Asiens Antwort auf die IT-Könige: Konkurrenz schläft nicht!
Beim Thema Investments im IT-Sektor fallen in der Regel stets Namen aus den USA - von Amazon bis Oracle. Doch Anleger sollten auch Asiens IT-Werte beachten.
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von Benjardin Gärtner, Gastautor von €uro am Sonntag
Es gibt guten Grund zu glauben, dass die neuen Hoffnungsträger im IT-Bereich nicht nur aus den Vereinigten Staaten kommen, sondern auch aus Asien. Sie sind zwar nicht so chic und bekannt wie die US-Adressen, aber sie haben es in sich.
Wenn das neue iPhone etwa, wie kolportiert, rund 1400 US-Dollar kosten soll, liegt das nicht unbedingt daran, dass Apple seine Marge ausweiten möchte. Es liegt daran, dass chinesische Unternehmen wie Hon Hai oder Largan Precision ihre Preise erhöht haben. Sie stellen die Gehäuse her, bauen Kameralinsen oder Displays für Smartphones und profitieren von einem Markt mit immenser Nachfrage.
Technologisch sind die asiatischen Konzerne ohnehin weit vorn: Die neue, sogenannte OLED-Displaytechnologie für Smartphones etwa wird Apple beim neuen Modell erstmals zum Einsatz bringen, bei Samsung ist OLED seit Jahren Standard. Da Apple die Displays nicht selbst herstellen kann, musste der US-Konzern ausgerechnet beim schärfsten Konkurrenten in Südkorea bestellen. Dass die Koreaner schon in der Vergangenheit Chips und andere Bauteile für Apple geliefert haben, fällt dabei kaum ins Gewicht, denn jetzt geht es nicht mehr um kleine Komponenten, sondern um Technologieführerschaft.
Die asiatischen Ausrüster haben noch einen Vorteil: ein breit diversifiziertes Geschäftsmodell. Sollten die Konsumenten irgendwann ein anderes Telefonfabrikat bevorzugen, ist das vielen Zulieferern herzlich egal. Sie beliefern ohnehin mehrere Hersteller und Branchen. Trends hin zu Elektromobilität und autonomem Fahren, zu mehr Vernetzung zu Hause und am Arbeitsplatz spielen ihnen zusätzlich in die Karten.
Es lohnt sich gleichwohl festzuhalten, dass sich der asiatische IT-Sektor keinesfalls auf die Zulieferindustrie beschränkt. Vielmehr lässt sich der Abschied der Region als Werkbank der Industrienationen in kaum einem Bereich so gut beobachten wie in der Informationstechnologie. Der chinesische Online-Retailer Alibaba beispielsweise steht Amazon technisch in nichts nach, hat aber überdies den Vorteil, dass im Reich der Mitte die Bereitschaft zum Onlineshopping keinesfalls geringer ist als in den USA. Der aktuelle Kundenstamm von Alibaba liegt bei knapp 500 Millionen.
Die nächsten Schritte sind absehbar: Das Cloud-Geschäft, bei Amazon der große Margenbringer, baut Alibaba gerade aus, die Monetarisierung der Nutzerdaten mittels zielgerichteter Werbung ist eine von vielen Erlösquellen, die aktuell angezapft werden.
Geschäftsmodelle wie die US-Riesen - nur noch besser
Auch das in China ansässige Facebook-Pendant Tencent muss sich vor der US-Konkurrenz nicht verstecken - eher im Gegenteil. Das Unternehmen hat es geschafft, sich eine marktbeherrschende Stellung zu verschaffen, und bietet - vereinfacht gesagt - die gleichen Funktionen wie Facebook, Whatsapp, Appstore und Paypal, gebündelt in einer einzigen App. Die dadurch anfallende Datenmenge nutzt Tencent, um die 900 Millionen Kunden mit Onlinespielen und Werbung zu versorgen, eine sehr einträgliche Geschäftsidee.
Um es klar zu sagen: Diese Adressen sind keine Geheimtipps mehr. Mit einer Marktkapitalisierung von 360 Milliarden US-Dollar ist Alibaba in etwa so groß wie der US-Ölgigant Exxon. Die hierzulande weitgehend unbekannte Adresse Hon Hai ist mit einem Börsenwert von 60 Milliarden US-Dollar in etwa so groß wie BMW. Anders als die Münchner kann Hon Hai aber seit Jahresbeginn auf eine Kurssteigerung von gut 40 Prozent zurückblicken - das wiederum ist kein Sonderfall, sondern entspricht ungefähr dem durchschnittlichen Anstieg aller asiatischen IT-Aktien.
Es soll nicht verschwiegen werden, dass auch unter den asiatischen Techtiteln nicht alles eitel Sonnenschein ist. Nicht wenige Unternehmen haben mit mangelhafter Corporate Governance oder regulatorischer Unsicherheit zu kämpfen. Damit gehen Risiken einher, die mitunter zu heftigen Kursabschwüngen führen können. Daher sollten Investoren die Probleme bei der Auswahl ernst nehmen. Trotzdem: Wer Geld im IT-Sektor anlegen will, sollte sich nicht auf die USA konzentrieren. Er könnte einiges verpassen.
Kurzvita
Benjardin Gärtner
Kapitalmarktstratege bei Union Investment
Gärtner leitet das Portfoliomanagement Aktien bei Union Investment. Der gelernte Bank- und Diplomkaufmann war zuvor bei der Deutschen Bank sowie bei der Allianz und bei Goldman Sachs tätig. Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und mit aktuell rund 310 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen einer der größten deutschen Vermögensverwalter für private und institutionelle Anleger.
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Bildquellen: Union Investment, ChinaFotoPress/ChinaFotoPress via Getty Images
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