Euro am Sonntag-Interview

Campari-Chef: "Der Weinkonsument ist polygam"

14.08.17 11:00 Uhr

Campari-Chef: "Der Weinkonsument ist polygam" | finanzen.net

Bob Kunze-Concewitz, der Geschäftsführer von Campari, über ehrgeizige Wachstumspläne des Konzerns, alte Geheim­rezepte sowie die großen Trends auf dem Spirituosenmarkt.

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von Micaela Taroni, €uro am Sonntag

Ereignisreiche zwölf Monate liegen hinter Campari. Mit dem Erwerb von Grand Marnier für 684 Millionen Euro brachte der italienische Konzern vor einem Jahr seine bislang größte Akquisition unter Dach und Fach. Grand Marnier, Produzent des berühmten französischen Orangenlikörs, kann auf eine lange Familiengeschichte zurückblicken.



Die sechste Generation der Familie Marnier-Lapostolle hielt das Unternehmen mit einem Umsatz von 152 Millionen Euro fast 190 Jahre lang. Doch im Wettbewerb mit großen Konzernen wie ­Diageo und Pernod Ricard konnte das französische Unternehmen nicht mehr mithalten. Daher entschloss sich die ­Eigentümerfamilie zum Verkauf ihres Imperiums an Campari.

Die Italiener erhalten damit die Möglichkeit, eine weltweit bekannte Edelmarke wie Grand Marnier über ihren internationalen Vertrieb zu vermarkten. Über Camparis globale Wachstumsstrategie hat der österreichische CEO Bob Kunze-Concewitz klare Vorstellungen. Im Gespräch mit €uro am Sonntag stellte er am Sitz der Auslandspresse in Rom seine Entwicklungsstrategie vor. Und die Pläne von Kunze-Concewitz sind durchaus ehrgeizig: Campari will schrittweise aus dem Bereich der stillen Weine aussteigen, dafür konzentriert sich das Unternehmen ganz auf den Spirituosenmarkt. Anlegern schmecken diese Aussichten, die Aktie der Italiener hat allein in diesem Jahr bereits um rund 30 Prozent zugelegt.


Die Nummer 6 der Branche weltweit hat in den vergangenen Monaten die namhaften Weinmarken Sella & Mosca, Teruzzi & Puthod sowie Enrico Serafino und Vini Fermi Cileni versilbert. Der Erlös soll weiteren Akquisitionen des Unternehmens aus Sesto San Giovanni bei Mailand dienen, dessen Portfolio 50 Marken im Aperitif-, Wermut- und Grappa-Bereich, bei Tequila und Likören sowie Whisky und Jamaika-Rum umfasst. Cynar, Aperol und Cinzano, Glen Grant, Ouzo 12, dazu Bittergetränke wie Amaro Averna sind nur einige namhafte Brands unter dem Dach der Marke Campari.

€uro am Sonntag: Campari hat sich von einigen Weinmarken getrennt. Lohnt sich das Weingeschäft für Sie denn nicht mehr?
Bob Kunze-Concewitz: Wir wollen uns auf den Spirituosenbereich konzentrieren, weil die Gewinnmargen höher und die Verkaufskanäle ganz anders als jene des Weinsektors sind. Daher haben wir den durch die Grand-Marnier-Akquisition erworbenen Weinhersteller Château de Sancerre an die französische Maison Ackerman verkauft. Ich sage immer: Der Weinkonsument ist polygam, er versucht immer Neues. Wer Spirituosen bevorzugt, ist monogam, er bleibt einer Marke treu. Wir setzen zurzeit auf Rationalisierung nicht strategischer Assets, um uns auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Seit Anfang 2016 haben wir No-Core-Aktivitäten für einen Gesamtwert von 117 Millionen Euro verkauft.

Seit 1995 hat Campari 26 Akquisitionen unter Dach und Fach gebracht, darunter jene von Grand Marnier. Ist jetzt mit Firmenübernahmen erst einmal Schluss?
Nein, keineswegs. 50 Prozent unseres Wachstums planen wir mit Akquisitionen, den Rest dank struktureller Expansion. In diesem Jahr haben wir bereits die britische Spirituosenmarke Bulldog London Dry Gin erworben. Wir suchen nach weiteren interessanten Brands. Jedes Jahr nehmen wir circa 13 bis 15 Unternehmen unter die Lupe, die nach ­unseren Standards für eine Übernahme infrage kommen. Wir haben ein Expertenteam, das ständig interessante Unternehmen examiniert. Unser Ziel ist es, Marken mit Potenzial zu übernehmen, sie zu entwickeln und sie dank unseres weltweiten Vertriebsnetzes international zu profilieren.

Wie läuft es mit der Umstrukturierung von Grand Marnier?
Grand Marnier meldet 75 Prozent seines Umsatzes in Kanada und in den USA. ­Einige Geschäftsbereiche des Unternehmens sind bisher nicht so gut verwaltet worden, das wollen wir ändern. Wir wollen vor allem in den USA wachsen und sind auch dabei, das Produktportfolio zu straffen. Wir trennen uns von Marken, die nicht zum Kerngeschäft gehören.

Campari ist seit 2001 an der Mailänder Börse notiert. Seither hat sich der Wert der Campari-Aktie mehr als versiebenfacht. Sie sollten zufrieden sein mit der Entwicklung.
Trotz des schwierigen makroökonomischen Umfelds hat Campari in den vergangenen Jahren seine Leistungen deutlich verbessern können. Das wirkt sich positiv auf die Bewertungen der Aktie aus. Campari hat im vorigen Jahrzehnt besser abgeschnitten, als der breite Markt das getan hat.

Wie setzt sich Camparis Aktionärskreis zusammen?
Die Mailänder Unternehmerfamilie Garavoglia hält über die Gesellschaft Alicros eine 51-prozentige Mehrheit. Zweitstärkster Aktionär ist Cedar Rock Capital Ltd. mit einem Aktienpaket von zehn Prozent. Der Rest ist an der Börse.

Hat sich durch den Börsengang Camparis Strategie stark geändert?
Dank der Familie Garavoglia als Mehrheitsaktionär können wir langfristig planen. Und dank der Börsennotierung haben wir Zugang zu Kapital, um unsere Wachstumsstrategie zu entwickeln, die stark auf Akquisitionen basiert.

Wie viel investiert Ihr Unternehmen in Marketing und Werbung?
Circa 18 Prozent des Umsatzes werden wir im Gesamtjahr 2017 für Marketing ausgeben, im Vorjahr waren es 17,7 Prozent. Zu den Highlights unserer Kampagne zählt der Campari-Kalender. Im vergangenen Jahr haben wir unter anderem einen Kurzfilm unter der Leitung des italienischen Oscar-Preisträgers Paolo Sorrentino, Regisseur des Films "Die große Schönheit", gedreht sowie eine Videoserie mit der Geschichte von zwölf Campari-Cocktails. 2016 haben wir dem US-Schauspieler Matthew ­McConaughey als Kreativdirektor und Hauptdarsteller alle globalen Werbekampagnen unseres Kentucky-Bourbons Wild Turkey anvertraut.

Das Campari-Rezept ist ein streng gehütetes Geheimnis, wie jenes von Coca-Cola. Wann ist diese Erfolgsrezeptur entworfen worden?
Campari ist 1860 dank des Likörherstellers Gaspare Campari entstanden. Seitdem ist das Rezept streng geheim. Im Unternehmen kennen nur drei Personen die Rezeptur - und ich bin k­einer von ihnen.

Zu den Marken in Ihrem Portfolio zählen Campari, Aperol und Crodino, aber auch weniger bekannte Marken. Welche ist denn besonders attraktiv?
Kosten Sie mal den aus Bormio stammenden Likör Braulio! Er wird mit Alpenkräutern hergestellt. Das ist etwas Einmaliges. Wir haben diese Marke 2014 übernommen, als wir den sizilianischen Likörhersteller Averna geschluckt haben. Viele unserer Kunden mögen Nischenmarken mit einer Geschichte, ­einer Familientradition dahinter, sie legen Wert auf authentische Wurzeln. Wir bieten dem Kunden etwas Besonderes: eine Geschichte.

Campari ist stark an die italienische Heimat gebunden, wo der Konsum nach den Krisenjahren immer noch nicht besonders stark wächst. Wie sehen Sie die Entwicklung in Italien in den nächsten Jahren?
Italien bleibt für uns mit einem Anteil von 24 Prozent weiterhin ein wichtiger Markt. Italien ist meiner Ansicht nach ein Land mit großem Potenzial, dank der Vielfältigkeit seiner Talente und der Stärke des Brands "Made in Italy". Italienischer Stil wird weiterhin weltweit stark geschätzt.

Welche Trends beobachten Sie auf dem internationalen Spirituosenmarkt?
Zum einen gibt es eine Rückkehr zum klassischen Traditionscocktail, zum anderen wollen immer mehr Leute einen Longdrink mit weniger Alkohol. Für beide Trends sind wir gut positioniert. Die zusätzliche Nachfrage kommt in Ländern wie Österreich und Deutschland meist von Kunden, die früher Bier bestellten. Außerdem wird der italienische Lifestyle auch im Ausland immer beliebter, was für unser Geschäft positiv ist. Unser Aperol Spritz ist weltweit im Vormarsch.

Campari exportiert nicht nur Getränke, sondern auch italienischen Lebensstil, wie in der Werbung zu sehen ist. Wie kommen die Campari-Marken im deutschsprachigen Raum an?
Sehr gut, Aperol wächst zweistellig in Deutschland. Im ganzen Land wird der Aperol Spritz zusammen mit weiteren italienischen Ikonen wie Campari, Averna und Frangelico immer populärer. Darüber sind wir sehr glücklich. Deutschland ist nach Italien unser wichtigster Markt, gefolgt von Österreich, Frankreich, der Schweiz, Belgien und Großbritannien. Die USA zählen zu den zehn stärksten Märkten, unser Ziel ist, dort kräftig zu wachsen. Es besteht dort noch viel Potenzial für uns.

Sie haben einen internationalen familiären Hintergrund ...
Mein Vater ist Österreicher, ich habe einen österreichischen Pass. Meine Familie mütterlicherseits stammt zum Teil aus Malta und zum Teil aus Italien. Mit Aperitif-Getränken bin ich sozusagen aufgewachsen, da mein Vater die Vertretung von Martini in der Türkei innehatte. Ich bin in Istanbul geboren, doch sehr stark an Italien gebunden.

Vor zwölf Jahren wechselten Sie zu Campari. Zwei Jahre später wurden Sie zum Geschäftsführer ernannt. Im Gegensatz zu vielen Spitzenmanagern, die gern den Konzern wechseln, bleiben Sie Campari treu. Wo führt Sie Ihr Weg bei Campari hin?
Ich bin mit meinem Job sehr zufrieden und will bis zur Pension bei Campari bleiben.

Globaler Geschäftsmann
Der aus einer Adelsfamilie stammende Österreicher Bob Kunze-Concewitz wurde 1967 in Istanbul geboren. Nach dem Abitur in Frankreich studierte er am Hamilton College in den USA. Seine Karriere begann er 1990 in der Marketingabteilung von Procter & Gamble in Rom. Von 1995 an war er für die Vermarktung der Luxus­produkte von Procter & Gamble verantwortlich. 2005 wechselte der Manager, der fünf Sprachen fließend spricht, zu Campari als Group Marketing Officer. Zwei Jahre später wurde er zum Geschäftsführer ernannt. Der mit einer Amerikanerin verheiratete Vater zweier Kinder ist ein passionierter Skifahrer und Segler.

Auf Wachstumskurs
Der 1867 gegründete Campari-Konzern ist in 190 Ländern der Welt präsent. Das in Sesto San Giovanni beheimatete Unternehmen meldete 2016 ­einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro, 77 Prozent davon werden im Ausland generiert. Der Gewinn betrug 166 Millionen Euro. In den letzten 20 Jahren hat Campari, an dem die Industriellenfamilie Garavoglia über die Investmentfirma Alicros die Mehrheit hält, den Umsatz mit Akquisi­tionen und strategischem Wachstum vervierfacht. Zum Port­folio des Unternehmens zählen 50 Marken, darunter Aperol, Skyy, Cynar, Crodino, Averna und Wild Turkey. Die Campari-Aktie (ISIN: IT0005252207) hat allein 2017 an der Mailänder Börse um rund 30 Prozent zugelegt.

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Bildquellen: Davide Campari-Milano S. p. A.

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30.03.2022ProcterGamble NeutralJP Morgan Chase & Co.
20.10.2020ProcterGamble Sector PerformRBC Capital Markets
23.10.2019ProcterGamble buyGoldman Sachs Group Inc.
30.07.2019ProcterGamble Sector PerformRBC Capital Markets
24.04.2019ProcterGamble OverweightBarclays Capital
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23.10.2019ProcterGamble buyGoldman Sachs Group Inc.
24.04.2019ProcterGamble OverweightBarclays Capital
14.12.2017ProcterGamble BuyDeutsche Bank AG
27.04.2017ProcterGamble HoldStifel, Nicolaus & Co., Inc.
15.02.2017ProcterGamble kaufenJefferies & Company Inc.
DatumRatingAnalyst
30.03.2022ProcterGamble NeutralJP Morgan Chase & Co.
20.10.2020ProcterGamble Sector PerformRBC Capital Markets
30.07.2019ProcterGamble Sector PerformRBC Capital Markets
24.04.2019ProcterGamble NeutralCredit Suisse Group
23.04.2019ProcterGamble NeutralGoldman Sachs Group Inc.
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