Die geheimen Botschaften der Firmenbosse
Die Börse ist unter Druck und höchst volatil. Manche Vorstände und andere Insider nutzen dies und kaufen Aktien ihrer Unternehmen günstig ein. Für Privatanleger kann das ein wichtiges Signal sein.
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von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Sind Frauen an der Börse etwa mutiger? Unbeirrt von den Risiken der Staatsschuldenkrise kaufte die Gattin des neuen Beiersdorf-Chefs Stefan Heidenreich Anfang April für fast fünf Millionen Euro Aktien des Nivea-Konzerns. Im Mai steckte die Ehefrau von Ströer-Chef Udo Müller annähernd 200.000 Euro in Anteile am Kölner Werbeunternehmen.
Die Käufe sind nicht nur Vertrauensbeweis gegenüber dem Ehemann. Aktiendeals von Führungskräften oder deren Familienangehörigen gelten unter Börsianern als wichtiges Signal. Schließlich sollten die Topmanager am besten einschätzen können, wie die Zukunftsaussichten eines Unternehmens sind.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Insider erzielen mit ihren Aktiendeals eine überdurchschnittliche Rendite. Die Frankfurter Analysefirma 2iQ Research hat für die Jahre 2002 bis 2010 mehr als 10.000 Insidertransaktionen bei deutschen Unternehmen analysiert. Insider haben demnach mit ihren Käufen eine deutliche Überrendite erzielt. Auf Sicht von zwölf Monaten lag sie bei sieben Prozentpunkten. Auch Verkäufe haben sich demnach gelohnt: In den zwölf Monaten nach der Transaktion entwickelte sich der Kurs der jeweiligen Aktie neun Prozent schlechter als der Index.
Grund genug für Anleger, genau hinzuschauen, wenn Insider aktiv werden. Das ist möglich, weil Führungskräfte und deren Angehörige laut Aktiengesetz verpflichtet sind, ihre Transaktionen zeitnah zu veröffentlichen (siehe Investor-Info unten).
Das Problem für Privatinvestoren, die diese Informationen für ihre eigenen Geschäfte nutzen wollen: Nicht jeder Insider ist wirklich ein guter Ratgeber. Manche Manager neigen dazu, die Aussichten ihres Unternehmens chronisch zu überschätzen. Außerdem muss ein guter Insider einschätzen können, ob sein Unternehmen an der Börse über- oder unterbewertet ist. Oft sind auch einfach private Gründe ausschlaggebend, etwa wenn der Vorstand ein Haus kaufen will und zur Finanzierung Aktien abstößt.
Grob kalkuliert lässt sich die Zuverlässigkeit von Insidern nach mehreren Kriterien einordnen. „Ein Vorstandsvorsitzender kann die Aussichten eines Unternehmens meist besser einschätzen als ein Aufsichtsrat. Bei kleineren, eher regional aufgestellten Unternehmen wiederum fällt es dem Chef leichter, die Geschäftsaussichten zu bewerten, als bei einem global aufgestellten Konzern“, beobachtet Patrick Hable von 2iQ Research. Keine Aussagekraft habe hingegen das Volumen einer Transaktion.
Privatanleger sollten stets die Umstände eines Insiderdeals prüfen. Wenn etwa ein neuer Vorstandschef Aktien kauft und eine verhältnismäßig kleine Summe investiert, kann das einfach nur als symbolische Geste gedacht sein. In einigen Fällen wird vom Arbeitgeber sogar erwartet, dass sich der neue Chef am Unternehmen beteiligt. Anders sieht es aus, wenn ein Chef kauft, der lange im Unternehmen ist. Stefan Wolf arbeitet seit 1997 für den Automobilzulieferer Elring-Klinger, seit 2006 als Vorstandsvorsitzender. Er kennt also das Geschäft und die Launen der Finanzmärkte. Im Mai kaufte Wolf laut Daten des Finanzdienstes Bloomberg 1000 Aktien. Das sollte eigentlich ein positives Signal für den Kurs sein.
Ebenfalls lange dabei ist Karl-Ludwig Kley: Der Chef des Pharmakonzerns Merck bewies in der Vergangenheit meist ein gutes Händchen. Als die Merck-Aktie in den Jahren 2008 und 2009 seitwärts pendelte, orderte Kley jeweils im unteren Bereich des Korridors. Beim allgemeinen Kurscrash im vergangenen Jahr kaufte er zunächst zu früh, dann aber zweimal nahe am Tiefpunkt. Zuletzt griff Kley Mitte Mai zu. Anleger, die im Schatten der Insider investieren, können es erfahrungsgemäß langsam angehen lassen. Denn schnelle Kursreaktionen sind die Ausnahme. Grundsätzlich gilt, dass Insider keine Geheiminformationen nutzen dürfen. Ein Kauf unmittelbar vor Veröffentlichung einer wichtigen Unternehmensmeldung würde unweigerlich die Finanzaufsicht auf den Plan rufen. Deshalb platzieren Insider ihre Orders in ruhigen Phasen.
Oft ist es für Privatanleger sogar besser abzuwarten, ob einem einzelnen Insider weitere folgen. Werden mehrere Vorstände eines Unternehmens aktiv, gilt das als besonders starkes Signal. Im DAX sind die Führungskräfte von BASF als besonders aktiv bekannt.
Die Daten des Chemiekonzerns zeigen noch ein anderes, für Führungskräfte typisches Verhaltensmuster: „Insider kaufen meist dann, wenn die Kurse fallen. Das unterscheidet sie von Privatanlegern, die sich eher zyklisch verhalten“, erklärt Olaf Stotz, Professor an der Frankfurt School of Finance und Management. Wie bei BASF greifen Insider häufig zu, deutlich bevor die Kurse den Boden erreicht haben, und setzen dann auf niedrigerem Niveau nochmal nach. Dass zuletzt drei Aufsichtsräte von BASF den Kursrückgang der Aktie für einen Kauf genutzt haben, wäre demnach noch kein eindeutiges Kaufsignal. Das wiederum kommt vom Softwarekonzern SAP. Dort haben die beiden Vorstandssprecher, der Finanzvorstand und ein weiteres Vorstandsmitglied im Mai Aktien gekauft.
Kreative Unruhe
Auffallend ist auch die Aktivität beim Flughafenbetreiber Fraport. Im Mai haben drei der vier Vorstände Aktien im Gesamtwert von über 1,7 Millionen Euro auf den Markt geworfen. Es habe sich um eine „private Entscheidung“ gehandelt, heißt es bei Fraport. Die Aktien seien Teil der regulären Vorstandsvergütung gewesen. Der Massenverkauf muss also nicht zwingend ein Alarmsignal sein, ist aber auch kein Vertrauensbeweis.
Andere Perspektiven eröffnen sich bei Ströer. Wenige Tage nachdem die Ehefrau des Chefs gekauft hat, trennte sich aus privaten Gründen ein Aufsichtsrat von Aktien im Wert von zehn Millionen Euro. Das Paket, drei Prozent des Unternehmens, wurde von Third Point übernommen. Die US-Investmentgesellschaft hat unter Börsianern den Ruf, auch mal aktiv Einfluss auf das Management zu nehmen. Bei Ströer könnte also aus Sicht der Aktionäre kreative Unruhe aufkommen.
Insiderkäufe geben ähnlich wie ein Konjunkturindikator Einblick in die Stimmungslage der Wirtschaft. Professor Stotz registriert verhaltenen Optimismus: „Insider kaufen derzeit, aber sie investieren nur geringe Summen. Das zeigt, dass sie Kaufgelegenheiten sehen, aber noch nicht überzeugt sind, dass der optimale Zeitpunkt gekommen ist.“
Investor-Info
Rechtslage
Die Regeln für Insider
Das Wertpapierhandelsgesetz (§ 15a) schreibt Führungskräften eines börsennotierten Unternehmens vor, „eigene Geschäfte mit Aktien des Emittenten oder sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten“ innerhalb von fünf Tagen zu melden. Als Führungskräfte gelten in der Praxis Vorstände und Aufsichtsräte. Die Verpflichtung gilt auch für Personen, die mit Führungskräften in einer „engen Beziehung“ stehen, insbesondere Ehepartner und Kinder. Diese legalen Insidergeschäfte werden auf der Internetseite der Unternehmen veröffentlicht. Einen Überblick liefert das Finanzportal finanzen.net unter der Adresse www.finanzen.net/insiderdaten.
Kursentwicklung
Bosse besser als der Index
Insider sind erfolgreiche Investoren. Nach Berechnung des Analysehauses 2iQ Research haben Vorstände deutscher Unternehmen mit ihren Aktiengeschäften den breit aufgestellten CDAX geschlagen. Mit Käufen lagen sie nach zwölf Monaten im Schnitt sieben Prozent besser als der Index. Durch Verkäufe haben sie deutliche Kursverluste vermieden.
Aktuelle Käufe
Merck macht’s vor
Bei drei DAX-Konzernen haben im Mai Vorstandsvorsitzende Aktien gekauft. Karl-Ludwig Kley von Merck hatte in der Vergangenheit meist ein gutes Händchen. Ein starkes Signal sendet SAP, wo neben den Co-Chefs McDermott und Hagemann Snabe zwei weitere Vorstände gekauft haben. Keine Aussagekraft hat hingegen der Kauf von Munich-Re-Chef von Bomhard, der verpflichtet ist, einen Teil seines Jahresbonus zu investieren. Im MDAX ist der Chef von ElringKlinger, Stefan Wolf, erstmals als Käufer in Erscheinung getreten. Klaus Probst von Leoni und Volker Kronseder von Krones eignen sich auf Basis vergangener Käufe eingeschränkt als Wegweiser.
Aktuelle Verkäufe
Fraport setzt Fragezeichen
Linde-Chef Wolfgang Reitzle hat im Mai massiv
Aktien aus Optionsprogrammen des Konzerns abgestoßen. Da Reitzle im vergangenen Jahr bereits mehrmals und deutlich unter dem derzeitigen Kursniveau verkauft hat, sind die aktuellen Aktivitäten allein nicht alarmierend. Im MDAX sendet Fraport hingegen deutliche Warnsignale, da nicht nur Vorstandschef Stefan Schulte, sondern auch zwei weitere Vorstände verkauft haben.
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— FinanzenNet (@FinanzenNet) Juni 13, 2012
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