Hat sich Tesla verzockt?

NEL, PowerCell Sweden und Co. als Profiteur? Darum könnte die Brennstoffzelle den Batterieantrieb überholen

30.07.19 18:31 Uhr

NEL, PowerCell Sweden und Co. als Profiteur? Darum könnte die Brennstoffzelle den Batterieantrieb überholen | finanzen.net

In Sachen Elektromobilität hinkt der deutsche Markt noch hinterher. Doch nun versuchen die Autobauer möglichst schnell CO2-Vorgaben einzuhalten und ihre Modellpaletten umzustellen. Dabei setzen sie vor allem auf batteriebasierte Elektromobilität und das, obwohl einige Experten die Brennstoffzelle als den Antrieb der Zukunft sehen.

• Brennstoffzelle mit größerer Reichweite, schnellerem Tanken und günstigerer Infrastruktur
• Absatz der Fahrzeuge mit Brennstoffzelle soll deutlich ansteigen
• Wasserstoff-Aktien könnten profitieren

Brennstoffzelle vs. Batterie

Wasserstoffautos sind in Deutschland derzeit eher noch Zukunftsmusik. Allgemein setzen die Autobauer eher auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Und das obwohl Fahrzeuge, die durch Brennstoffzellen angetrieben werden, einige Vorteile bieten.

Zu den Vorteilen der Brennstoffzelle zählt zum einen, dass das Tanken des Wasserstoffs deutlich schneller vonstatten geht, als das Aufladen der Batterien. Und auch wenn es um das Thema Reichweite geht, liegt die Brennstoffzelle im Vergleich zum batteriebetriebenen Elektroauto vorne. Aber vor allem der Umwelt-Aspekt ist natürlich wichtig. Fahrzeuge, die mit Brennstoffzellen angetrieben werden, sind, wie batteriebetriebene Elektroautos, ebenfalls mit einem Elektromotor ausgestattet. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass der Strom nicht von außen eingespeist wird, sondern erst im Fahrzeug durch die Brennstoffzelle produziert wird. Der Wasserstoff, der in die Brennstoffzelle eingeleitet wird, reagiert dabei mit dem Sauerstoff aus der Luft zu Wasser. Die dadurch entstandene Energie treibt den Elektromotor an, überschüssige Energie wird gespeichert. Es entstehen also keine schädlichen Nebenprodukte. Daher betrachten einige Experten die Brennstoffzelle als die Technologie der Zukunft.

Warum Autobauer derzeit dennoch auf batteriebetriebene Elektromobilität setzen, dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass sie die Einhaltung geforderter Grenzwerte möglichst schnell erreichen wollen und diese Art der Umstellung für sie aktuell die vielversprechendste und am schnellsten umsetzbare Technologie zu sein scheint. Zudem wird auch für den Antrieb durch die Brennstoffzelle Energie benötigt: Der Wasserstoff muss erzeugt, komprimiert und verflüssigt werden und zur Tankstelle transportiert werden.

Doch obwohl die Technologie noch nicht vollständig ausgereift ist, gibt es immer wieder große Fortschritte: So konnte beispielsweise Daimler den Anteil an Platin in Brennstoffzellen um 90 Prozent senken und Linde die Technologie für die Wasserstoffspeicherung optimieren. Und auch in Sachen Infrastruktur sehen Experten Potenzial: Das Forschungszentrum Jülich geht davon aus, dass die Kosten hier schon bei einigen Millionen Brennstoffzellen-Autos niedriger sein würden, als bei dem Ausbau des Netzes für Batterie-Fahrzeuge.

Setzt Tesla auf das falsche Pferd?

Laut Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) dürfte der Markt für Brennstoffzellen 2020 bei rund zwei Milliarden Euro liegen, was das Zehnfache im Vergleich zum Jahr 2017 bedeuten würde. Wichtig für die Brennstoffzellentechnik ist natürlich die Automobilindustrie: Während 2017 weltweit noch 6.500 Fahrzeuge (Autos und Busse) mit Brennstoffzelle abgesetzt wurden, sollen es im Jahr 2024 voraussichtlich 230.000 Fahrzeuge sein. Vor allem im Ausland wird fleißig an der Zukunftstechnologie gearbeitet: Ballard Power stattet Busse aus, Nikola arbeitet an einem Brennstoffzellentruck, PowerCell Sweden stattet Scania-Lkw aus und internationale Autohersteller rüsten sich für die Weiterentwicklung. Während Hyundai Milliarden in die Wasserstoff-Forschung investiert und auch Toyota darauf setzt, könnte es sein, dass der Batterieantrieb, den der Elektroautobauer Tesla nutzt, schon bald von der neuen Technologie überholt wird.

Diese Unternehmen könnten profitieren

Brennstoffzellenaktien sind spekulativ. Doch von den Entwicklungen am Automobilmarkt und der Forschung in Sachen Brennstoffzelle dürften auch einige dieser Aktien profitieren. Bereits in der Vergangenheit legten Unternehmen wie Ballard Power, NEL und PowerCell Sweden deutlich zu. Für diese könnte es auch in Zukunft weiter aufwärts gehen.

Der Weltmarktführer Ballard Power aus Kanada stellt seine Brennstoffzellen vor allem für Schwertransporter, Busse, Züge, Schiffe etc. her. Doch das Unternehmen arbeitet auch mit der Automobilindustrie zusammen. So zum Beispiel mit AUDI, bei der Planung des Wasserstoff-Autos h-tron. Der Brennstoffzellenhersteller pflegt eine enge Zusammenarbeit mit China und kooperiert dort mit den Unternehmen Weichai Power und Broad Ocean Motor, um den asiatischen Markt zu bedienen. Trotz einem schwierigen Jahr 2018 bewegt sich Ballard Power nahe der Gewinnschwelle und die Aktie, die seit Jahresbeginn 73,22 Prozent auf zuletzt 4,13 US-Dollar (Stand: 29. Juli 2019) zulegen konnte, könnte von Fortschritten in Sachen Brennstoffzelle in der Automobilindustrie weiterhin deutlich profitieren.

Ebenfalls bekannt unter Anlegern ist das norwegische Unternehmen NEL Hydrogen, das Geräte, die der Aufspaltung des Wassers in Wasserstoff und Sauerstoff dienen, als auch Wasserstoff-Tankstellen herstellt. NEL beliefert unter anderem das US-Startup Nikola Motor, das auch als Tesla-Konkurrent gilt. Das Unternehmen konnte sich auch auf dem internationalen Markt gut positionieren und arbeitet vor allem mit Asien eng zusammen. Von weiteren Großaufträgen könnte NEL auch in Zukunft profitieren. Die NEL-Aktie verbuchte im vergangenen Jahr ein Plus von 106,9 Prozent und steht derzeit bei 6,98 Norwegischen Kronen.

PowerCell Sweden, das, wie es der Name bereits sagt, auch aus dem skandinavischen Raum stammt, produziert Brennstoffzellen-Systeme. Das Unternehmen arbeitet unter anderem mit NEL zusammen an Antrieben für die Schifffahrt. Wie auch die Konkurrenz kann PowerCell Sweden zwar ein deutliches Wachstum vermelden, schreibt aber nach wie vor Verluste. Kürzlich konnte das Unternehmen aber eine wichtige Kooperation mit Bosch eingehen und auch eine Zusammenarbeit mit dem Nutzfahrzeugehersteller Scania soll PowerCell weitere Umsätze bescheren. Der PowerCell-Aktie gelang 2019 der Ausbruch nach oben. Insgesamt stieg sie in den vergangenen 52 Wochen um mehr als 200 Prozent und liegt aktuell bei 92,36 Schwedischen Kronen.

Obwohl die deutsche Autoindustrie im Wandel derzeit noch auf batteriebasierte Alternativen zum Verbrennungsmotor setzt, wird in Sachen Brennstoffzelle immer mehr geforscht und das Interesse, auch an Wasserstoff-Aktien, nimmt zu. Asiatische Autobauer machen es bereits vor und auch hierzulande könnte der Trend in Zukunft zum Wasserstoffantrieb gehen.

Redaktion finanzen.net

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