Geldanlage-Report Armin Brack

Kommt die Zerschlagung der FAANGs? - Wie Sie sich jetzt richtig verhalten

29.01.18 11:26 Uhr

Kommt die Zerschlagung der FAANGs? - Wie Sie sich jetzt richtig verhalten | finanzen.net

In der vergangenen Woche hatte ich an dieser Stelle bereits die immer lauter werdende Kritik an der zunehmenden Macht des Social Media-Dominators Facebook thematisiert.

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Jetzt weitet sich das Ganze in Europa zu einem regelrechten Aufschrei gegen die in ihren Bereichen übermächtigen US-Internet/Tech-Unternehmen aus, die derzeit unter dem Akronym FAANG (Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google) zusammengefasst werden. Es werden sogar Stimmen laut, die eine sofortige Zerschlagung fordern.

Was heißt das für uns Klein-Aktionäre, die direkt oder indirekt (z.B. über ETFs) in diesen Werten investiert sind?

Immer wieder spannend zu sehen, wie bestimmte Thematiken plötzlich omnipräsent sind, wenn sie ein bestimmtes Level an öffentlicher Aufmerksamkeit erreicht haben. Nicht selten entsteht daraus dann eine Eigendynamik, die beträchtliche Folgen haben kann. Der kometenhafte Aufstieg der Kryptowährungen ließe sich hier als aktuelles Beispiel nennen, der in den letzten ein, zwei Jahren zu zuvor kaum vorstellbaren Kapitalzuflüssen in dieses Segment geführt hat.

Kommt es nun zu einem umgekehrten Effekt bei den FAANGs? Der öffentliche Druck jedenfalls nimmt gewaltig zu: Das einflussreiche US-Technologie-Magazin "Wired" konstatierte am 19. Dezember 2017 "The internet is broken" und stellte die Frage, ob sich etwas besseres bauen ließe? Der renommierte, britische Economist belegt die Riesen mit einem neuen Akronym: BAADD. Es steht für big, anti-competitive, addictive and destructive to democracy. Groß, wettbewerbsfeindlich, suchterzeugend und Demokratie zersetzend.

In Deutschland hatte heute morgen die Tageszeitung "Die Welt" das Thema als Aufmacher ihres Onlineauftritts: "BAADD - jetzt gibt es Gegner für die Giganten". Dabei fällt der Begriff des Technologiekartells.

Doch gibt es tatsächlich eine Möglichkeit von außen gezielt gegenzusteuern? Ich mache mir hier keine allzu großen Hoffnungen, schon gar nicht auf eine Zerschlagung. Vergleiche mit der zwangsweisen Auflösung des Ölgiganten Standard Oil 1911 und der Zerschlagung des Telefonriesen AT&T führen in die Sackgasse.

Denn das US-Wettbewerbsrecht sieht verstöße nur dann vor, wenn Kunden tatsächlich direkt unter einer Übermacht solcher Konzerne leiden - beispielsweise durch stark steigende Preise. Doch die Suche über Google ist für den Kunden ja genauso kostenlos wie die Nutzung von Facebook. Und selbst im Werbebereich sind die Preise pro Klick bei Googleanzeigen in den vergangenen drei Jahren sogar zurückgegangen.

In Europa sieht man das kritischer. Dort geht es bei kartellrechtlichen Überlegungen auch um die Frage, ob die Geschäftspolitik großer Konzerne gezielt den Wettbewerb schädigt und damit Innovationen hemmt.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist dieser Ansicht und hat jüngst ein 2,6-Milliarden-Bußgeld gegen Google verhängt. "Google hat seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht, indem es seinen eigenen Preisvergleichsdienst in seinen Suchergebnissen ganz oben platziert und Vergleichsdienste der Konkurrenz herabgestuft hat", sagte sie damals. Es sind aber nicht mehr als Nadelstiche, die die EU hier setzen kann. Die Sanktionierungsmöglichkeiten sind begrenzt. Vielleicht ist das auch gut so:

Niemand muss Google verwenden, niemand muss bei Facebook posten, niemand bei Amazon kaufen und auch ohne ein Netflix-Abo kann man gut unterhalten werden. Werden dann in Europa Stimmen laut, die eine Zerschlagung fordern, ist das schon auch ein bisschen so, wie zu versuchen, das Spielzeug der anderen kaputtzumachen, weil man selbst kein konkurrenzfähiges Produkt zustande gebracht hat.

Zudem sind derartige Versuche bereits bei Microsoft, die damals das alles überragende Windows-Betriebssystem hatten bzw. immer noch haben, ins Leere gelaufen. Inzwischen spricht davon keiner mehr, weil durch den Siegeszug des mobilen Internets und den mobilen Betriebssystemen iOS und Android die Bedeutung von Windows insgesamt gesunken ist.

Innovation statt Aufspaltung

Ich bleibe dabei: "The strong arm of the law" wird an der jetzigen Situation nichts verändern können. Wir brauchen neuen "Code" wie Steven Johnson jüngst in dem höchst empfehlenswerten Essay "Beyond the Bitcoin Bubble" https://www.nytimes.com/2018/01/16/magazine/beyond-the-bitcoin-bubble.html in der New York Times resümiert hat.

Der Samen dafür geht vielleicht im Moment bereits auf und zwar ausgerechnet beim eingangs erwähnten Bitcoin. Gründer Satoshi Nakamoto hatte für den Bitcoin zwar die Nutzung als elektronisches Peer-to-Peer (P2P) Cash-System vorgesehen, aber Kryptowährungen wären nun nicht die erste Innovation, die am Ende in einem ganz anderen Bereich eingesetzt würden.

Spannend sind nämlich vor allem die zwei wesentlichen Features des Bitcoins: Erstens eine dezentrale Datenbank, die dadurch enorm (fälschungs)sicher ist, dass sie über hunderte oder tausende Computer verstreut ist, ohne eine Einzelautorität, die die Transaktionen kontrollieren und verifizieren müsste.

Und zweitens wurde der Bitcoin so designt, dass diejenigen, die sich an der Pflege dieses dezentral geführten Kontobuchs ("distributed ledger") beteiligen, in Form kleiner, zunehmend knapper werdenden Bitcoinzahlungen belohnt werden. Das heißt: Leute wurden dafür belohnt, diese Datenbank wertvoller bzw. nützlicher zu machen, ohne dass sie auf einer offiziellen Gehaltsliste stehen oder Anteile an einer Firma halten würden.

Diese Art der offenen Protokolle bilden die Basisschicht des Internets (POP, SMTP, IMAP (für den E-Mail-Verkehr), HTTP (für Webseiten) oder TCP/IP) und mit Hilfe der Blockchain (die Technologie hinter dem Bitcoin) könnte nun eine weitere derartige Basisschicht hinzukommen, die jedem User eine Art eigene, digitale Identität verleiht. Das könnte letzten Endes soziale Netzwerke wie Facebook in die Bedeutungslosigkeit führen.

Ich habe das im letzten Geldanlage-Report ausführlich beschrieben: http://www.geldanlage-report.de/archiv/GAR-Update-200118.html

So agieren Sie jetzt richtig

Selbst wenn es so kommen sollte, wird das sicher nicht von heute auf morgen passieren. Dennoch sollten wir als Anleger im Hinterkopf behalten, dass gerade bei Technologieaktien immer mit disruptiven Entwicklungen zu rechnen ist.

Sollten Sie sich also als Facebook-, Amazon, Apple- oder Alphabet (Google)-Aktionär jetzt Sorgen machen. Setzen hier schon bald mächtige Kapitalabflüsse ein? Aktienkurse nehmen ja bekanntermaßen Entwicklungen vorweg und wenn es wirklich zu einer künstlichen (politisch gewollten) Beschneidung der Marktmacht dieser Giganten käme bzw. die Wahrscheinlichkeit dafür zunähme, dann würden die Kurse sehr sensibel darauf reagieren.

Noch ist davon auf jeden Fall nichts zu sehen! Andererseits haben wir bei allen genannten Werten in den letzten Jahren teilweise unfassbare Kurs-Rallyes gesehen. Schauen Sie sich beispielsweise mal diesen Langfristchart von Amazon an:

Der Kurs hat sich in den letzten zehn Jahren rund ver18facht. Die Marktkapitalisierung ist auf atemberaubende 673 Milliarden US-Dollar angewachsen. Nur Apple, Alphabet und Microsoft sind momentan noch größer. Facebook hat der E-Commerce-Gigant bereits überholt. Scott Galloway, Marketingprofessor an der New York University Stern School of Business, prophezeit das Amazon in 2018 auch noch Apple überholen wird.

Gleichzeitig prophezeit aber auch er, dass die Zerschlagung der "Big Techs" in 2018 einsetzen könnte. Bei Amazon würde das meiner Ansicht nach zumindest theoretisch sogar möglich sein. Beispielsweise könnte man den E-Commerce-Bereich vom Cloud-Dienstleister AWS trennen und auch die Amazon Media Group separieren.

Eine solche Aufspaltung wäre bei Amazon auch kartellrechtlich möglicherweise angezeigt, denn es ist eindeutig so, dass das chronisch defizitäre eigene E-Commerce-Geschäft (wo Amazon mit Kampfpreisen die Konkurrenz zerstört) quasi durch die Gewinne quersubventioniert wird, die man über Umsatzbeteiligungen an den Drittanbietern macht, die über Amazon verkaufen, sowie mit der höchst profitablen AWS.

Fakt ist: Momentan ist unfassbar viel Zukunftsfantasie bei Amazon eingepreist.

Trotzdem rate ich nun Investierten nicht dazu, sofort Gewinne mitzunehmen. Die Aufwärtstrends waren zuletzt sehr konstant. Beim Streaming-Portal Netflix (dem "N" im FAANG-Akronym) hat sich nach überragenden Quartalszahlen und weiter sprunghaft steigenden Nutzerzahlen sogar ein neues Kaufsignal via Ausbruch ergeben:

Die Kombination aus einem dynamischen Aufwärtstrend bei gleichzeitig geringen Kursrückschlägen ist optimal für Trendfolger. Dazu passt der konstante Anstieg des Technologieindex NASDAQ.

Das heißt: Sie können einfach ihre Gewinne laufen lassen und die Stops sukzessive nachziehen. Wie Sie das genau machen erfahren Sie in meinem Premium-Dienst Breakout-Trader (www.breakout-trader.de).

MEIN FAZIT: Es ist nicht sinnvolle alle FAANG-Unternehmen in einen Topf zu werfen und eine pauschale Aufspaltung zu fordern. Wenn könnte diese ohnehin nur von den USA ausgehen, was höchst unwahrscheinlich ist, insbesondere unter einem Präsidenten Donald Trump. Wenn überhaupt könnte eine Aufspaltung nur bei Amazon Sinn machen.

Facebook käme erst dann in Gefahr, wenn es mit Hilfe der Blockchain-Technologie gelänge, die digitale Identität jedem einzelnen User zurückzugeben.

Aktuell zeigt keiner der Big 5 kurstechnisch Schwäche. Auch Facebook hat sich wieder erholt. Die Aufwärtstrends sind sehr stabil. Insofern ist es aus Anlegersicht sinnvoll, die alte, simple Trendfolgestrategie anzuwenden: Gewinne laufen lassen und Stops nachziehen!

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in folgenden genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert: Es kann daher kein Interessenskonflikt vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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