Chefvolkswirt Krämer: Auf Dividendenwerte und Globalisierungsgewinner setzen
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer spricht im Interview mit Euro am Sonntag über die Griechenland- und Eurokrise. Und verrät, welche Strategien Anleger fahren sollten.
Werte in diesem Artikel
von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag
€uro am Sonntag: Worauf sollten Anleger bei der Auswahl von Aktien jetzt besonders achten?
Jörg Krämer: Die immer noch fallenden Immobilienpreise und die notwendige Sanierung der öffentlichen Haushalte werden das Wirtschaftswachstum im Euroraum in den kommenden ein, zwei Jahren dämpfen. Die Unternehmen außerhalb des Euroraums, also in Asien oder in den USA, werden ihre Gewinne deutlicher steigern können. Anleger sollten daher nach Globalisierungsgewinnern Ausschau halten.
Gibt es Branchen oder Titel, die von der Griechenland- und Eurokrise kaum betroffen sind oder sich gerade jetzt für ein Investment eignen?
Mit der Griechenland-Krise ist der Euro stark unter Druck geraten. Einige Exportunternehmen aus den Sektoren Auto, Chemie und Maschinenbau, die in den letzten Jahren unter dem starken Euro gelitten hatten, haben sich zuletzt an den Aktienmärkten deutlich erholen können. Auf Jahressicht sollte der Euro weiter abwerten und die hierzulande produzierten Güter aus Sicht ausländischer Kunden verbilligen. Die genannten Sektoren sollten außerdem davon profitieren, dass sie überproportional in den stark wachsenden Regionen der Welt vertreten sind.
Hilft es, bei der Auswahl von Titeln auf die Dividendenrendite zu setzen?
In den vergangenen 20 Jahren haben die DAX-Unternehmen ihre Gewinne um durchschnittlich 15 bis 20 Prozent pro Jahr steigern können. Davon hatte der Dax sehr stark profitiert, die Dividende war als Anlagekriterium nicht so wichtig. Aber im kommenden Jahrzehnt werden die Unternehmen ihre Gewinne nicht mehr so stark steigern können. Ein guter Teil der Aktienerträge wird daher aus Dividenden kommen. Anleger sollten neben Globalisierungsgewinnern dividendenstarke Aktien im Blick haben.
Viele Anleger sind verunsichert, manche schichten angeblich bereits in Sachwerte wie Immobilien oder Gold um. Ist diese Strategie sinnvoll?
Gold sollte man nicht primär kaufen, um von eventuell steigenden Preisen zu profitieren. Vielmehr ist Gold eine Art Lebensversicherung für den sehr unwahrscheinlichen Fall einer Währungsreform. Gold sollte man kalt und nicht heiß lieben.
Sind Aktien angesichts der Performance im vergangenen Jahrzehnt überhaupt noch ein sinnvolles Investment?
Die Volkswirtschaften der westlichen Welt werden sich noch lange mit niedrig ausgelasteten Kapazitäten herumschlagen. Die Wirtschaftspolitik reagiert weltweit auf die Finanzkrise und reguliert die Wirtschaft mehr. Die Rahmenbedingungen sind nicht so günstig wie in den 80er und 90er Jahren, die durch eine fallende Inflation und einen Siegeszug der Marktwirtschaft geprägt waren. Aber überhaupt nicht in Aktien zu investieren, wäre unklug. Das zeigt das vergangene Jahr, als der Dax um 20% zugelegte. Aktien gehören nach wie vor in jedes ausgewogene Portfolio.
Mit KDG und Brenntag könnte es noch im Frühjahr erstmals wieder Milliardenbörsengänge geben: Rechnen Sie damit, dass der IPO-Markt wieder in Gang kommt?
Wir denken, es wird ähnlich verlaufen wie nach der letzten Börsenkrise. Im Rezessionsjahr 2003 gab es trotz DAX-Rally keinen Börsengang in Deutschland, ähnlich wie im Rezessionsjahr 2009. 2004 ging dann das Emissions-Fenster zeitweise auf, und auch 2010 könnten einige Börsengänge gelingen. Richtig in Gang gekommen ist der Markt dann jedoch 2005, als sich die Investoren an eine wieder restriktiver werdende Geldpolitik gewöhnt hatten. Ab 2011 erwarten wir daher regelmäßig Neuemissionen in Deutschland.
Welchen Dax-Jahresendstand halten sie für realistisch?
Die Erholung sollte den DAX deutlich über 6000 Punkte tragen.
Zahlreiche Länder ächzen unter einer hohen Verschuldung. Ist Griechenland
nur die Spitze eines Eisbergs?
Hohe Defizite und Staatsschulden, stark gestiegene Löhne, geringe Produktivitätsfortschritte, schlechte Rahmenbedingungen fürs Wirtschaften - trotz aller Unterschiede leiden die meisten Peripheriestaaten unter ähnlichen Problemen wie Griechenland. Eine Ausnahme ist Irland. Das Land hat einen flexiblen Arbeitsmarkt, schaut der Realität ins Auge und hat schmerzhafte Reformen beschlossen.
Soll die EU Griechenland retten?
Irland macht vor, dass es auch ohne Hilfe von außen geht. Nachdem die Europäer den Griechen indirekt Hilfen in Aussicht gestellt haben, müßte es eigentlich möglich sein, dass sie sich die benötigten Mittel selbst am Kapitalmarkt beschaffen.
Soll der IWF Griechenland helfen?
Wie die europäischen Institutionen ist auch der internationale Währungsfonds nicht immun
gegen Druck von außen. Aber er hat viel Erfahrung mit Hilfsmissionen. Außerdem steht er außerhalb der politischen Institutionen Europas. Er kann Proteste gegen seine Auflagen besser aushalten. Der IWF wäre wohl am ehesten geeignet, im Notfall Hilfe für Griechenland zu organisieren. Allerdings glaube ich nicht, dass sich die Europäer das Heft des Handels aus der Hand nehmen lassen.
Sind die Androhung von Sanktionen gegen Hedgefonds oder ein Verbot von
Ausfallversicherungen (CDS) geeignete Mittel, um Spekulationen gegen den
Euro und Griechenland zu unterbinden?
Die Märkte zweifeln nicht grundlos an Griechenland. Sie werden immer Möglichkeiten finden, ihr Mißtrauen auszudrücken. Man sollte sich darauf konzentrieren, die Ursachen und nicht die Symptome zu bekämpfen.
Welche Konsequenzen hätte ein Scheitern der Währungsunion für die Aktien-
und Finanzmärkte?
Das wäre natürlich ein Horrorszenario für die eng verflochtenen europäischen Volkswirtschaften. Aber genau deshalb würden die Europäer Griechenland im Fall der Fälle Griechenland helfen.
Zahlreiche Länder ächzen unter einer hohen Verschuldung. Ist Griechenland
nur die Spitze eines Eisbergs?
Hohe Defizite und Staatsschulden, stark gestiegene Löhne, geringe Produktivitätsfortschritte, schlechte Rahmenbedingungen fürs Wirtschaften - trotz aller Unterschiede leiden die meisten Peripheriestaaten unter ähnlichen Problemen wie Griechenland. Eine Ausnahme ist Irland. Das Land hat einen flexiblen Arbeitsmarkt, schaut der Realität ins Auge und hat schmerzhafte Reformen beschlossen.
Wie gravierend schätzen Sie die Verschuldungsproblematik in Deutschland
ein?
Vor Ausbruch der Krise hatte Deutschland einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Deshalb ist das Defizit 2009 bei weitem nicht so stark gestiegen wie in anderen Ländern. Für dieses Jahr erwarte ich einen Fehlbetrag von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für Deutschland ist es weniger schwer als für die meisten anderen Staaten die Defizitquote mittelfristig auf unter drei Prozent zu senken und damit die Vorgaben des Stabilitätspaktes zu erfüllen.
Wie stark schränkt der Schuldenabbau in Deutschland die
Wachstumsmöglichkeiten in den nächsten Jahren ein?
Ein wenig Wachstum wird es kosten, das Defizit auf unter 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken. Aber was ist die Alternative? Ließe man die Defizite wie in Griechenland aus dem Ruder laufen, erschütterte man das Vertrauen der Menschen. Das würde die Wirtschaft wirklich schädigen, nicht aber eine Haushaltskonsolidierung mit Maß.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Pixelio
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