Gewinn-Champions: Diese 6 DAX-Aktien sind erste Wahl!
Der Nettogewinn der DAX-Konzerne ist 2017 kräftig gestiegen. Das meiste Geld fahren die Autokonzerne ein. Die schiere Masse ist für Börsianer aber nicht das wichtigste Argument.
Werte in diesem Artikel
von Sven Parplies, €uro am Sonntag
Ein erstaunliches Comeback. Keine drei Jahre ist es
her, dass der Dieselskandal Volkswagen erschütterte. Für Konzernchef Matthias Müller war es der "wohl schwerste Rückschlag", den das Unternehmen jemals habe einstecken müssen.
Wie hoch der finanzielle Schaden für Volkswagen letztlich sein wird, lässt sich noch nicht genau abschätzen. Teuer wird es auf jeden Fall. 25 Milliarden Euro hat Volkswagen bereits verrechnet. Eine solche Summe ist zu verkraften, auch weil das Tagesgeschäft längst wieder Tempo aufgenommen hat. Trotz Dieseldunst haben die Niedersachsen ein Jahr der Rekorde hingelegt. Im vergangenen Jahr haben sie so viele Fahrzeuge verkauft wie nie zuvor. Auch bei Umsatz und operativem Gewinn verbuchte der Konzern neue Bestmarken. Unter dem Strich verdiente Volkswagen über elf Milliarden Euro - und damit mehr als jedes andere Mitglied im Deutschen Aktienindex.
Doch nicht nur VW kann auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurückblicken. Quer durch den DAX haben die Unternehmen gute Ergebnisse geliefert. Nach Berechnung von €uro am Sonntag ist der Nettogewinn aller Indexmitglieder in der Summe um zwei Drittel auf mehr als 96 Milliarden Euro gestiegen. 24 der 30 DAX-Konzerne haben mehr verdient als im Vorjahr, nur zwei weisen unter dem Strich einen Verlust aus.
Profite mit PS
Die Jahresbilanz der DAX-Mitglieder bestätigt, wie wichtig die Automobilindustrie in Deutschland ist. Hinter Volkswagen sind Daimler und BMW die Topverdiener im Index. Diese drei Firmen erwirtschafteten zusammen rund ein Drittel des Nettogewinns aller DAX-Konzerne. Da auch andere Unternehmen, insbesondere Infineon und Continental, als Zulieferer der Autoindustrie arbeiten, ist der Anteil der PS-Industrie in der Praxis sogar noch etwas größer.
Der Gewinnsprung im vergangenen Geschäftsjahr geht auch auf das Konto anderer Branchen. In der Vergangenheit wurde die Gesamtbilanz des DAX immer wieder durch einzelne Ausreißer belastet: 2016 hatten die Energiekonzerne RWE und E.ON massive Abschreibungen verbucht und zusammen mehr als 14 Milliarden Euro Verlust ausgewiesen.
Im Jahr zuvor vermeldeten neben den Versorgern auch die Deutsche Bank und der vom Dieselskandal erschütterte VW-Konzern rote Zahlen. Inzwischen besteht die Aussicht, dass die Altlasten abgearbeitet sind. RWE und E.ON sind zurück in der Gewinnzone, die Minuszeichen bei der Deutschen Bank und thyssenkrupp sind vergleichsweise gering.
Trotz spektakulärer Ausreißer zeigt die längerfristige Bilanz, dass die meisten Unternehmen aus dem DAX zuverlässige Gewinnlieferanten sind. Über die vergangenen zehn Jahre haben fast zwei Drittel der aktuellen Indexmitglieder durchgehend schwarze Zahlen geschrieben - also auch während der großen Finanzkrise 2008 und 2009.
Für das laufende Jahr trauen Analysten Deutschlands Topkonzernen weitere Gewinnsteigerungen zu. Gestützt wird die Zuversicht durch die sich weiter gut entwickelnde Weltkonjunktur. Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass die globale Wirtschaftsleistung im laufenden und kommenden Jahr um jeweils knapp vier Prozent zulegt. Deutschlands Topkonzerne erwirtschaften rund die Hälfte ihres Umsatzes außerhalb Europas und profitieren damit auch von der Dynamik der Schwellenländer. Für Daimler beispielsweise war China mit einem Umsatzplus von 14 Prozent im vergangenen Jahr der stärkste Wachstumsmarkt.
Die positive Stimmung der deutschen Wirtschaft spiegelt sich in den Frühindikatoren wider. Der für Deutschland wichtige Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts ist zuletzt zwar leicht gesunken, bewegt sich aber weiterhin auf einem hohen Niveau.
Der Euro macht Ärger
Ein Problem zieht sich jedoch durch die Bilanzpräsentationen und Geschäftsausblicke der Unternehmen: Der starke Euro wird immer mehr zu einer Belastung. Der Wert der Einheitswährung ist seit dem Jahresstart 2017 gegenüber dem Dollar um fast 20 Prozent gestiegen und auch gegenüber vielen anderen Währungen teurer geworden. Das lässt bereits jetzt Einnahmen schrumpfen, die deutsche Konzerne in fremden Währungen erzielen. Allein Bayer gingen durch das Comeback des Euro im vergangenen Jahr 490 Millionen Euro Umsatz verloren. Im neuen Jahr wird der Währungseffekt wohl nicht stärker zu spüren sein.
Der Chemiekonzern BASF kalkuliert mit einem durchschnittlichen Kurs von 1,20 Dollar je Euro - damit diese Rechnung aufgeht, muss der Dollar zulegen. Infineon hat bereits zu Jahresbeginn seine Geschäftsprognose aufgrund der ungünstigen Entwicklung der Wechselkurse leicht nach unten korrigieren müssen.
Auch Donald Trump bleibt ein Thema. Der sprunghafte Präsident hat vielen deutschen Unternehmen mit der amerikanischen Steuerreform ein Geschenk gemacht. Überschattet wird die Freude inzwischen aber durch Trumps populistische Impulse. Seine Drohung, weitere Schutzzölle gegen Einfuhren aus der Europäischen Union zu verhängen, hat viele Unternehmen aufgeschreckt. Offiziell wollen sich die Vorstände allerdings nicht mit dem für seine oft spontanen Twitter-Tiraden berüchtigten Präsidenten anlegen.
Anleger fokussieren sich auf die harten Fakten. Unternehmensgewinne sind langfristig der wichtigste Kurstreiber der Aktienmärkte. Auch wenn Erfolge der Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft geben, kann die Historie wertvolle Hinweise zum Wesen eines Unternehmens liefern.
Die Redaktion hat die DAX-Unternehmen nach drei Kategorien unter die Lupe genommen: Topverdiener, Gewinnsteigerer und Trendwendekandidaten. Jede dieser drei Gruppen bietet Anlegern je nach Risikobereitschaft Chancen.
Die Topverdiener:
Die Autokonzerne fahren in guten Zeiten hohe Gewinne ein, sind aber auch gigantische Organisationen. Volkswagen beschäftigte zum Jahreswechsel rund um die Welt mehr als 640.000 Mitarbeiter. Damit hat der Konzern mehr Personal als Stuttgart oder Düsseldorf Einwohner. Gemessen am Aufwand ist der Nettogewinn von Volkswagen gar nicht so spektakulär. Nur etwa fünf Prozent des Umsatzes bleiben unter dem Strich in der Bilanz. Die Mischung aus niedrigen Margen und hohen Fixkosten wird gefährlich, wenn die Wirtschaft schwächelt. Im Jahr 2009 schrumpfte der Gewinn der Wolfsburger auf weniger als eine Milliarde Euro. Daimler rutschte während der globalen Finanzkrise sogar in die roten Zahlen.
Stärker als die Angst vor einer Wirtschaftskrise belastet der technologische Umbruch die Stimmung. Trends wie Elektroantriebe und autonomes Fahren locken neue Konkurrenten in den Markt. Die deutschen Hersteller haben spät reagiert, wollen das Lenkrad aber herumreißen. "Konkret werden wir bis Ende 2022 mehr als 34 Milliarden Euro in die Elektromobilität, in das autonome Fahren, in neue Mobilitätsdienste und die Digitalisierung investieren", berichtet VW-Chef Müller zur Bilanzpräsentation. Bis zum Jahr 2025 will Volkswagen bis zu drei Millionen E-Autos bauen. Auch Daimler und BMW erhöhen ihre Investition in neue Antriebe und moderne Technologien.
Börsianer sind dennoch skeptisch: Trotz ihrer hohen Gewinne sind die Autokonzerne an der Börse vergleichsweise niedrig bewertet. Nimmt man das Kurs-Gewinn-Verhältnis als Maßstab, gehören sie zu den Schlusslichtern im DAX.
Andere Sorgen plagen die Allianz. Durch die große Anzahl an Naturkatastrophen im vergangenen Jahr musste der Münchner Versicherungskonzern ungewöhnlich viel Geld an seine Kunden auszahlen. Außerdem kann die Assekuranz angesichts der niedrigen Zinsen mit ihren Kapitaleinlagen nur vergleichsweise geringe Renditen erwirtschaften.
Der Nettogewinn stagniert, ist mit knapp sieben Milliarden Euro aber einer der höchsten im DAX. Neuen Schwung soll die Digitalisierung bringen. Mithilfe intelligenter Computerprogramme können Kunden über das Internet schneller bedient oder komplexe Risikokalkulationen erstellt werden. Konzernchef Oliver Bäte will die Allianz zu einem "vollständig digitalen Unternehmen" formen. Das soll helfen, die Profitabilität des Finanzriesen weiter zu verbessern.
Die Gewinnsteigerer:
Beneidenswert sind die Probleme von Adidas. Das Geschäft entwickelt sich so gut, dass der Sportartikelkonzern in den USA zuletzt Probleme hatte, genug Produkte in die Läden zu bekommen. Darum soll weiter kräftig in die Logistik investiert werden.
Mit einem Nettogewinn von knapp
1,1 Milliarden Euro reicht es für Adidas im DAX-Vergleich nur zu einem Platz im unteren Mittelfeld. Die Wachstumsraten aber sind Spitzenklasse - innerhalb von nur vier Jahren hat der Streifenkonzern den Nettogewinn mehr als verdoppelt. Ermüdungserscheinungen sind nicht zu erkennen. Adidas-Chef Kasper Rorsted hat gerade erneut die Gewinnprognose für das Jahr 2020 angehoben.
Adidas profitiert von großen Trends: Mit wachsendem Gesundheitsbewusstsein steigt die Nachfrage nach Sportartikeln. In Schwellenländern können sich mit wachsendem Wohlstand immer mehr Menschen westliche Marken leisten, also auch Schuhe und Klamotten mit dem Adidas-Logo. Vor allem China bietet enormes Potenzial: Das Riesenreich macht derzeit lediglich zehn Prozent des weltweiten Sportartikelmarkts aus, hat aber viermal so viele Einwohner wie die USA, in denen etwa 40 Prozent aller Sportartikel verkauft werden. Nebenbei ist das Riesenreich für Adidas der am schnellsten wachsende Markt - und der profitabelste.
Kräftige Gewinnsteigerungen versprechen sich Börsianer auch von SAP. Der auf Unternehmenskunden spezialisierte Softwarekonzern ist einer der klaren Gewinner der Digitalisierung, musste sein Geschäftsmodell aber umstellen. Während Kunden früher Software in der Regel gekauft haben, werden die Programme heute gemietet und über externe Server in der Datenwolke (Cloud) genutzt.
Die Neuausrichtung hat die Marge der Walldorfer belastet. Die Talsohle aber ist inzwischen durchschritten. Finanzchef Luka Mucic geht davon aus, dass die Gewinnspanne im laufenden und im kommenden Jahr steigt. Rund 30 Prozent des Umsatzes sollen als operativer Gewinn herausspringen - ein für viele Branchen unerreichbarer Wert. Softwarefirmen haben den Vorteil, dass sie zwar hohe Entwicklungskosten für ihre Produkte haben, diese dann aber mit relativ geringem Aufwand an viele Kunden verkaufen können.
Seit vier Jahren bereits steigt der Nettogewinn von Infineon. Das zeigt, dass das Geschäft des Halbleiterspezialisten nach dem Verkauf stark zyklischer Bereiche wie des Geschäfts für Handychips nicht mehr so anfällig für Konjunkturschwankungen ist. Der Konzern aus dem Münchner Umland setzt mit seinen Produkten auf langfristige Wachstumstrends - Mobilität, Digitalisierung der Industrie und Energieeffizienz. Vorstandschef Reinhard Ploss strebt für Infineon jährliche Umsatzsteigerungen von acht Prozent und auf mittlere Sicht eine Segmentmarge von 17 Prozent an.
Die Trendwendekandidaten:
Analysten gehen davon aus, dass im neuen Geschäftsjahr alle Indexmitglieder, also auch die Deutsche Bank und Thyssenkrupp, den Sprung in die Gewinnzone schaffen. Wie schwer eine nachhaltige Trendwende an der Börse sein kann, zeigt Thyssenkrupp. Der Konzern will sich vom klassischen Stahlgeschäft verabschieden und sich stärker auf margenstarke Bereiche wie die Aufzugssparte konzentrieren. Eine eigentlich sinnvolle Strategie, die Umstrukturierung aber zieht sich in die Länge und strapaziert die Geduld der Anleger.
Die nach Einschätzung der Redaktion klarste Spekulation auf eine Trendwende bietet die Commerzbank, die im vergangenen Jahr bereits einen kleinen Nettogewinn erwirtschaftet hat. Der Finanzkonzern steckt in einer Umstrukturierungsphase, will sich künftig stärker auf kleine Geschäfts- und Privatkunden konzentrieren. Vorstandschef Martin Zielke lässt viel Geld in Technologie und Kundenakquise investieren.
Bis zum Jahr 2020 will die Commerzbank 14 Millionen Privatkunden in Deutschland haben, das wären zwei Millionen mehr als 2016. Dank der guten Wirtschaftsentwicklung konnten die Frankfurter faule Kredite abbauen. Steigende Zinsen sollten der Commerzbank bei ihrem Comeback-Versuch helfen. Der Nettogewinn der Frankfurter war mit 156 Millionen Euro im vergangenen Jahr übrigens der kleinste unter den DAX-Konzernen.
Investor-Info
Kennziffer
Logik der Aktienmärkte
Autokonzerne verdienen viel Geld, sind an der Börse aber niedrig bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt im einstelligen Bereich, weil die Margen klein sind und das Geschäft stark zyklisch ist. Substanzstarke Unternehmen wie Beiersdorf und schnell wachsende Titel wie Adidas sind deutlich teurer.
Indexgewicht
Börsenwert entscheidet
Die Deutsche Börse gewichtet die Unternehmen im DAX nach Marktkapitalisierung. Darum gehören die Autokonzerne trotz hoher Bilanzgewinne nicht zu den Riesen. Bei BMW und Volkswagen verteilt sich das Kapital zudem über zwei Aktiengattungen, von denen nur eine im DAX notiert ist - bei VW die Vorzüge, bei BMW die Stammaktie.
DAX-Bewertung
Nicht zu teuer
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist eine der populärsten Bewertungskennziffern. Nimmt man die für die kommenden zwölf Monate von Analysten erwarteten Unternehmensgewinne als Basis, ist der DAX derzeit etwas teurer als im langjährigen Durchschnitt. Die Bewertung ist angesichts der guten Wirtschaftslage aber nicht überzogen.
Adidas
Richtig guter Lauf
Der Sportartikelkonzern hat seine Gewinnprognose erneut angehoben. Auch die Dividende steigt stärker als erwartet. Bis zum Jahr 2021 will Adidas für bis zu drei Milliarden Euro eigene Aktien kaufen. Auch operativ läuft es prima, vor allem in den USA und China. Schwachstelle bleibt die Zweitmarke Reebok.
Allianz
Zuverlässige Dividende
Eine ungewöhnlich große Zahl an Naturkatastrophen hat die Versicherungsbranche 2017 erschüttert. Die Allianz hat ihren Gewinn immerhin halten können und finanziellen Spielraum, die Dividende erneut anzuheben. Steigende Zinsen und interne Umstrukturierungen bieten weiter Kurspotenzial für die Aktie.
Commerzbank
Raus aus der Krise
Konzernchef Martin Zielke setzt ein Zeichen: Im kommenden Jahr sollen die Aktionäre nach längerer Durststrecke eine Dividende erhalten. 2017 wurde das Ergebnis durch niedrige Zinsen und Kosten des Stellenabbaus belastet. Risikofreudige Anleger setzen darauf, dass die Trendwende gelingt.
Infineon
Der Trend stimmt
Der Halbleiterkonzern profitiert von der Digitalisierung der Wirtschaft. Die Nachfrage aus der Industrie, insbesondere von den Automobilkonzernen, ist hoch. Auch wenn das Geschäft von Infineon nicht mehr so zyklisch ist wie in früheren Jahren, bleibt die Aktie ein riskanteres Investment.
SAP
Marge soll steigen
Der Softwarekonzern hat zuletzt viel Geld in sein Geschäft investiert. Jetzt will sich SAP wieder stärker auf die Margenverbesserung konzentrieren. Die Digitalisierung bietet weiter Wachstumspotenzial. Nebenbei zahlt SAP eine kleine, aber stetig steigende Dividende. Die Aktie bleibt kaufenswert.
Volkswagen
Dieseldunst verzieht sich
Volkswagen hat gute Geschäftszahlen präsentiert. Die Dividende steigt deutlich. Die Hauptmarke VW hat weiter Verbesserungspotenzial. Auch ein möglicher Börsengang des Nutzfahrzeuggeschäfts könnte die Aktie antreiben. Trotz Dieselskandal ist Volkswagen ein lohnendes Investment.
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Bildquellen: DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images, Julian Mezger für Finanzen Verlag
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