Facebooks Datenchaos

Sheryl Sandberg: Wenn Facebook-User Datennutzung einschränken wollen, müssten Sie dafür bezahlen

06.04.18 22:46 Uhr

Sheryl Sandberg: Wenn Facebook-User Datennutzung einschränken wollen, müssten Sie dafür bezahlen | finanzen.net

Facebook schafft es nach dem jüngsten Datenskandal um Cambridge Analytica nicht aus den Schlagzeilen. Nun wurde bekannt, dass das Social Network auch im Messenger private Nachrichten mitlesen kann. Facebook-COO Sheryl Sandberg hat jedoch eine mögliche Lösung für User benannt: Sie müssen bezahlen.

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Bei Facebook scheint ein Aufreger den nächsten zu jagen. Bei einem Interview der US-amerikanischen Website "Vox" mit Facebook-Chef Mark Zuckerberg schimmerte nun durch, dass sein Unternehmen offenbar auch private Nachrichten, die mit dem zu Facebook gehörenden Messenger verschickt werden, mitlesen kann. Dies wurde inzwischen von Facebook, auf eine Nachfrage von "Bloomberg" hin, bestätigt. Hintergrund war, dass Mark Zuckerberg gegenüber "Vox" erwähnte, dass Facebook im Myanmar-Konflikt eingegriffen habe, als sich zeigte, dass muslimische Minderheiten via Facebook-Nachrichten offenbar an bestimmte Orte gelockt werden sollten. "In diesem Fall erfasst unser System, was vor sich geht," so Mark Zuckerberg, "Wir stoppen dann die Weiterleitung dieser Nachrichten." Der Messenger nutze die Daten der gescannten Messenger-Nachrichten jedoch nicht für Werbezwecke, fügte das Unternehmen an. Einige Facebook-Nutzer reagierten dennoch umgehend mit Sorge und fragten sich, ob Facebook etwa grundsätzlich private Nachrichten mitlese.

So geht Facebook mit privaten Messenger-Nachrichten um

Tatsächlich stehe ein automatisierter Prozess hinter diesen Vorgängen, erklärte inzwischen eine Facebook-Sprecherin gegenüber "Bloomberg". Auch im Messenger kämen die gleichen Prozesse zum Einsatz, die auch auf Facebook selbst angewandt würden, um die Wahrung der sogenannten Community Standards zu wahren. Die Nutzer selbst könnten Inhalte, die diese Standards verletzen, an Facebook melden, was wiederum eine Überprüfung durch ein unternehmenseigenes "Community Operations"-Team auslöse. Diesen Melde-Prozess zweifelhafter Inhalte könnten jedoch auch automatische Werkzeuge ausführen. So verfährt Facebook offenbar im Falle privater Nachrichten, die via Messenger verschickt werden.

"Wenn Sie beispielsweise ein Foto senden, scannen unsere automatisierten Systeme es mithilfe der Foto-Matching-Technologie, um bekannte Bilder von Kindesmissbrauch zu erkennen, oder wenn sie einen Link senden, suchen wir nach Malware oder Viren", führte die Sprecherin aus. Facebook habe diese automatisierten Tools entwickelt, um das Missbrauchsverhalten auf der Plattform schnell zu stoppen. In erster Linie sind also Programme daran beteiligt, die privaten Messenger-Nachrichten zu durchleuchten. Erfassen diese jedoch vermeintlich problematische Inhalte, ist es möglich, dass auch Moderatoren ganze Chatprotokolle einsehen können.

Facebook im Clinch zwischen Datenmissbrauch und Privatsphäre

Ein Vorwurf, der in der jüngsten Zeit in Bezug auf alle sozialen Netzwerke, insbesondere auch Twitter, laut wurde, war, dass soziale Medien nicht genügend Maßnahmen gegen missbräuchliche Nutzung ergreifen würden. Mit der Scan-Technologie, die auch beim Messenger zum Einsatz kommt, hat Facebook Maßnahmen ergriffen, missbräuchlicher Nutzung des Netzwerkes einen Riegel vorzuschieben. Vor dem Hintergrund des großen Datenskandals rund um die politische Werbedatenbank Cambridge Analytica, die ohne die Zustimmung der jeweiligen Nutzer Daten von insgesamt 87 Millionen Nutzerprofilen abgegriffen und ausgelesen hat, erscheint diese Herangehensweise vonseiten Facebooks jedoch wiederum fragwürdig. Nutzer sorgen sich nun darum, wie sicher ihre Daten bei Facebook tatsächlich sind. In einem Interview gegenüber "Today" räumte nun auch Facebook Chief-Operating-Officer Sheryl Sandberg ein: "Es ist definitiv so, dass wir 2016 zu spät waren und diese Art der Wahleinmischung nicht verstanden haben." Dennoch: Auf die Datennutzung seiner Nutzer kann Facebook als kostenloses soziales Netzwerk nicht verzichten.

Sheryl Sandberg: Ausschluss persönlicher Datennutzung wäre Bezahl-Produkt

NBC fragte Sheryl Sandberg kürzlich im Interview, ob es nicht eine Art Knopf gebe, der es Facebook-Nutzern erlaube, Werbung, die aufgrund der Nutzung ihrer persönlichen Daten für sie ausgespielt werde, zu stoppen. Sandberg räumte daraufhin ein, dass es auf Facebook zwar durchaus "mehrere Formen des Ausschlusses" gebe, jedoch keinen Knopf für alles. Gäbe es so etwas, dann sei dies "ein Bezahl-Produkt", so Sandberg. Ob Facebook eine solche Bezahl-Option, die die persönlichen Daten vor der werblichen Nutzung gänzlich schützen kann, jedoch tatsächlich plant, ließ Sandberg offen. Auch ob sich dies auf die Auslesung persönlicher Daten zum Zwecke des Schutzes vor missbräuchlicher Nutzung des Facebook-Messenger-Dienstes auswirken könnte, wurde nicht klar. Tatsächlich gäbe es eine Möglichkeit, private Chats vor dem Zugriff des Netzwerks zu schützen. WhatsApp verschlüsselt beispielsweise beide Enden der Kommunikation zwischen zwei Nutzern, sodass WhatsApp selbst keinerlei Einblick gewinnen kann. Dadurch sind die Daten der Nutzer zwar vor dem Zugriff des Messengers selbst geschützt, jedoch erschwert dies wiederum Ermittlungen im Falle missbräuchlicher Nutzung. Facebook hat sich beim unternehmenseigenen Messenger-Dienst zugunsten der Einhaltung der "Community Standards" also offenbar zunächst gegen den Schutz persönlicher Daten der User entschieden. Jedoch können Nutzer auch im Facebook-Messenger die Verschlüsselung ihrer persönlichen Unterhaltungen aktivieren. Im Gegensatz zu WhatsApp ist diese Option jedoch nicht voreingestellt, sondern muss vom User selbst ausgewählt werden.

Dennoch: Die Zweifel in den Köpfen vieler Facebook-Nutzer nach dem Skandal um Cambridge Analytica und die Angst um die Sicherheit ihrer Daten, werden sich wahrscheinlich kaum auf Knopfdruck löschen lassen. Zu groß scheint die Sorge, dass das, was Mark Zuckerberg vor acht Jahren im Gespräch mit "TechCrunch" sagte, tatsächlich wahr sein könne: "Das Zeitalter der Privatsphäre ist vorbei." Sollte dieses Szenario zutreffen, wird wohl auch eine eventuelle Bezahl-Option in Sachen Datenschutz nicht viel ausrichten können.

Redaktion finanzen.net

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