IW: Firmen sehen AfD-Pläne zu Steuern, EU, Migration und Energie kritisch
Von Andrea Thomas
DOW JONES--Die Steuerpläne der AfD würden nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) die Handlungsfähigkeit des Staates stark einschränken und höhere Einkommen stärker entlasten als Haushalte mit niedrigem Einkommen. Die europapolitischen Vorschläge der AfD würden bei einem Austritt aus der Europäischen Union (EU) nach nur fünf Jahren laut IW-Schätzung 690 Milliarden Euro kosten und 2,5 Millionen Arbeitsplätze auslöschen. Dabei wäre der Austritt aus dem Euro noch nicht eingerechnet.
"Kein anderes Thema wird von Unternehmen so kritisch gesehen wie die europapolitischen Vorschläge", heißt es in dem Gutachten des IW. In einer Umfrage erkennen 77 Prozent der Unternehmenslenker in Deutschland im AfD-Erstarken ein Risiko "für den Bestand der Europäischen Union und des Euros", so das IW. Lediglich 3,4 Prozent sehen darin eine Chance.
Die AfD-Forderungen nach Steuersenkungen summieren sich laut IW auf 181 Milliarden Euro jährlich, was 20 Prozent der Gesamtsteuereinnahmen entspreche. Das allein würde die staatliche Handlungsfähigkeit stark einschränken, so das IW. Dies gelte umso mehr, da die Partei eine massive Erhöhung der Renten auf 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens fordere - inklusive eines enormen Zuschusses aus Steuermitteln des Bundes zur Rentenversicherung.
"Die einkommensteuerpolitischen Vorschläge der AfD ähneln denen einer wirtschaftslibertären Partei. Höhere Einkommen sollen stark und niedrigere Einkommen schwächer entlastet werden", erklärt das arbeitgebernahe Institut. Für eine Doppelverdiener-Familie bedeutete dies Entlastungen von knapp 8.000 Euro respektive 5,9 Prozent des Bruttoeinkommens. Für Geringverdiener-Familien fielen Entlastungen auch anteilig deutlich geringer aus.
Ausländische Fachkräfte machen Bogen um AfD-Hochburgen
Die Migrationspolitik der in Teilen gesichert rechtsextremen Partei zeigt laut IW Wirkung auf die begehrten ausländischen Fachkräfte. Gefragt nach den "akuten betrieblichen Auswirkungen" der politischen Entwicklung, benennt einer Umfrage zufolge knapp die Hälfte der Hauptgeschäftsführer von Wirtschaftsverbänden "Schwierigkeiten, in AfD-Hochburgen Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen".
"Dabei kann die aus der Demografie erwachsende Krise nur mit ausländischen Erwerbstätigen ausgeglichen werden", erklärte das IW. "Die Zuwächse an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Ostdeutschland wären in den vergangenen Jahren ohne Zuwanderung aus Drittstaaten nicht möglich gewesen."
Deutschlandweit erwirtschafteten laut IW die 6,7 Millionen ausländischen Beschäftigen 13,2 Prozent der Bruttowertschöpfung - allein 3,4 Prozentpunkte gingen auf die seit 2018 hinzugekommenen ausländischen Beschäftigten zurück. Nehme man die vor- und nachgelagerten Impulse dieser Tätigkeiten hinzu, steige die wirtschaftliche Bedeutung sogar auf 16,9 Prozent (648 Milliarden Euro).
Unternehmen sehen außerdem die Transformationspolitik der AfD kritisch. Denn der vorgesehene Windrad-Abbau, Kernenergie-Wiedereinstieg, Nordstream II-Reparatur kombiniert mit Abgaben- und Steuerentlastungen verfange bei den Unternehmen nicht. So erkennen 67,2 Prozent der befragten im langfristigen Erstarken der Partei ein Risiko für die Transformationspolitik und nur 7 Prozent eine Chance. Aus der Wirtschaft wird die Partei in Schulnoten für ihre Energiepolitik im Durchschnitt mit einem glatten "mangelhaft" abgestraft, so das IW.
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February 18, 2025 05:00 ET (10:00 GMT)