Russland hebt ab: Warum die Börse haussiert
16.05.16 21:49 Uhr
An der Moskauer Börse schießen die Kurse nach oben. Welche Gründe die Hausse hat und wie die weiteren Aussichten sind.
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von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Negativschlagzeilen aus Russland gibt es genug. Da tut es gut, auch mal etwas Positives zu hören. Vor gut einer Woche wurde der neue Weltraumbahnhof Wostotschny im Südosten des Landes eröffnet. Die erste Rakete, die von dort startete, brachte drei Satelliten in die Erdumlaufbahn. Nicht nur für Russland ist das Prestigeprojekt ein Meilenstein: In etwa 15 Jahren sollen von dort Kosmonauten zum Mars fliegen.
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Steil nach oben geht es nicht nur in Wostotschny, sondern auch in Moskau. Die Börse kennt seit einigen Monaten nur eine Richtung: aufwärts. Am 20. Januar fiel der russische Leitindex RTS auf den tiefsten Stand seit Dezember 2014, danach kannte er kein Halten mehr. Um 45 Prozent hat er seitdem zugelegt.
Alles hängt am Öl
Der entscheidende Grund für die Hausse ist die deutliche Erholung des Ölpreises. Mitte Januar stand er bei 29 US-Dollar pro Fass, heute werden rund 45 Dollar gezahlt. Das beflügelt die Börse in Moskau. "Der russische Aktienmarkt läuft nahezu eins zu eins mit dem Ölpreis", erklärt Carsten Hesse, Stratege für Osteuropa bei der Berenberg Bank. Denn die Abhängigkeit des Landes vom Öl ist enorm. Im Regelfall stammt mehr als die Hälfte der Staatseinnahmen aus dem Geschäft mit dem schwarzen Gold. Deshalb profitieren nicht nur Energiekonzerne von einer hohen Notierung, sondern der gesamte Staat und seine Bürger.Daneben gibt es weitere Gründe, die Russlands Aktien zum jüngsten Höhenflug verholfen haben. "Die geopolitische Situation hat sich etwas beruhigt, und die Sorgen über russische Aktionen haben nachgelassen", so Odeniyaz Dzhaparov, Fondsmanager des DWS Russia. Die Ukraine-Krise ist aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt, der Streit mit der Türkei über Einsätze in Syrien abgeebbt.
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Außerdem hat allgemein die Risikofreude der Investoren zugenommen. Sie zeigten sich seit Februar gegenüber den weltweiten Aktienmärkten wieder optimistischer. "Insbesondere für die Emerging Markets hat sich die Stimmung etwas verbessert", sagt Dzhaparov. Davon profitierte auch Russland.
Die Gründe für die Hausse zeigen eines: Russland selbst - seine Wirtschaftspolitik, seine Unternehmen, seine Konsumenten - ist für das jüngste Kursplus nicht verantwortlich. "Russland ist ein Trading-Markt und wird dies weiterhin kurzfristig bleiben", sagt Dzhaparov.
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Mittel- bis langfristig hält der Manager Russland für einen sehr interessanten Markt - aber nur, wenn es zu strukturellen Reformen kommt. "Der wichtigste Schritt wäre, dass sich der Staat aus der Wirtschaft zurückzieht." Mehr als 60 Prozent der Wirtschaft werden von ihm kontrolliert - deutlich zu viel, sagt er. Der zweite Schritt wäre eine Verbesserung der Unternehmensführung, um Aktionärsrechte besser zu wahren. Doch das ist Zukunftsmusik.
Ende der Rezession in Sicht
Immerhin scheint sich Russland langsam aus dem Griff der Rezession befreien zu können. Für 2016 rechnen Experten noch mit einem Minus von 1,5 Prozent. "Doch im kommenden Jahr wird die Wirtschaft wohl wieder minimal wachsen - immer vorausgesetzt, der Ölpreis bleibt mindestens auf dem aktuellen Niveau", sagt Berenberg-Stratege Hesse.Gestützt werden dürfte der Aufschwung vor allem durch die Exportunternehmen. Der Konsumsektor - in den vergangenen fünf Jahren bei Anlegern sehr beliebt - dürfte wenig dazu beitragen. "Im vergangenen Jahr blieb die Steigerung der Einkommen erstmals seit 15 Jahren hinter der Inflationsrate zurück", sagt Fondsmanager Dzhaparov. Das bremst die Kauflaune der Russen, die sich an fortwährend steigende Einkommen gewöhnt haben und noch dazu relativ hoch verschuldet sind.
Ob russische Aktien in den kommenden Monaten weiter steigen werden, hängt vor allem vom Ölpreis ab. Setzt sich die Erholung fort, wird Moskaus Börse zulegen. Doch dass der Rohstoff weiter in die Höhe schießt, gilt als unwahrscheinlich. "Der Ölpreis dürfte sich beim aktuellen Stand von 45 US-Dollar einpendeln", sagt Hesse.
Langfristig ist entscheidend, ob es zu wirtschaftlichen Reformen in Russland kommen wird. Doch die erwarten nur wenige. Seit Jahren werden sie diskutiert, passiert ist wenig bis nichts. Es fehlt an Fantasie, warum sich das bald ändern sollte.
Russland bleibt damit bis auf Weiteres eine Wette auf den Ölpreis. Reizvoll sind aber zumindest die niedrigen Bewertungen und die hohen Dividendenrenditen der Aktien. "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für den Leitindex RTS liegt gerade einmal bei 6,9, die Dividendenrendite beträgt 4,7 Prozent", berichtet Hesse. Damit zählt Russland zu den Börsen mit der höchsten Dividendenrendite weltweit.
Investor-Info
CFD
Einzelaktien und Rubel
Mit CFDs setzen Anleger auf Bewegungen bei Aktien, Währungen oder Rohstoffen. CFDs auf russische Indizes werden wegen Schwierigkeiten mit der Absicherung nicht angeboten. Einige Broker offerieren aber CFDs auf Aktien der wichtigsten Öl- und Gasunternehmen wie Gazprom. Gängig sind CFD-Wetten auf die russischen Währung, die infolge des Ölpreisanstiegs zuletzt aufgewertet hat. Die Devisenpaare Euro/Rubel und US-Dollar/Rubel bieten mehrere Broker an.
DWS Russia
Stabilität im Vordergrund
Der DWS Russia ist einer der ältesten Russland-Aktienfonds, die hierzulande verfügbar sind. Er wird seit mehr als neun Jahren von Odeniyaz Dzhaparov gelenkt. Dzhaparov zielt auf qualitativ hochwertige Unternehmen, deren Management sich als sehr verlässlich erwiesen hat. Wichtig ist darüber hinaus, dass ein Konzern in der Lage ist, auch in Krisen seinen Marktanteil zu vergrößern. Stabiler Fonds, aber seit 2015 im Seitwärtstrend.
db X-trackers MSCI Russia
Index mit Schlagseite
Wer einen ETF auf einen breiten russischen Index kauft, holt sich vor allem drei Aktien ins Depot: die Ölriesen Gazprom und Lukoil sowie das Finanzinstitut Sberbank. Sie machen fast die Hälfte des MSCI Russia Capped 25 Index aus, dem der hier vorgestellte ETF von
db X-trackers eins zu eins folgt. Die Energiebranche hat ein Gewicht von knapp 60 Prozent. Da der Ölpreis derzeit nicht nach oben tendiert, drängt sich kein Kauf auf.Weitere News
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