IPO

Experten hoffen bei Börsengängen auf 2010

19.12.09 20:00 Uhr

Der Markt für Börsengänge in Deutschland dürfte nach Einschätzung von Experten im kommenden Jahr spürbar anziehen.

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

„Für 2010 bereiten wir derzeit mehrere Börsengänge vor“, sagt Joachim von der Goltz, bei der US-Bank JP Morgan für das IPO-Geschäft im deutschsprachigen Raum verantwortlich. Nach dem enttäuschenden IPO-Jahr 2009 erwartet von der Goltz für 2010 die Trendwende: „Die Cashquote bei institutionellen Investoren schätzen wir auf deutlich mehr als acht Prozent. Zudem fließt auch wieder deutlich mehr Liquidität aus den USA nach Europa. Und die Renditeerwartungen in anderen Anlageklassen, wie Anleihen etwa, sind im Vergleich zu Aktien stark zurückgegangen.“

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Vor allem im Bereich Umwelttechnik stehen die Kandidaten Schlange. Einer Umfrage der US-Bank Jeffries zufolge, die Euro am Sonntag exklusiv vorliegt, halten 80 Prozent der Fondsmanager eine Erholung des Geschäfts mit IPOs aus dem Ökobereich für sehr wahrscheinlich. Allerdings dürften es nur wenige Firmen tatsächlich auch aufs Parkett schaffen. Als Beleg dafür sehen Experten den jüngsten IPO-Flop bei Scan Energy.

In Deutschland erwartet Armin Heuberger, der für die UBS das Kapitalmarktgeschäft in Deutschland leitet, bei Börsengängen ein Emissionsvolumen zwischen drei und sechs Milliarden Euro. Finanzinvestoren, die über viele potenzielle Börsenkandidaten verfügen, werden nach Heubergers Einschätzung häufig die positive IPO-Stimmung nutzen, um zweigleisig zu fahren. Erst im November hatte etwa BC Partners den Kabelnetzbetreiber Unity Media an den US-Medienkonzern Liberty Media verkauft und Pläne für einen IPO aufgegeben.

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Das Eis brechen sollen im kommenden Jahr die größeren Börsengänge mit einem Emissionsvolumen von mehr als 500 Millionen Euro. „Erst wenn Dickschiffe erfolgreich sind, werden sich auch die kleineren Firmen auf das Parkett wagen“, sagt ­Andreas Bernstorff, Europa-Kapitalmarktexperte der US-Bank Citigroup. Es werde keine Präferenz für Branchen geben, sagt Bernstorff. „Gute Karten haben Firmen, deren Geschäftsmodelle gezeigt haben, dass sie auch in einem schwierigen Umfeld moderat wachsen können.“

Bei Brenntag, dem weltweit größten Händler von Chemikalien, laufen die Vorbereitungen für einen Börsengang bereits auf Hochtouren. Finanz­investor BC Partners hat das Mandat nach Reuters-Informationen an die Deutsche Bank, Goldman Sachs, JP Morgan und Bank of America, Tochter von Merrill Lynch, vergeben. Gemessen am Umsatz von 7,4 Milliarden Euro, liegt Brenntag knapp vor dem Dialysespezialisten Fresenius Medical Care. Brenntag gilt als MDAX-Kandidat. BC Partners hatte den Konzern aus Mülheim an der Ruhr 2006 für mehr als drei Milliarden Euro gekauft. Beim IPO im ersten Halbjahr 2010 will der Finanz­investor Aktien im Wert von bis zu 1,5 Milliarden Euro platzieren. Allerdings werde das Umfeld wie auch in diesem Jahr ein Käufermarkt bleiben, sagt Experte von der Goltz: „Die Investoren wissen, dass der Markt gut gelaufen ist, und wollen Börsengänge nicht auf dem Höhepunkt der Bewertung zeichnen.“

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Auch der britische Fondsanbieter Gartmore, der mit 380 Millionen Euro am 11. Dezember den letzten größeren europäischen Börsengang für 2009 absolvierte, schaffte das nur mit deutlichem Preisabschlag. Der zunächst als sicher geltende ­milliardenschwere Börsenstart von Hochtief Concessions, einer Infrastrukturtochter des Baukonzerns Hochtief, scheiterte unlängst, weil die Eigentümer auf ihren Preisvorstellungen beharrt hatten.

Im Geschäft mit Börsengängen verblassten Deutschland, Europa und die USA im Krisenjahr 2009 gegen­über den Schwellenländern, allen voran China. Mit IPOs im Wert von mehr als 44 Milliarden Dollar wird 2009 für China nach Daten des Dienstleisters Dealogic das drittbeste Jahr. Nur 2007 mit gut 66 Milliarden und 2006 mit 54 Milliarden Dollar waren besser. Dagegen summieren sich IPOs in den USA auf 15 Milliarden, in Europa auf sieben Milliarden. In Deutschland blieb es bei gerade mal 51 Millionen Dollar.