Bechtle-Aktie: "Es gibt ein Leben nach Corona"
Der größte deutsche IT-Dienstleister Bechtle verzeichnet starke Nachfrage nach Home-Office-Systemen, vor allem aus dem öffentlichen Sektor. Die Schwaben liefern trotz der Krise eine ambitionierte Jahresprognose.
von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Es ist die übliche Variante einer Pressekonferenz zu Corona-Zeiten, sie findet telefonisch statt. Bechtle-Chef Thomas Olemotz berichtet über ein starkes Jahr 2019, vom zweitgrößten Umsatzwachstum in der Unternehmensgeschichte mit 24 Prozent und einem ebenso hohen Plus beim Vorsteuergewinn. Das Spannendste aber ist der Ausblick. Und hier gibt es zweierlei Nachricht vom größten deutschen IT-Dienstleister aus Schwaben: "Nie war es unsicherer als in diesem Jahr. Aber wir blicken mit Zuversicht nach vorn und haben uns ambitionierte Ziele gesetzt."
Konkret geht Olemotz von einem Wachstum von mindestens fünf Prozent bei Umsatz und Ebit aus, die Ebit-Marge soll mindestens bei den 4,5 Prozent des Vorjahres liegen. Das klingt allerdings ehrgeizig angesichts des derzeitigen wirtschaftlichen Umfelds. Doch es gibt Anzeichen, dass Bechtle zu den Profiteuren der Krise zählt.
Vor wenigen Tagen meldete der IT-Dienstleister, dass er für die Landesregierung des Saarlands in kurzer Zeit eine Kollaborationsplattform ausgerollt habe. Es geht darum, dass Bedienstete der Ministerien und Behörden des Bundeslands aus dem Home Office arbeiten und über eine Videokonferenzplattform kommunizieren können. "Im Moment entwickelt sich die Nachfrage in diesen Bereichen äußerst erfreulich", sagt Olemotz.
Dem Bechtle-Chef zufolge kommt großes Interesse aus dem öffentlichen Sektor, der rund ein Drittel des Konzernumsatzes liefert. Daneben hätten auch viele Unternehmenskunden Interesse, ihren Bestand etwa an Notebooks zu modernisieren. "Kunden, die in einer typischen mittleren Projektgröße rund 5.000 Notebooks ordern, lassen ihre alten jetzt gleich mit neuer Software ausstatten und nehmen sie als Reserve. Früher wären die Rechner bei uns in den Verkauf gegangen", sagt Olemotz. Die Kehrseite: Es gibt Lieferengpässe bei Elektronikprodukten aus Fernost. Schwer abzuschätzen sei, wie viel aus Lagern der Distributoren und wie viel aus neuer Produktion etwa aus China stamme.
Positiver Cashflow
Finanziell ging das Unternehmen gestärkt aus dem vergangenen Jahr hervor. Bechtle hat 2019 einen positiven freien Cashflow von 110 Millionen Euro erzielt, nachdem wegen der Übernahme des französischen IT-Anbieters Inmac Wstore im Vorjahr Cash abgeflossen war. Allerdings haben die Schwaben wegen des Booms die Zahl der Mitarbeiter um 15 Prozent erhöht, was die Kosten treibt.
Olemotz setzt indes darauf, dass der Trend zur Digitalisierung durch die Krise sogar befördert wird. "Es gibt ein Leben nach Corona", so der Bechtle-Chef. Er geht davon aus, dass zwar manche IT-Projekte wegen der Krise aufgeschoben, aber dann auch nachgeholt werden dürften, und sieht kein Ende "des strukturellen Trends". Die Dividende erhöht der MDAX-Wert für 2019 zum zehnten Mal in Folge. Mit 1,20 Euro pro Aktie gibt es für Aktionäre 20 Prozent mehr als im Vorjahr.
Chance: Die Aktie ist nach dem Kurssturz wieder günstig bewertet. Allerdings bleibt die Unsicherheit groß. Nach und nach zukaufen.
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