv kein Ende unseres Wachstums in Sicht", erklärte Chef Herbert Hainer Anfang August.
Investor-Info
Volkswagen
Auf der Kippe
Die VW-Aktie verlor seit dem Hoch im März ein Drittel an Wert. Viele Anleger sorgen sich um das wichtige China-Geschäft, von dem VW extrem stark abhängig ist. Für 2015 und 2016 senkten Analysten bereits ihre Gewinnprognosen. Mit einem KGV von acht für das laufende Jahr und einer Dividendenrendite von fast drei Prozent ist die Aktie inzwischen wieder günstig zu haben. Dennoch: Für einen Neueinstieg ist es zu früh. Investierte Anleger beachten den Stopp bei 169 Euro.
Henkel
Haarige Sache
Das Wachstum blieb im zweiten Quartal hinter den Erwartungen zurück. Die Klebstoffsparte enttäuschte mit 1,7 Prozent organischem Umsatzplus - Henkel strebt hier drei bis fünf Prozent an. Neben der schwächelnden Nachfrage nach Industrieklebern in China leidet die wichtigste Sparte unter dem steigenden Wettbewerbsdruck in den USA. Auch der gescheiterte Versuch einer Übernahme des Haarpflegespezialisten Wella hatte Anleger zuletzt enttäuscht. Stopp beachten.
Infineon
Gegen den Strom
Der Chipkonzern macht 23 Prozent des Umsatzes in China, Tendenz steigend. Insbesondere die Automotive-Sparte, die Chips für Autos herstellt, ist dem Risiko einer Abschwächung der Nachfrage in China ausgesetzt. Sie liefert 40 Prozent des Umsatzes und ein gutes Drittel des operativen Gewinns. Die Produkte der Industriesparte werden auch von Exporteuren gekauft, das Risiko für fast 40 Prozent des Ergebnisses ist somit gemildert. Das charttechnische Bild hat sich eingetrübt. Wir stufen auf Halten herab. Stopp beachten.Ausgewählte Hebelprodukte auf adidas
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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