Künstliche Intelligenz: Wenn Roboter Fußball spielen
Heute beginnt die Weltmeisterschaft der Fußball-Roboter. Deutschland ist klarer Favorit. Wissenschaftler prophezeien der künstlichen Intelligenz ein große Zukunft.
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von Birgit Wetjen, Euro am Sonntag
Was ist das für ein Torwart? Der Stürmer des gegnerischen Teams dribbelt über rechts auf das Tor zu, doch statt den Winkel zu verkürzen, wendet sich der Keeper von Ball und Gegner ab und läuft schnurstracks zur Mittellinie. Mühelos sprintet der Stürmer auf das leere Tor zu und netzt ein.
Der Torwart heißt natürlich nicht Manuel Neuer, er ist nicht einmal menschlich. Aber selbst dem Keeper des B-Human-Teams der Universität Bremen sollte ein solcher Lapsus nicht unterlaufen. Denn B-Human ist als Robotermannschaft in ihrer Liga eine Macht: amtierender deutscher Serienmeister, viermaliger Weltmeister und einmaliger Vizeweltmeister binnen fünf Jahren.
Heute, einen Tag nach dem Finale zwischen Argentinien und Deutschland, beginnt - ebenfalls in Brasilien - die Fußballroboter-Weltmeisterschaft. In den vergangenen Wochen hat das "Trainerteam" um Informatiker Dr. Thomas Röfer alle Programmierungen überprüft und mögliche Fehler, soweit gefunden, beseitigt. Schließlich laufen die Bremer als Top-Favorit und Titelverteidiger auf. "Im Robofußball führt Deutschland die ewige Weltbestenliste ganz klar an", sagt Röfer, Dozent an der Universität Bremen und Senior Researcher im Forschungsbereich Cyber-Physical Systems am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).
Roboterfußball ist eine relativ junge Disziplin. Erst Mitte der 1990er-Jahre fand der Ballsport Eingang in den Wissenschaftsbetrieb. "Ziel ist es, spielerisch Grundlagen im Bereich Robotik und Künstliche Intelligenz zu erforschen", sagt Röfer. Künstliche Intelligenz versucht, menschliche Wahrnehmung und menschliches Handeln durch Maschinen nachzubilden.
Die schlauen Maschinen sind in allen Disziplinen auf dem Vormarsch - einfache Roboterrasenmäher oder -staubsauger sind längst im Handel. Doch das sind Roboter, die nur eine Aufgabe in einer klar definierten Umgebung erfüllen. "Bis es einen autonomen Universalroboter gibt, wird es noch eine Weile dauern", sagt Röfer. Denn der Mensch verfügt über Sinne, Intuition und Körperlichkeit. Die Herausforderungen der Robofußball-Forscher sind deshalb hochkomplex. Und ihre Ziele hochgesteckt.
Roboter gegen Menschen?
Zur Mitte des Jahrhunderts soll ein Roboterteam gegen die echten Fußballweltmeister antreten und gewinnen. Der Zeitpunkt wurde mit Bedacht gewählt. Gut 50 Jahre hat es nach der Entwicklung des ersten Schachcomputers gebraucht, bis der legendäre "Deep Blue" den Schachweltmeister Garri Kasparow bezwang. 50 Jahre - ein Zeitraum, in dem technologische Quantensprünge realistisch sind.
Bisher sind die im Robo-Cup organisierten Ligen auf ein Spezialgebiet fokussiert. In der Simulationsliga wird auf einem Originalfeld elf gegen elf gespielt - aber nur am Rechner. In der Humanoid-Liga werden die Roboter von Teams selbst konstruiert. Materialien, Konstruktion und Balance in Fortbewegung und beim Schuss stehen hier im Vordergrund. In der Standard-Plattform-Liga, in der B-Human spielt, treten alle Mannschaften mit NAO an, einem Roboter der französischen Firma Aldebaran, der eigentlich zu Ausbildungszwecken in Laboren und Instituten eingesetzt wird.
Großer Computerkopf mit farblich leuchtenden Augen, nummeriertes Trikot über dem Kunststoffleib: NAO bedient das Kindchenschema. Bevor es ins Training geht, sitzen die Spieler am Spielfeldrand und tanken über bunte Leitungen Energie. Laufen können die 57,3 Zentimeter großen Roboter bereits bei Lieferung - zehn Zentimeter pro Sekunde. Die Spieler des B-Human-Teams aber "sprinten" dank guter Programmierung mit der dreifachen Geschwindigkeit. Jeder der vier Feldspieler spielt jede Position - wer am Ball ist, wird zum Stürmer, die anderen sichern dann ab. Nur der Spieler mit der Rückennummer 1 ist als Keeper programmiert.
Die Spieler orientieren sich über Sensoren. Jedes der zwei Kameraaugen verarbeitet 30 Bilder pro Sekunde - immer auf der Suche nach dem eigenen Standort, dem Ball, dem Gegner, dem Tor und den Spielfeldmarkierungen. Alle Informationen werden für jeden Spieler über einen Projektor angezeigt. In der Verhaltenssteuerung werden die Informationen zusammengefasst. Rund 100 Abläufe haben die Wissenschaftler definiert, mit jeweils fünf bis sieben Einzelschritten, "weil es ja immer auch den Gegner gibt, der geplante Aktionen vereiteln kann", erklärt Röfer. Das Verhalten ist als Wenn-dann-Beziehung programmiert: Die Software gibt vor, wie sich der Spieler verhält, wenn dies oder jenes passiert.
Fehlende Emotionen
Selbstständig lernen können die laufenden Maschinen nicht. "Sie können die Gründe für gutes und schlechtes Handeln nicht erkennen. Dafür bräuchte man unendlich viele Versuche der gleichen Situation, die wir mit den Robotern nicht durchführen können." Lernen ist deshalb Domäne der Simulationsliga. "Wenn man entsprechend viele Versuche durchrechnen kann, zeigt sich schnell, welche Strategie erfolgreich ist."
Einige Hundert Meter vom Trainingsgelände der B-Human-Spieler, einem Hörsaal der Universität, entfernt liegt die Bremer Zentrale des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz. Ob Informatiker, Verfahrenstechniker, Ingenieure, Biologen oder Neurologen: Rund 100 Wissenschaftler arbeiten hier disziplinübergreifend an der Entwicklung intelligenter Systeme, "die den Menschen das Leben einfacher machen", wie Dr. Thomas Vögele erklärt.
Der 52-jährige Informatiker ist Head of International Business Development am DFKI, das seine Projektmittel vor allem vom Bund und der EU erhält. "In die Robotikforschung fließt viel Geld", sagt Vögele. Kein Wunder. Gelingt ein Durchbruch, lässt sich mit der Technologie in nahezu allen Branchen sehr viel Geld verdienen.
Roboter könnten vor allen in unwirtlichen Gebieten Nutzen stiften, die für Menschen nicht zugänglich sind. Auf der Cebit in Hannover wurde im März der Weltraumroboter Charlie vorgestellt. Der schimpansenartige Roboter verfügt über eine bewegliche Wirbelsäule, die ihn flexibel macht und es ihm ermöglicht, sich aufzurichten und auf zwei Beinen zu gehen. Die Füße sind, anders als bei anderen Weltraumrobotern, groß mit Sensoren gespickt. So ausgestattet soll Charlie Weltraumkrater erkunden können, in die fahrende Roboter nicht hinein und vor allem nicht wieder hinauskommen. In der Weltraumexplorationshalle des DFKI hat Charlie bereits Steigungen von 20 Grad bewältigt.
Auch in den Tiefen des Meeres wird eine menschliche Präsenz gebraucht. Geschätzte 800 Millionen Liter Öl flossen im Frühjahr 2010 nach der Explosion der Ölplattform "Deepwater Horizon" in den Golf von Mexiko und lösten eine der größten Umweltkatastrophen aus - weil niemand das Leck in 1.500 Metern Tiefe beheben konnte. Neue Ölquellen vor der Küste Brasiliens liegen mit mehr als 5000 Metern noch weitaus tiefer.
Forschen für den Meeresgrund
"In 20 Jahren wird der Mensch per Roboter mit all seinen Sinnen und Fähigkeiten auf dem Meeresgrund in jeder Tiefe präsent sein", prophezeit Professor Frank Kirchner, Leiter des Robotics Innovation Center des DFKI. Dann sollen autonome Roboter die Ozeane erforschen, Bohrinseln und Pipelines überwachen und Reparaturen durchführen können.
Zu Forschungszwecken hat das DFKI im April die größte maritime Explorationshalle Europas eingeweiht: 23 mal 19 Meter groß, gefüllt mit mehr als drei Millionen Liter Salzwasser. Auf dem Grund des acht Meter tiefen Terrains sind Standbeine von Offshore-Windanlagen und geborstene Ölpipelines aufgebaut. Der Unterwasserroboter Dagon navigiert autonom - bis zu zehn Stunden und 15 Kilometer von der Dockingstation entfernt, zu der er zurückkehrt, um Energie zu tanken und gesammelte Daten zu übertragen. Dagon führt, ähnlich wie die Fußballer von B-Human, eine Reihe von Wenn-dann-Hypothesen mit, die die Navigation ermöglichen. Denn eine Steuerung über Funk und GPS funktioniert unter Wasser nicht.
Mensch als Maß aller Dinge
Bei den Wissenschaftlern ist der Mensch das Maß aller Dinge. "Je tiefer man in die Forschung einsteigt, desto mehr wird einem bewusst, wie weit man davon entfernt ist, den Menschen in seiner Komplexität zu imitieren", sagt Vögele. Aber in Teildisziplinen wurden in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Fahrerloses Autofahren etwa ist in gesicherten Umgebungen wie Parkhäusern längst möglich, in ungesicherten städtischen Umgebungen steckt es noch in den Kinderschuhen. Nebel oder Drahtzaun? Der Mensch kann das problemlos unterscheiden, der Sensor tut sich - noch - schwer.
"Die Summe der Einzelteile ist einfach weit weniger als das Ganze", fasst Neurobiologe Dr. Sirko Straube den Stand der Forschung zusammen. Vor allem das Kontextverständnis des Menschen, das er sich seit der Geburt über jahrelanges Lernen aufgebaut hat, ist enorm. "Das ist in dieser Komplexität kaum zu programmieren."
Im Fußball jedenfalls hinken die Roboter den Menschen noch weit hinterher - kaum vorstellbar, dass sie in 35 Jahren etwa in der Allianz Arena gegen echte Weltmeister auflaufen sollen. Ein Erfolgsrezept, das auch im Menschenfußball gilt, könnte die Aussichten allerdings deutlich verbessern: "Je mehr Geld man reinpumpt, desto besser wird gespielt", ist Röfer überzeugt.
Mit Argusaugen verfolgt man in Bremen deshalb das Geschäftsgebaren von Google. Der US-Konzern hat allein im vergangenen Jahr sieben Firmen aus den Bereichen "Künstliche Intelligenz" und "Robotik" übernommen und schickt sich an, ein absoluter Top-Player zu werden - ganz ohne Weltmeisterschaft.
Investor-Info
Google
Investitionen in die Zukunft
Der Internetgigant investiert massiv in künstliche Intelligenz. So kaufte Google den renommierten Roboterhersteller Boston Dynamics. Der Konzern will offenbar vorbereitet sein, wenn Roboter eines Tages Aufgaben wie Lagerarbeiten oder Paketzustellungen übernehmen können oder als Haushaltshilfen einsetzbar sind. Intensiv forscht Google an selbstfahrenden Autos. Langfristig ein klarer Kauf.
Kuka
Nummer 1 für die Autobauer
Auf der Branchenmesse Automatica stellte Kuka-Chef Till Reuter die mittelfristige Verdopplung des Umsatzes in China in Aussicht. Kuka hat dort ein eigenes Werk. Der Konzern profitiert als größter Roboterlieferant der Autobauer vom Boom der Branche. Der Umsatz soll 2014 um gut zehn Prozent auf 1,96 Milliarden Euro steigen, der Gewinn um sieben Prozent auf 8,0 Millionen. Gut, aber teuer. Abwarten.
Fanuc
Zunehmend unter Druck
Der japanische Konzern ist der weltweit größte Hersteller von Industrierobotern. Zwar hilft der schwache Yen im Exportgeschäft, doch die ausländische Konkurrenz macht Fanuc zunehmend das Leben schwer. Die Folge: Der Gewinn wird Schätzungen zufolge in den kommenden Jahren im Schnitt nur um fünf Prozent wachsen. Gemessen daran ist die Aktie zu teuer. Finger weg.
iRobot
Roboter für zu Hause
Roboter zum Staubsaugen oder zur Bombenentschärfung zählen zu den Produkten von iRobot. In diesem Jahr soll der Umsatz um 16 Prozent auf 566 Millionen Dollar und der Nettogewinn um zwölf Prozent auf 33 Millionen Dollar klettern. 2015 sollen es 43 Millionen Dollar Gewinn sein. Die Bewertung ist allerdings nicht mehr günstig. Halteposition.
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30.10.2024 | Alphabet A (ex Google) Neutral | UBS AG | |
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