Investment-Idee

Türkische Aktien haben ihren Reiz

09.11.10 12:00 Uhr

Der wirtschaftliche Aufschwung in der Türkei befeuert die Börsen. Trotz ­einiger Probleme sehen Experten die Zukunft des Landes weiter positiv. Über Index- oder Fonds-Investments können Anleger in diversifizierter Form auf türkische Aktien setzen.

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von Thomas Seibert, Istanbul

Istanbul ist eine einzige Baustelle. Kipper und Betonlaster verstopfen die Durchgangs­straßen der 15 Millionen Einwohner zählenden Metropole; risikofreudige Unternehmer ziehen mehrere Komplexe aus Wohnsiedlungen, Einkaufszentren und Hotels gleichzeitig hoch; selbst tief unter dem Wasser des Bosporus wird gegraben und gebaut: Das milliardenschwere Mar­maray-Bahnprojekt soll den euro­päischen mit dem asiatischen Teil der Metropole verbinden und nach Fertigstellung mehrere Zehntausend Menschen pro Stunde von einem Erdteil in den anderen bringen.

Die Zeichen des Aufschwungs sind auch über der Erde nicht zu übersehen. Die beiden Flughäfen von Istanbul sind trotz kürzlich erfolgter Erweiterungen und Modernisierun­gen so überlastet, dass die Regierung über den Bau eines dritten Airports in der Stadt nachdenkt.

Auch die Börse boomt: Die Kurse an der Istanbuler Börse haben seit Jahresbeginn um fast 30 Prozent zugelegt, mehrere Ratingagenturen haben ihre Noten für die Türkei vor Kurzem hochgestuft. Wäre die Türkei heute schon EU-Mitglied, besäße sie die sechstgrößte Volkswirtschaft der Union. Mitglied in den G 20 ist sie bereits. Das Land zieht heute mehr Menschen aus Deutschland an, als es in die Bundesrepublik schickt. Unter den Rückkehrern sind viele gut qualifizierte Männer und Frauen, die in der Türkei bessere Chancen für ihre Karriere sehen als in Deutschland.

Dabei stand das Land erst vor knapp zehn Jahren vor dem Staatsbankrott, als reihenweise Banken pleitegingen und die Wirtschaft um fast zehn Prozent schrumpfte. Die Türkei ist heute Lichtjahre von den damaligen Zuständen entfernt. Sie ist stabiler, wohlhabender und selbstbewusster – und sie hat erstmals in der Geschichte des Landes einen wachsenden Mittelstand, der nicht nur einen riesigen Nachholbedarf an Autos, Wohnungen und Haushaltsgeräten hat, sondern auch das Geld, sich zumindest einige Träume des bürgerlichen Wohlstands zu erfüllen.

Ein Paradies ist die Türkei aber trotzdem nicht. Die Aufwärtsbewegung ist nicht zuletzt deshalb so atemberaubend, weil sie von einem sehr niedrigen Sockel aus begann. Zudem bleibt die Türkei auf absehbare Zeit ein Schwellenland mit allen damit verbundenen Risiken für Investoren. Auch die moderne Türkei ist nichts für Anleger mit schwachen Nerven.

Nach einer beinahe rauschhaften Phase mit immer neuen Börsenre­korden stürzten die Kurse in Istanbul vergangene Woche steil ab, zwischenzeitlich fiel der Index in nur 20 Minuten um 1000 Punkte. Eine „normale und gesunde“ Korrektur sei das gewesen, sagte ein Händler hinterher schulterzuckend, doch jedermanns Sache sind solche Berg-und-Tal-Fahrten nicht.

Ein Grund für die Gelassenheit des Istanbuler Börsenhändlers sind die Erfahrungen der vergangenen Jahre und die guten mittelfristigen Aussichten für das Land. Zwischen der Krise von 2001 und dem Jahr 2010 liegt ein vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erzwungenes Reformpaket, das dem Land half, seine hohe Verschuldung abzubauen, alte Strukturen zu modernisieren und wettbewerbsfähiger zu werden. Als vor zwei Jahren im Westen die Finanzkrise und das große Bankensterben begann, geschah in der Türkei: nichts. Kein einziges türkisches Geldhaus musste aufgeben.

Auch wenn die stark von Exporten nach Europa abhängige Türkei die Krise spürte, kehrte sie viel schneller auf den Wachstumspfad zurück als andere Länder. Mit einem Wachstum von elf Prozent im ersten Halbjahr ließ das Land die Europäer weit zurück. Nach Einschätzung des IWF wird die Wirtschaft 2010 um knapp acht Prozent wachsen.


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Seit der Krise von 2001 hat sich das Bruttoinlandsprodukt des Landes mehr als verdoppelt und liegt laut IWF inzwischen bei etwa einer Billion Dollar pro Jahr, das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen nach Kaufkraftparität bewegt sich mit rund 13 400 Dollar pro Jahr im unteren EU-Bereich.

Ausländische Direktinvestitio­nen von bis zu 20 Milliarden Dollar im Jahr zeugen von einem gestiegenen Vertrauen der Anleger, das nicht zuletzt auf den stabilen politischen Verhältnissen in Ankara beruht. Bis zum Jahr 2002 gaben sich in der ­Türkei kurzlebige Koalitionsregierungen die Klinke in die Hand, deren Lebensspanne meist nicht für planvolles wirtschaftliches Handeln ausreichte. Die Regierungsübernahme der islamisch geprägten AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor fast genau acht Jahren änderte das. Die stabile Einparteienregierung hielt sich strikt an die Vorgaben des IWF und konnte es sich leisten, auch über den Tag hinaus zu planen. Sie reformierte die früher stark inflationsgeplagte Währung, leitete das größte Privatisierungsprogramm in der Geschichte des Landes ein und schlug einen wirtschaftsliberalen Kurs ein, der von politischen Refor­men im Rahmen der türkischen EU-Bewerbung flankiert wurde.

Viel Geld wird in die Verbesserung der Infrastruktur gesteckt. So ließ die Regierung seit 2003 rund 11000 Straßenkilometer doppelspurig ausbauen. Die Modernisierung von Zugverbindungen zwischen den Großstädten Istanbul, Ankara und Izmir sowie eine dritte Autobahn­brücke über den Bosporus in Istanbul sind in Planung.

Erst kürzlich legte Erdogan den Grundstein für eine neue Autobahn zwischen Istanbul und Izmir, die 5,5 Milliarden Euro kosten und in fünf Jahren fertig sein soll – in­klusive des Baus der mit 1,7 Kilo­metern zweitlängsten Hängebrücke der Welt. Der Ausbau des Verkehrsnetzes ist dringend nötig. Allein die Zahl der Privatfahrzeuge auf den Straßen der Türkei hat sich mit derzeit rund zwölf Millionen Wagen seit 2001 in etwa verdoppelt.

Der Erfolg ruht auf drei Säulen: dem Export, dem Standortvorteil der Türkei als regionaler Basis für internationale Unternehmen und der wachsenden Inlandsnachfrage. Bei den Ausfuhren hat sich besonders die Automobilindustrie zu einem wichtigen Motor des Aufschwungs entwickelt. Weltunternehmen wie Fiat oder Toyota lassen in der Türkei jährlich rund 800 000 Wagen für den internationalen und den türkischen Markt bauen, Renault fertigt ab dem kommenden Jahr im nordwesttürkischen Bursa die Elektroversion des Fluence.

Auch im Elektronikbereich spielt die Türkei als Fertigungsstandort für Europa eine große Rolle. Etwa ­jedes zweite Elektrogerät in euro­päischen Haushalten – vom Kühlschrank bis zum Flachbildfernseher – stamme heute aus der Türkei, erklärte der EU-Minister Egemen ­Bagis kürzlich. Die Textilbranche als angestammte türkische Exportbranche rundet ein Bild ab, das der britische Premierminister David Cameron kürzlich auf die Formel brachte, die Türkei sei der „BRIC Europas“ – in Anlehnung an die aufstrebenden Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China.

Neben der Rolle als Produktionsstandort hat sich die zwischen Ost und West strategisch günstig gelegene Türkei als regionaler Stützpunkt für international agierende Unternehmen einen Namen gemacht. Der deutsche Süßwarenhersteller Haribo ist eine der Firmen, die von der Türkei aus die ganze Nahostregion betreuen. Weltfirmen wie Microsoft und Coca-Cola halten es ähnlich. Inzwischen gibt es mehr als 23 000 Unternehmen mit ausländischer Beteiligung im Land, 4000 davon kommen aus Deutschland.

Sorgen bereiten die hohe Arbeitslosigkeit von rund zehn Prozent, das Außenhandelsdefizit, die Korruption sowie die beträchtlichen Ungleichgewichte in der regionalen Entwicklung. Während westliche Landesteile wie die Region um Istanbul für sich genommen problemlos EU-fähig wären, hinkt der verarmte Osten des Landes weit hinterher. Der immer wieder aufflammende Kurdenkonflikt schreckt weiterhin viele Investoren ab: Erst Ende Oktober verübte ein Selbstmordattentäter einen Anschlag auf eine Polizeieinheit im Zentrum Istanbuls.

Immerhin sind sich Regierung und Experten aber einig, dass es dank der strukturellen Veränderungen seit dem Krisenjahr 2001 auf mittlere Sicht mit dem Land eher weiter nach oben als nach unten geht – die Zeiten des halsbrecherischen „boom and bust“ scheint die Türkei hinter sich zu haben.

Investor-Info

Türkische Volkswirtschaft
Zurück auf Wachstumskurs
Die Finanzkrise hat die türkische Volkswirtschaft 2009 hart getroffen. Vor allem die nachlassenden Exporte stürzten das Land in eine Rezession. Seither nimmt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aber wieder deutlich zu.
Im kommenden Jahr dürfte das BIP aufgrund der nach­lassenden Dynamik des Welthandels allerdings etwas weniger stark wachsen.(pg)

Börse Istanbul
ISE 100 auf Rekordkurs
Der türkische Auswahlindex ISE 100 hat seit 2008 über 180 Prozent zugelegt und ein neues Allzeithoch erklommen. Dennoch sind die 100 wichtigsten Unternehmen der Türkei mit einem durchschnittlichen 2010er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von zwölf noch moderat bewertet.(pg)

Topfonds Türkei
HSBC GIF Turkey Equity AC
Der HSBC GIF Turkey Equity ist unter den Türkei-Aktienfonds erste Wahl. Das Portfolio hat die Konkurrenz kurz-, mittel- und langfristig weit hinter sich gelassen. In den vergangenen drei Jahren warf der Fonds rund 53 Prozent Gewinn ab. Das von Frank Joachim und Namik Aksele ­betreute Portfolio setzt derzeit stark auf Finanzwerte wie Turkiye Is Bankasi, die vom Aufschwung im Land profitieren. Zur Beimischung.(pg)

Zertifikate
Auf den Index setzen
Anleger, die direkt auf den türkischen Aktienmarkt setzen wollen, können dies sehr einfach via Zertifikate tun. So bildet das endlos laufende Türkei-ISE-30-Zertifikat von RBS (ISIN: NL 000 046 000 4) die Wertentwicklung des ISE-30-Index 1 : 1 ab. Dieser umfasst die Aktien von 30 Unternehmen, selektiert nach Kriterien wie Markt­kapitalisierung und Liquidität. Das Zertifikat hat sich wie der Index zuletzt sehr gut entwickelt. Problematisch: Es ist nicht währungsgesichert, unterliegt also Währungsschwankungen. Noch besser lief, mit einem Plus von 75 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten, der Türkei-Value-Basket der österreichischen Raiffeisen Centrobank (ISIN: AT 000 0A0 61E 6). Der Aktienkorb umfasst aktuell 14 Value-Werte. Ebenfalls nicht währungsgesichert.(jos)

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Nachrichten zu Turkiye Is Bankasi A.S.

Analysen zu Turkiye Is Bankasi A.S.

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17.08.2011Turkiye Is Bankasi buyUniCredit Research
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17.08.2011Turkiye Is Bankasi buyUniCredit Research
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