Krisen, Zinsen, Allzeithochs

Das war das Börsenjahr 2014 - Erster Teil

25.12.14 10:22 Uhr

Das war das Börsenjahr 2014 - Erster Teil | finanzen.net

Das Jahr 2014 war für die Märkte ein Jahr der Extreme. Während der Rubel ins Bodenlose rollte, die Ölpreise einbrachen und die Ukraine-Krise auch Russland in die Nähe des Staatsbankrotts trieb, ließ der DAX anlässlich neuer Rekordhochs die Korken knallen.

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Die letzten Silvesterraketen waren kaum gezündet, schon rückte ein Thema in den Mittelpunkt, das das Jahr noch in vielerlei Hinsicht prägen sollte: Die Ukraine-Krise. Begonnen hatte es mit der Verweigerung einer Unterschrift. Der prorussische Präsident Viktor Janukowitsch hatte dem Assoziierungsabkommen mit der EU eine Absage erteilt und die folgenreiche Protestbewegung in der Ukraine damit in Gang gesetzt.

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"Staatspleite wahrscheinlich"

Eine der ersten Reaktionen aus der Wirtschaft kam im Januar von Standard & Poor’s. Die Ratingagentur stufte das Land auf Ramschniveau ab und warnte im Februar vor einer drohenden Staatspleite. Eine helfende Hand reichte IWF-Chefin Lagarde dem wirtschaftlich schwächelnden Land und verkündete, ihre Organisation stehe für Unterstützung bereit - im Gegenzug für Wirtschaftsreformen seitens der Ukraine. Kurze Zeit später griff der IWF der Ukraine mit bis zu 18 Milliarden US-Dollar unter die Arme. Russland hingegen legte angekündigte Milliardenkredite zunächst auf Eis.

Zankapfel Krim - Gasstreit zwischen Ukraine und Russland

Im März brachte russisches Militär, von Putin zu diesem Zeitpunkt noch "örtliche Selbstverteidigungskräfte" genannt, die ukrainische Halbinsel Krim unter seine Kontrolle - die Geburtsstunde der Krimkrise. Zusätzlich Öl ins Feuer goss der russische Gaskonzern Gazprom. Dieser drohte der Ukraine, die Gaslieferungen einzustellen, da das Land seine Rechnungen nicht bezahlt habe. Zudem drehte Russland massiv an der Preisschraube des Gaspreises in der Ukraine. Trotzdem Putin wiederholt betonte, er sei noch immer "offen" für Gespräche mit der Ukraine, um den Gasstreit beizulegen, stellte Russland im Juni die Gaslieferungen an die Ukraine, aufgrund "chronischer Nichtzahlung", ein.

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Überschattet wurde der Gasstreit auch von politischen Ereignissen. Die Separatisten ließen die Bewohner der Ostukraine in einem Referendum über die Unabhängigkeit der Region abstimmen. USA und EU erkannten das Referendum jedoch nicht an und sprachen von einer "Farce". Ungeachtet dessen, erklärte der russische Präsident Putin das Ergebnis des Referendums für legitim. Einen Tag später erfolgte die Unabhängigkeitserklärung der Regionen Lugansk und Donezk durch die Separatisten.

Auf ukrainischer Seite wurde am 26. Mai Petro Poroschenko mangels Alternativen zum ukrainischen Präsidenten gewählt. Auf einer Pressekonferenz sprach sich der frischgebackene Staatschef für eine Annäherung an Europa aus.

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Ein Flugzeug stürzt ab - die Lage eskaliert

Am 18. Juli 2014 gingen die europäischen Börsen in die Knie. Der DAX fiel in kürzester Zeit auf ein Zweimonatstief. Ein ziviles Flugzeug war in der Ostukraine vom Himmel geschossen worden - eine neue Eskalationsstufe in der Ukraine-Krise war erreicht. Zudem machten die Wirtschaftssanktionen der EU und der USA gegen Russland und dessen angedrohte Gegenmaßnahmen die Anleger an den Märkten nervös. Knapp einen Monat später verschärfte sich die Lage nochmals drastisch: Die Nato veröffentlichte Satellitenbilder, die "deutlich mehr als 1000 russische Soldaten" innerhalb der Ukraine zeigen sollten. In diesem Zusammenhang fiel erstmals der Ausdruck "Invasion".

Die Angst vor einem "neuen Kalten Krieg"

Im September erklärte Poroschenko, wenn Russland mit seiner "Invasion" erfolgreich sei, stünde ein "neuer Kalter Krieg" bevor und bat die USA um Waffen und Militärhilfe. "Es ist auch Amerikas Krieg", fügte der Staatschef hinzu. Die USA lehnten die Waffenlieferungen jedoch bis auf weiteres ab.

Kurze Zeit später beschloss das Parlament in Kiew ein Gesetz über den Sonderstatus der Konfliktregion in der Ostukraine sowie eine Amnestie für die Separatisten. Das Gesetz sollte die Selbstverwaltungsrechte der Regionen Donezk und Lugansk stärken. Im Gegenzug sollten die Aufständischen auf ihre Forderungen nach Unabhängigkeit verzichten. Die Separatisten blieben jedoch zunächst skeptisch.

Kurs Richtung Europa

Ende Oktober setzten die Ukrainer ein eindeutiges Zeichen für die Hinwendung ihres Landes zum Westen. Bei der Parlamentswahl gewannen die Parteien mit EU-Kurs über 50 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Kommunisten hingegen verloren ihren Platz im Parlament. Als stärkste Partei ging die zu diesem Zeitpunkt erst kürzlich gegründete Volksfront von Ministerpräsident Arseni Janzenjuk aus der Wahl hervor.

Einigung im Gasstreit im Oktober

Kurz vor Wintereinbruch schafften es Russland und die Ukraine noch Frieden im Gasstreit zu schließen und sicherten damit auch die winterliche Energieversorgung Europas. Nach einer Marathonverhandlung einigten sich die Ukraine und Russland auf ein "Winterpaket" mit einem festen Gaspreis bis März 2015. Im November überwies die Ukraine schließlich 1,45 Milliarden US-Dollar als Teil der Schuldentilgung an den russischen Gasmonopolisten Gazprom. Bis Ende des Jahres sollen jedoch alles in allem 3,1 Milliarden US-Dollar an Russland gezahlt werden.

Drohende Staatspleite: Goldverkäufe, Preiserhöhungen, Währungsverfall

Trotz des Gasfriedens ist der drohende Staatsbankrott für die Ukraine jedoch nicht vom Tisch. Im Oktober verkaufte die Ukraine Gold in rauen Mengen, um die drohende Staatspleite noch einmal abzuwenden. Es handelte sich dabei um ein Drittel der Goldreserven. Russland hingegen stockte seine Goldbestände gleichzeitig üppig auf. Die EU-Sanktionen forderten auch von Russland ihren Tribut und machten letztendlich den Eingriff der russischen Zentralbank notwendig, um die russischen Goldminen-Betreiber zu schützen.

Daneben haben die ukrainischen Bürger unter stark erhöhten Energiepreisen zu leiden. "Es gibt keine andere Möglichkeit, als die Tarife auf Marktniveau anzuheben", erklärte Regierungschef Jazenjuk im Dezember. Die krisengeschüttelten Ukrainer sind jedoch kaum in der Lage die erneut angehobenen Gaspreise zu bezahlen. Erschwerend hinzu kommt der zunehmende Verfall der ukrainischen Währung Griwna. Die Währungsreserven der Ukraine erreichten im Dezember ein Zehnjahrestief. Erhält das Land keine neuen Kredite, droht erneut die Staatspleite. Aus diesem Grund bat Jazenjuk die EU und die internationale Gemeinschaft um schnelle, weitere finanzielle Unterstützung. "Es ist schwierig für uns, eine bis an die Zähne bewaffnete Atommacht zu bekämpfen", sagte der Regierungschef. Dies sei eine Aufgabe "für die gesamte Welt".

2015 - das "Jahr der Stabilisierung" ?

Mit Blick auf das neue Jahr verkündete Jazenjuk im Dezember, 2015 werde "das Jahr der Stabilisierung", 2016 hingegen "das Jahr der wirklichen Erholung". Seine Regierung glaube "fest daran, dass wir erfolgreich sein werden". Das mit der Ukraine geschlossene Assoziierungsabkommen, das vor einem Jahr den Ukraine-Konflikt ausgelöst hatte, solle nun umgesetzt werden. Mitte Dezember 2014 tagte bereits erstmals der EU-Ukraine-Assoziierungsrat. Auf dem Plan für 2015 steht eine internationale Geberkonferenz für die Ukraine. Wann diese stattfindet, hängt jedoch maßgeblich von den Reformschritten der Ukraine ab. EU-Komissar Hahn versicherte jedoch vorab, die EU werde weiter "ein Maß an finanzieller Hilfe ohne Beispiel leisten."

Rubel-Verfall in 2014 - die russische Währung verliert die Hälfte ihres Wertes

Nicht nur die Ukraine litt 2014 unter den Spannungen mit Russland, auch Russland selbst hatte im Jahresverlauf schwer an der Ukraine-Krise und ihren Folgen zu tragen. Bereits Ende Januar 2014 machte die erste Nachricht von einem Rubel-Rekordtief die Runde. Ursächlich war zu diesem Zeitpunkt noch die Währungskrise in den Schwellenländern, derer sich der Rubel nicht erwehren konnte. Bereits im März war der Grund für den Rubel-Verfall jedoch hausgemacht: Die Krim-Krise zog die russische Währung nach unten. Die Besetzung der ukrainischen Halbinsel durch russisches Militär mochte zwar unter der russischen Bevölkerung Beifallsstürme auslösen, für die russische Wirtschaft jedoch, kam sie einem Schlag in die Magengrube gleich - die Investoren hielten die Füße still. Letztendlich war es an der russischen Notenbank, das Ruder noch einmal herumzureißen. Sie hob den Leitzins im März von 5,5 auf 7,0 Prozent an - die stärkste Anhebung seit der Russland-Krise 1998. Das Vertrauen der Investoren gewann die russische Wirtschaft dadurch jedoch nicht zurück. Es folgte eine Serie von Rekordtief, die ab September richtig Fahrt aufnahm. Die Furcht vor einer Rezession der russischen Wirtschaft und den Sanktionen des Westens setzten die russische Landeswährung massiv unter Druck. Die Europäische Union und die USA jattem Sanktionen gegen den Energie-, Rüstungs- und Finanzsektor Russlands verhängt.

Das Bemühen der russischen Notenbank, die den Rubel mit den beträchtlichen Devisenreserven Russlands zu stützen versuchte, blieb weitgehend erfolglos. Vollkommen unbeeindruckt davon, brach die russische Währung auf den historischen Tiefstand von 50,20 Rubel je Euro ein. Das Mittel der Wahl war letztendlich erneut die Erhöhung des Leitzins. Ihn hob die Zentralbank Ende Oktober auf 9,5 Prozent an.

Keine Grenzen für den Rubel

Im November gab die russische Zentralbank ihre bisherige Wechselkurspolitik schließlich auf. Die täglichen Kontrollen des Rubelkurses durch Marktinterventionen sollten eingestellt und die russische Währung künftig auf dem Finanzmarkt frei handelbar sein. Der Kurs sollte sich nun am Markt bilden. Auf diese Neuigkeit reagierte der Rubel mit einem kräftigen Satz nach oben. Doch die Rubel-Freigabe war mit der taumelnden russischen Wirtschaft im Rücken nicht ohne Risiko und letzten Endes auch kein Heilmittel gegen die Währungskrise.

Verzweifelte Maßnahmen

Anfang Dezember war ein US-Dollar ganze 52,2 Rubel wert. Der Ölpreisverfall und die weiterhin belastenden Wirtschaftssanktionen des Westens setzen der russischen Währung kontinuierlich zu. Die Zeit schien reif für verzweifelte Maßnahmen.

Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte daraufhin "harte" Maßnahmen gegen Rubel-Spekulanten an und erklärte, er wolle versuchen, der zunehmenden Kapitalflucht Einhalt zu gebieten. Im Zuge dessen plant der Kremlchef einen Straferlass für Reiche, sollten diese ihr Kapital aus den Steuer-Oasen wieder zurück ins Land bringen.

Auch die Notenbank reagierte. Mitte Dezember wurde der Leitzins zunächst um ein Prozent auf 10,5 Prozent angehoben. Diese Maßnahme enttäuschte jedoch die Märkte, die mit einem höheren Zinsschritt gerechnet hatten. Die Folge: Der Rubel setzte erneut zum Sturzflug an. Im Handelsverlauf kostete ein Rubel bis zu 55,48 US-Dollar - ein neuerliches Rekordtief.

Nur wenige Tage später entschied sich die Zentralbank zu einem drastischen Schritt: Sie erhöhte den Leitzins nochmals um 6,5 Prozentpunkte auf 17 Prozent. Auch dieser dramatische Schritt verpuffte noch im Laufe des Handelstages. Schon am Mittag kostete ein Dollar erstmals mehr als 70 Rubel und erreichte wenig später mit 73,8 Rubel ein neues Rekordhoch.

Im Jahresverlauf hat der Rubel damit mehr als die Hälfte seines Wertes eingebüßt.

Autofahrer jubeln, Märkte unter Druck: Der Verfall der Ölpreise

Den Ölpreisen wurde im Jahr 2014 eine Kombination aus Überproduktion und schwächelnder Nachfrage zum Verhängnis. Dabei schienen die Rohölpreise zur Jahresmitte noch nach ungeahnten Höhen zu streben. Befeuert von den Krisen in der Ukraine und aufgrund des überraschenden Vormarsches der Terrormiliz Islamischer Staat im Irak, wurde im Juni der Höchststand beim Ölpreis WTI von 106,65 Dollar erreicht. Auto- und Luftfahrtaktien wie die Lufthansa-Aktie gerieten dadurch im Sommer stark unter Druck.

Das Blatt wendete sich jedoch plötzlich zur Jahresmitte. Seit dem Sommer haben sich die Ölpreise halbiert. Der Grund ist simpel: Anbieter mit geringeren Produktionskosten, machten den Saudis, Kuweitis und Emiraten das Leben schwer. Hinzu kam eine schwächelnde Nachfrage im Sommer. Das Resultat: Die Lager waren voll, die Preise setzten zum Sinkflug an.

Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) hätte das Ruder noch einmal herumreißen können. Doch das Kartell entschied sich am Jahresende dafür, die Förderquote nicht zu verringern und besiegelte damit den neuerlichen Sturz der Rohölpreise. Die Saudis, die bislang eine Art regulierende Funktion im Ölmarkt innehatten, haben ihre Marktmacht offenbar einbüßen müssen und stehen selbst unter Druck, aufgrund der Konkurrenz durch US-Schieferöl, steigende irakische Exporte und Billigöl aus dem Iran.

Die extrem niedrigen Spritpreise ließen die Autofahrer kurz vor Weihnachten jubeln, jedoch scheint ein Ende des Preisverfalls bereits in Sicht. So ließ Anfang Dezember Goldman Sachs verlauten, der Ölpreis werde nicht mehr weiter fallen. Er habe ein Niveau erreicht, bei dem die Angebotsseite in absehbarer Zeit reagieren dürfte. Bislang lässt jedoch eine Bodenbildung noch auf sich warten.

Krisenjahre sind Goldjahre - oder nicht?

Nach der Regel, wonach sich Anleger in Krisenzeiten in den "sicheren Hafen" Gold flüchten, hätte das Jahr 2014 ein glänzendes Jahr für den Goldpreis werden müssen. Am Jahresende haben die Goldanleger jedoch nur wenig Grund zum Feiern. Mit Müh und Not hat sich der Goldpreis im Dezember stabilisiert. Kurz vor Weihnachten war die Feinunze Gold 1.197 Dollar wert. Ins Jahr gestartet war das Edelmetall bei 1.224 Dollar je Feinunze. Ein mageres Ergebnis, bedenkt man, dass das Jahr 2013 das schlechteste Goldjahr seit 2010 gewesen war mit einem Tiefststand von 1.180 Dollar pro Feinunze. Dabei wartete das Jahr 2014 mit Krisen in Hülle und Fülle auf.

Auftrieb kam gelegentlich von der US-Notenbank, die mehrmals beteuerte, der Leitzins bleibe noch für "beträchtliche Zeit" auf seinem niedrigen Niveau. Auch der schwache Dollar am Jahresanfang konnte den Goldpreis etwas antreiben.

Erst als die Ukraine-Krise im Frühjahr zunehmend weitere Eskalationsstufen erklomm, kam der Goldpreis jedoch richtig in Fahrt. Im März erreichte das Edelmetall mit 1.388,35 Dollar die Feinunze seinen Jahreshöchstwert.

Im Sommer nahm die Goldpreiseuphorie jedoch ein jähes Ende, als die Rekordjagd an den Aktienmärkten Fahrt aufnahm. Im Freudentaumel der DAX-Höchststände, die im Sommer sogar die 10.000-Punkte-Marke übersprangen, rückte die Ukraine-Krise für einige Zeit aus dem Blickfeld der Anleger. Ein gestärkter Dollar und gute Konjunkturaussichten in den USA schickten den Goldpreis Ende Oktober endgültig auf Talfahrt. Sein Jahrestief erreichte das Edelmetall Anfang November mit 1.138 Dollar. Offenbar hatten die Anleger wieder genug Vertrauen in die Wirtschaft gefasst, um sich nicht in den vermeintlich sicheren Hafen Gold zu flüchten. Ein Referendum in der Schweiz im November untermauerte diese These. Die Eidgenossen hatten wie im Vorfeld erwartet gegen eine starke Erhöhung der nationalen Goldreserven gestimmt. Ein "Gold-Jahr" war 2014 somit nicht - im Gegenteil. Im Vergleich zum Jahresanfang notiert der Goldpreis um die Weihnachtszeit fast 100 Punkte niedriger.

Bildquellen: Barcin / istockphoto

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