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Rohstoffkonzerne: Immer tiefer im Dreck

15.12.15 18:00 Uhr

Rohstoffkonzerne: Immer tiefer im Dreck | finanzen.net

Der Abstieg der Branche geht unvermindert weiter. Am Ende dürfte es sehr viele Verlierer und nur wenige Gewinner geben.

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von Peter Gewalt, Euro am Sonntag

Es ist schockierend, was mit diesem großartigen Unternehmen passiert." Jeremy Wrathall, der Rohstoffanalyst bei der südafrikanischen Bank Investec und früher im Bergbau am Kap tätig, ist fassungslos, nachdem er vergangenen Dienstag von den radikalen Umbauplänen bei Anglo American erfahren hat.



Gleich 85.000 Stellen oder zwei Drittel der Gesamtbelegschaft des südafrikanischen Bergbauunternehmens will Konzernboss Mark Cutifani in den kommenden Jahren abbauen. Dass auch Dividendenzahlungen gestoppt, Ausgaben gekürzt und große Teile des hoch verschuldeten und defizitären Unternehmens verscherbelt werden sollen, ging angesichts des Jobkahlschlags kurz vor Weihnachten fast unter.

Vielen Anlegern gingen die Pläne aber nicht weit genug. Die Anglo-Aktie verlor weiter stark, das Jahresminus summiert sich nunmehr auf über 74 Prozent, das Papier notiert so tief wie seit 1999 nicht mehr. Kein Wunder, drücken den Konzern doch zwölf Milliarden US-Dollar Schulden bei einem Börsenwert von gerade noch 6,3 Milliarden US-Dollar. Auch die Konkurrenz, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat, musste im Anschluss Federn lassen. Die Aktien von Anglo American, Branchenprimus BHP Billiton, und dem Rohstoffhändler Glencore zählen zu den drei der vier schlechtesten Aktien im britischen FTSE-Index 2016.


Der Dezember 2015 markiert somit einen neuen Tiefpunkt in der Talfahrt einer Branche, die über eine Dekade lang ganz weit oben in der Gunst der Investoren stand. Zwischen 2001 und 2012 schossen die Kurse der Minenkonzerne kontinuierlich in die Höhe, unterbrochen nur durch die Folgen der Finanzkrise. Doch Milliardenübernahmen, kostspielige Bergbauprojekte und die nachlassende Nachfragedynamik drücken Stimmung und Kurse seither immer tiefer in den Keller.

Und Fachleute geben keine Entwarnung. "Es ist nicht davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Metallen in den kommenden Monaten wieder rasant an Tempo gewinnt", meint Andre Frick, Rohstoffanalyst bei Vontobel Asset Management. Denn seit China als größter Abnehmer von Kupfer, Zink und Eisenerzen schwächelt, wächst der Verbrauch längst nicht mehr so stark wie erhofft.

Langsame Marktbereinigung

Doch auch auf der Angebotsseite sieht es weiter düster aus. Das große Überangebot drückt auf die Preise, viele Rohstoffe können nur noch mit Verlusten an den Mann gebracht werden.


Dies ist das Ergebnis des Rauschs der 2000er-Jahre, als ein Minenprojekt nach dem anderen gestartet wurde. Kosten spielten eine untergeordnete Rolle. So pumpte Anglo American allein 14 Milliarden US-Dollar in die Eisenerzmine Minas Rio in Brasilien. "Da Bergbauprojekte eine Vorlaufzeit, also vom Investitionsentscheid bis zur ersten Produktion, von fünf bis 15 Jahren beanspruchen, kommen diese Volumina nun auf den Markt", so Frick.

Klar ist, dass eine schnelle Marktbereinigung das Angebot einschränken und die Preise ­stabilisieren könnte. Doch bisher sind nur wenige kleinere Produzenten verschwunden, der große Kehraus lässt auf sich warten. Selbst Produzenten wie Platinförderer Lonmin, dessen Kurs um 92 Prozent abgeschmiert ist, schaffen es noch, über Kapitalerhöhungen frisches Kapital einzusammeln.

So zieht sich das Leiden der Branche weiter hin. Die großen Konzerne gehen erst einmal den Weg der Investitionskürzungen und des Verkaufs von Unternehmensteilen, um Kosten zu sparen. Auch Kapitalerhöhungen und die Kürzung der Dividende sind Mittel, um zu überleben. Letzteres wollen Branchenprimus BHP Billiton und Konkurrent Rio Tinto aber tunlichst vermeiden, da sie mit ihrer Politik jährlich steigender Ausschüttungen die Anleger an sich binden wollen.

Gefährliche Dividende

Mit elf Prozent Dividendenrendite sticht dabei BHP hervor. Ob der Konzern diese Zahlungen angesichts der Krise und milliardenschweren Folgekosten wegen eines verheerenden Staudammbruchs in Brasilien in dieser Höhe lange aufrechterhalten kann, wird bezweifelt.

Trotz aller Probleme stehen BHP und Rio Tinto vergleichsweise gut da und könnten aus der beginnenden Konsolidierungswelle als Gewinner hervorgehen. Hauptgrund ist, dass beide Konzerne den Preiskampf dank vieler kostengünstiger Minen länger bestehen können.

So weit ist Anglo American trotz des radikalen Restrukturierungsplans aber noch lange nicht. Knapp 100 Jahre nach Gründung des Unternehmens bleibt den Südafrikanern nun nicht viel mehr, als weiter um den Erhalt des Traditionskonzerns zu kämpfen.

Investor-Info

Anglo American
Zweifel am Erfolg

Dividendenkürzungen, Investitionskürzungen, Arbeitsplatzabbau und Unternehmensverkäufe sollen in den kommenden Jahren Milliarden einsparen und gleichzeitig Milliarden in die Kasse spülen. Es ist allerdings zweifelhaft, ob diese Anstrengungen angesichts der großen Probleme ausreichen. Es ist zu befürchten, dass Anglo American am Ende auch noch eine Kapitalerhöhung starten muss, die die Aktionäre belastet.

BHP Billiton
Dammbruch als Bremser

Dem australisch-britischen Konzern attestieren alle Fachleute, dank vergleichsweise kostengünstiger Produktion und starkem Produktmix am besten auf die Krisenjahre vor­bereitet zu sein. Zugleich lockt die hohe ­Dividendenrendite von über zehn Prozent. Anleger sollten aber abwarten, inwieweit die Belastungen aus der Dammbruchkatastrophe in Brasilien dem Konzern in den kommenden Monaten noch finanziell zusetzen werden.

Glencore
Harter Sparkurs

Der Schweizer Rohstoffhändler hat mithilfe einer Kapitalerhöhung, Dividenden- und Investitionskürzungen sowie durch den Verkauf von Unternehmensteilen seine Verbindlich­keiten nach Aussagen von Glencore-Vorstandschef Ivan Glasenberg vergangene Woche von einst 30 Milliarden Dollar auf 21 Milliarden Dollar reduziert. Ende 2016 sollen sie dann bei 18 bis 19 Milliarden Dollar liegen. Die Aktie hat daraufhin angezogen, ist aber weiter nur etwas für sehr Wagemutige. Die Glencore-Anleihe, die die Redaktion vor knapp zwei Monaten empfohlen hat, ist nach dem Kursanstieg nur noch eine Halteposition.

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Bildquellen: BHP Billiton, Aaron Bunch/Getty Images

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