Porsche-Aktie: VW gibt Vollgas Richtung Börsengang
Trotz Krieg und Zulieferkrise hält der größte Automobilbauer Europas an den Börsenplänen für die Sportwagentochter Porsche fest. Chef Herbert Diess hat dem Konzern ein ehrgeiziges Absatz- und Renditeziel ins Cockpit geschrieben. US-Turnaround und der Erfolg bei der E-Offensive machen Mut.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Wie beurteilt der Vorstandschef des größten Autokonzerns Europas die Folgen eines längeren Krieges in der Ukraine? "Die möglichen Sekundäreffekte über Rohstoffpreise, Devisenkurse und die konjunkturelle Entwicklung lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr schwer abschätzen", sagte Herbert Diess bei der Bilanz für 2021. Europa und besonders Deutschland würden aber stark leiden, wenn das länger dauere, so der VW-Chef.
Es sind harte Zeiten auch für VW. Die Wolfsburger müssen nicht nur den Chipmangel in der Branche managen. Kurzfristig sind Teile aus der Ukraine ein Riesenproblem. Die Zulieferer von Kabelbäumen aus dem Land produzierten deutlich weniger. Und wie lange Nachschub komme, wisse man nicht. Zuletzt wurden Kapazitäten etwa in den Werken Zwickau und Dresden beschränkt, wo Elektroautos hergestellt werden. Auch das Stammwerk in Wolfsburg ist betroffen. "Wir arbeiten an dem Problem. Und wir haben eine Task Force für die Verlagerung von Produktion aus Europa in die USA und China eingesetzt", so der Chef.
Ziele in den Sternen
Gleichwohl hat der Konzernlenker seinem Team fünf bis zehn Prozent mehr Absatz für das laufende Jahr ins Cockpit geschrieben. 2021 wurden 8,9 Millionen Fahrzeuge verkauft. Die operative Rendite soll nach den starken acht Prozent aus 2021 zwischen sieben und 8,5 Prozent liegen. Doch diese Ziele stehen angesichts der Unsicherheiten in den Sternen. "Wir sind resilienter geworden, haben unsere Kostenbasis gesenkt", entgegnet der Chef auf skeptische Fragen. Finanzchef Arno Antlitz verweist zudem auf den um 35 Prozent zum Vorjahr gestiegenen Cashflow von 8,6 Milliarden Euro und die hohe Liquidität, die unverändert bei knapp 27 Milliarden Euro liegt.
Schon das vergangene Jahr war trotz des insgesamt guten Zahlenpakets alles andere als einfach für die Niedersachsen. Wegen des Chip- und Teilemangels infolge klemmender Lieferketten in der Pandemie verkaufte Volkswagen 2,4 Millionen Autos weniger als im Jahr 2019. Gegenüber dem Vorjahr betrug der Rückgang 0,6 Millionen Einheiten. Der Abstand der Nummer 2 auf Weltmarktführer Toyota ist gewachsen.
Blickt man nicht auf die schiere Masse, sondern auf die Qualität der Zahlen, so hat Wolfsburg jedoch einiges zu bieten. Wegen der hohen Nachfrage insbesondere nach gut ausgestatteten, hochpreisigen Modellen stieg der Umsatz 2021 um zwölf Prozent auf 250 Milliarden Euro. Bei Gewinn und Rendite übertraf der Konzern die Erwartungen deutlich. So fiel das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen wie der Dieselaffäre, die weitere 800 Millionen Euro kostete, mit 20 Milliarden Euro fast doppelt so hoch aus wie im Vorjahr. Analysten hatten hier im Schnitt mit 18,7 Milliarden Euro gerechnet.
Einer der Gewinntreiber war die Finanz- und Leasingtochter VW Financial Services, die auch von den stark gestiegenen Gebrauchtwagenpreisen profitierte, weil sie etwa bei Leasingrückläufern viel höhere Restwerte verbuchen konnte als ursprünglich in der Bilanz angesetzt.
Der unbestrittene Star im Portfolio der zehn Konzernmarken aber war einmal mehr die Sportwagentochter Porsche. Die Zuffenhausener steigerten den Absatz trotz Chipmangels um zehn Prozent auf über 300.000 Fahrzeuge. Vom ersten vollelektrischen Porsche, dem Taican, wurden mehr als doppelt so viele Exemplare verkauft wie im Vorjahr. Der Stromer überflügelte mit über 41.000 Einheiten sogar den Klassiker 911, den es auch in Zukunft ausschließlich mit Verbrennungsmotor geben soll. Allein fünf Milliarden Euro operativen Gewinn spülte die Marke in die Konzernkasse.
Porsche startet wie geplant
Die Wolfsburger halten auch am geplanten Börsengang der Sportwagentochter fest. Die Vorbereitungen laufen trotz der Unsicherheiten an den Märkten auf vollen Touren, der Börsenstart sei für das vierte Quartal geplant, sagte Finanzchef Antlitz. Man strebe weiterhin eine Emission von 25 Prozent der Vorzugsaktien von Porsche an. Zwischen 80 und 120 Milliarden Euro Börsenwert trauen Experten dem Sportwagenbauer zu. So ergäbe sich ein Emissionsvolumen zwischen 20 und 30 Milliarden Euro. Zieht Wolfsburg den Plan durch, so könnte es der weltweit größte Börsengang nach dem des Ölriesen Saudi Aramco im Jahr 2019 mit 26 Milliarden Euro Volumen werden.
Die Aussicht auf einen IPO der Auto-Ikone beflügelt die Fantasie der Börsianer. Operative Erfolge dürften dies ebenfalls tun. So hat VW nach rund zehn Jahren erstmals in den USA wieder Gewinne geschrieben. Die Dieselaffäre ist auch in dieser Hinsicht fast abgearbeitet. Der Chef will im wichtigen Markt den Anteil von vier auf rund zehn Prozent steigern.
Auch bei der Elektromobilität zieht VW den Plan durch. Der Konzern baut in Salzgitter eine neue Batteriefabrik, hat Pläne für weitere Produktionsstätten und errichtet in der Nähe des Stammwerks mit dem Campus Sandkamp ein neues Entwicklungszentrum für E-Autos. Bis 2030 will Diess 60 Prozent des Absatzes in Europa vollelektrisch stemmen. Der Konzern hat Diess zufolge den Absatz der Stromer in China vervierfacht, ist die Nummer 1 in Europa und in den USA die Nummer 2.
Lediglich Primus Tesla muss VW sich dort geschlagen geben. Auch die Profitabilität der Amerikaner im Geschäft mit E-Autos liegt deutlich höher. "Tesla bleibt unser größter Konkurrent", sagt Diess. Doch der Chef ist zuversichtlich, durch Skaleneffekte aufzuholen und die Margenparität zwischen Verbrennern und E-Antrieblern noch vor dem angepeilten Zieljahr 2025 zu erreichen.
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