Kommt die Jahresendrally im DAX? Ein Blick auf die letzten 15 Börsenjahre überrascht
Die Frage, ob die Börsen zum Jahresende nochmals Fahrt aufnehmen und sich ein Einstieg zum Monatsbeginn Dezember lohnt, treibt Anleger Jahr für Jahr um. Ein Blick zurück kann helfen: Wie lief es an den Märkten in den vergangenen 15 Jahren in den letzten Börsenwochen?
Der deutsche Leitindex DAX hat ein durchwachsenes Börsenjahr 2018 hinter sich gebracht. Bislang mit eher ernüchternder Bilanz: Unter dem Strich steht von Januar bis November ein deutliches Minus von 12,5 Prozent. Doch jedes Jahr um diese Zeit suchen Anleger nach Anzeichen für einen Schlussspurt. Schafft der DAX 2018 eine Schlussrally oder wird das Minus noch größer als ohnehin schon? Und lässt sich aus den Entwicklungen der vergangenen 15 Börsenjahre möglicherweise ableiten, wie es im letzten Monat 2018 weitergeht?
Durchschnittlich ging es aufwärts
Grundsätzlich kann man sagen: Betrachtet man die durchschnittliche Entwicklung im Börsenmonat Dezember zwischen 2003 und 2017, so ging es aufwärts - im Schnitt um rund zwei Prozent. Doch bei der Gegenüberstellung der verschiedenen Jahre zeigt sich eine durchaus wenig einheitliche Entwicklung.
Zwischen 2003 und 2010 waren die letzten Börsenmonate stets erfolgreich: Mindestens drei Prozent legte der deutsche Leitindex in diesem Zeitraum zwischen dem ersten und letzten Börsentag im Dezember zu. Selbst im Krisenjahr 2008, als die US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz beantragen musste und die internationalen Notenbanken die Geldschleusen öffneten und dem Finanzmarkt Milliarden Dollar zuführten, schaffte das Börsenbarometer mit einem Plus von drei Prozent im Dezember einen versöhnlichen Jahresausklang.
Ausreißer nach oben war jeweils das erste und letzte Jahr dieses Betrachtungszeitraums: 2003 und 2009 fuhr der DAX im Weihnachtsmonat sogar ein sattes Plus von sechs Prozent ein.
2011 ist die Jahresendrally plötzlich nicht mehr gewiss
2011 riss die Serie dann - zum ersten Mal in den letzten 15 Jahren hat der DAX im Dezember Abschläge hinnehmen müssen: Um drei Prozent ging es abwärts. Und es sollte nicht das letzte Mal bleiben. Seit 2011 läuft der letzte Monat durchaus durchwachsen, eine Jahresendrally, auf die viele Anleger hofften, war kein Selbstläufer mehr.
Zwischen 2011 und 2017 schaffte der DAX nur in drei von sieben Jahren ein Dezemberplus - zuletzt 2016, als mit einem DAX-Aufschlag von rund acht Prozent auch ein Rekord innerhalb des 15-jährigen Betrachtungszeitraumes erzielt wurde. Anleger, die auf eine Wiederholung der Rally im Folgejahr gesetzt hatten, wurden enttäuscht: Im Dezember 2017 verlor der deutsche Leitindex rund ein Prozent.
Was bedeutet dies für 2018?
Tatsächlich ist eine Prognose für die Kursentwicklung im Dezember 2018 alles andere als einfach. Denn in den vergangenen 15 Jahren hat der DAX tatsächlich nur in zwei Jahren überhaupt auf Gesamtjahressicht Verluste hinnehmen müssen: 2008, als der Leitindex infolge der Finanzkrise und des folgenden Börsencrashs mehr als 40 Prozent an Wert verlor, und 2011, als das Börsenbarometer eine Negativperformance von 14,7 Prozent einfuhr.
In beiden betreffenden Jahren lief die Dezemberentwicklung unterschiedlich: 2008 gab es eine kleine Jahresendrally, 2011 blieben die Depots auch im letzten Monat rot.
Dass in grundsätzlich schwachen Börsenjahren Anleger auf einen versöhnlichen Jahresausklang hinarbeiten und die Märkte noch Nachholbedarf haben, ist als Argument damit hinfällig.
Das sagen Experten
Historisch gesehen gibt es also kaum Hinweise darauf, ob Anleger im Dezember 2018 auf eine Jahresendrally hoffen können. Bleibt der Blick auf die Schätzungen von Experten, die auf Basis aktueller Fundamentaldaten und politischer sowie wirtschaftlicher Gegebenheiten ihre Einschätzung für den Dezember abgegeben haben.
Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, will eine mögliche Aufholjagd des DAX im Dezember zumindest nicht ausschließen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass sich an einigen Krisenfronten bald Lösungen abzeichnen. Insbesondere im Handelskonflikt zwischen den USA und China und eine Einigung im Haushaltsstreit zwischen der EU und Italien müsse Bewegung zu sehen sein, um es dem DAX noch zu ermöglichen, Boden wieder gut zu machen, so der Experte im Interview.
Etwas optimistischer äußerte sich zuletzt Berenberg-Chefstratege Dr. Bernd Meyer: "Die Jahresendrally im DAX wird holprig, aber sie kommt." Auch Marktexperte Roger Peeters von pfp advisory glaubt an eine Erholung des deutschen Leitindex im Dezember. "Eine Jahresendrally ist noch möglich", betonte er zuletzt.
Was auffällt: Auch die optimistischsten Experten glauben nicht an einen sauberen Durchmarsch des DAX im Dezember. Stattdessen dürfte der deutsche Leitindex zahlreiche Hindernisse überwinden müssen, wenn er seine düstere Bilanz im Gesamtjahresverlauf noch ausbessern will. Das deckt sich mit der Entwicklung der Finanzmärkte in den vergangenen Wochen, die durch starke Volatilität geprägt war. Offenbar schwanken auch die DAX-Anleger zwischen der Hoffnung auf eine Lösung der zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Stolpersteine und dem Wunsch, das Börsenjahr 2018 einfach abzuhaken.
Redaktion finanzen.net
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