Euro am Sonntag-Analyse

Fusionswelle rollt: Wo die Chemie stimmt

01.06.17 21:40 Uhr

Fusionswelle rollt: Wo die Chemie stimmt | finanzen.net

In der Chemie-Branche rollt eine gigantische Fusionswelle, die neben unbekannten Verbindungen auch einen neuen Marktführer nach oben spült. Der bisherigen Primus BASF muss kämpfen.

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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Der Zeitpunkt war günstig. Peter Huntsman, Chef und Sohn des Gründers der gleichnamigen texanischen Spezialchemiefirma, will den Schweizer Konkurrenten Clariant für 6,4 Milliarden Dollar in Aktien seiner Firma übernehmen. "Es geschah nicht früher, weil sowohl Clariant als auch Huntsman ihre Geschäfte durch Zukäufe und Verkäufe reorganisiert haben. Als wir uns dann vor etwa einem Monat getroffen haben, stellten wir fest, dass die Börsenwerte der Firmen ein vergleichbares Niveau erreicht hatten", berichtet Huntsman. In den vergangenen Jahren habe er mit Clariant-Lenker Hariolf Kottmann häufig über einen möglichen Zusammenschluss gesprochen, sagt der Texaner.

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An der Börse liegt der Wert von Clariant trotz etwas geringeren Umsatzes höher als der von Huntsman. Die geringen Schwankungen der Aktienkurse sind ein weiteres Argument, um den Zusammenschluss jetzt anzugehen. Darüber hinaus läuft die Konjunktur stabil, vor allem in Europa, aber auch in Amerika.

Kostendruck treibt an

Auf dem Parkett erhöht der erste größere Deal in der Spezialchemie den Gesamtwert der aktuell laufenden Übernahmen in der Chemiebranche auf 380 Milliarden Dollar - das ist ein neuer Spitzenwert. Wesentlicher Antrieb für diese Welle der Konsolidierungen, die mit Huntsman-Clariant jetzt auch die lukrativen Nischen der Spezialchemie erfasst, sind Kosteneinsparungen im großen Stil. Bei der Fusion der Texaner mit den Eidgenossen stellen die Vorstände der beiden Unternehmen Synergien von 3,4 Milliarden Dollar in Aussicht. Analysten, die den Zusammenschluss begrüßen, kalkulieren vorsichtiger und erwarten etwa drei Milliarden Dollar Einsparungen. Am künftigen Unternehmen werden die Eidgenossen wegen des höheren Börsenwerts von Clariant, 52 und Huntsman 48 Prozent der Anteile halten. Bei der sogenannten Fusion unter Gleichen sollen für die Arbeitnehmer jeweils die Arbeitnehmerrechte des Landes gelten in dem sie arbeiten.

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Größe ist für die Schweizer Clariant ein ähnlich wichtiges Argument. Zusammen kommen die Unternehmen auf gut 14 Milliarden Euro Umsatz. "Firmen in dieser Größenordnung profitieren am meisten von den Trends in der Spezialchemie. Allein hätten wir zu lange gebraucht, um diese Größenordnung zu erreichen", sagt Chef Kottmann.

In Asiens Wachstumsmärkten sind die beiden Firmen zusammen stärker. In den reifen Märkten der Industrieländer ergänzen sich die Unternehmen mit ihren Offerten. Übernahmeangebote europäischer Konzerne, etwa von Evonik, wehrte Clariant deshalb ab.
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Der neue Konzern wird über eine breite Produktpalette von Katalysatoren über Vorprodukte für die Kosmetikindustrie und verschiedenen Kunststoffen verfügen. In der globalen Spezialchemie wird die amerikanisch-schweizerische Firma die Nummer 2, gleich hinter dem deutschen Primus Evonik.

Auch in der Liga der breiter aufgestellten Chemieriesen sind Größe und Kosten die Treiber für neue Verbindungen. So hofft der Pharma- und Chemiekonzern Bayer auf den Ausbau seines Agrarchemiegeschäfts mit der milliardenschweren Übernahme des US-Pestizid- und Saatgutherstellers Monsanto. Bis Ende September soll der Deal unter Dach und Fach sein.

In den USA arbeiten die beiden US-Riesen Dow Chemical und DuPont mit Hochdruck daran, ihre Fusion bis Jahresende abzuschließen. Allerdings wird es ein Zusammenschluss mit geringer Bindungsenergie: Um mehr Kosten zu sparen, soll der neue Konzern anschließend in drei börsennotierte Firmen zerlegt werden.

Die künftige Nummer 1 der weltweiten Chemiebranche wird unterdessen im Reich der Mitte geschmiedet. Dort hat die politische Führung in Peking die Chemiebranche zu einer der Schlüsselindustrien des Landes erklärt. Der hoch verschuldete Konzern ChemChina soll mit Sinochem, fusionieren - auch um deren Kauf des Schweizer Saatgutspezialisten Syngenta finanziell besser bewältigen zu können.

Der nicht börsennotierte Staatskonzern käme dann auf mehr als 70 Milliarden Euro Umsatz und würde den amtierenden Primus BASF mit aktuell 58 Milliarden Euro verdrängen. Zudem könnte auch Bayer gemeinsam mit Monsanto am DAX-Konzern aus Ludwigshafen vorbeiziehen.

Das ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die BASF-Lenker Kurt Bock vorwerfen, zu zögerlich zu agieren. Sie befürchten, dass der bisherige Weltmarktführer zunächst von den Chinesen und später auch noch von Arabern überholt werden könnte. Die Saudi Basic Industries Corporation, kurz SABIC, will drei bis sechs Milliarden Dollar in Zukäufe investieren. Im Visier sind Firmen aus der Petro-, Agrar- und Spezialchemie.

Doch für Bock, den ehemaligen Finanzchef des DAX-Konzerns, zählt Profitabilität offenbar mehr als Größe. Mit Ausnahme der 2016 für 2,8 Milliarden Euro übernommenen Chemetall liegt der jährliche Durchschnitt bei Zukäufen und Desinvestitionen in den vergangenen zehn Jahren bei bescheidenen 500 Millionen Euro. BASF hat genug Reserven Bisher fährt Bock damit gut. Das Chemiegeschäft von BASF wuchs 2016 um knapp fünf Prozent, während die 20 größten Unternehmen der Branche im Schnitt Rückgänge in Kauf nehmen mussten. Besonders erfreulich entwickelt sich die Sparte Spezialchemie. Die Bereiche Funktionsmaterialien, Pigmente und Kosmetik-Vorprodukte liefern zweistellige Gewinnzuwächse. Beobachter erwarten hier weitere Zukäufe wie jüngst Chemetall, die Sparte für Lacke des US-Konzerns Albemarle. Die Finanzreserven wären vorhanden. Die Verschuldung ist mit dem 1,4-Fachen des operativen Gewinns niedrig.

Im Gegensatz dazu wirkt der Spezialchemiekonzern Evonik schon beinahe aggressiv. Zukäufe sollen die Abhängigkeit vom Geschäft mit Zusatzstoffen etwa für Tiernahrung verringern. Ende 2016 hatte der Konzern für 3,8 Milliarden Dollar in den USA eingekauft, die Spezialklebersparte von Air Products und für 630 Millionen das Silica-Geschäft von JM Huber eingeheimst. Mit operativen Margen von jeweils über 20 Prozent sind beide Käufe eine gute Ergänzung für das Kerngeschäft.

Aufsichtsratschef Werner Müller erwartet vom neuen Chef Christian Kullmann weitere Taten. Der hatte die Zukäufe mit initiiert. Unter dem Neuen darf der MDAX-Konzern aus Essen weiter eifrig shoppen.

Investor-Info

BASF
Chemie stimmt

Das seit Längerem schwächelnde Öl-und Gasgeschäft, das früher einen wesentlichen Anteil des Gewinns lieferte, wurde stark zurückgefahren. Obwohl die Chemiesparten in der BASF-Bilanz deutlich stärker wurden, bremsten Öl und Gas auch 2016 das Geschäft. Für das laufende Jahr erwarten Analysten im Schnitt jedoch zehn Prozent mehr Umsatz und beim Nettogewinn sogar ein Plus von 25 Prozent. Die Trendwende sollte damit geschafft sein. Solider Dividendentitel.

Evonik
Mehr Schwung

Chef Christian Kullmann, seit wenigen Tagen an der Spitze, soll dem Spezialchemieriesen Dynamik verleihen. Die Zukäufe in den USA, die Kullmann mit eingefädelt hat, werden sich in diesem Jahr nach Schätzungen von Analysten mit 13 Prozent mehr Umsatz bemerkbar machen. Mit Gewinnzuwächsen durch die Integration der Firmen könnte Evonik überraschen. Aktuell erwarten Analysten für 2017 etwas weniger Gewinn. Spekulativ.

Huntsman
Texaner in der Schweiz

Gelingt die Fusion, hat Huntsman-Clariant mit mehr als 14 Milliarden Euro Umsatz einen Sitz in der Schweiz, wird aber aus Texas geführt. Die hohen Schulden, die dem 2,6-Fachen des operativen Gewinns für 2016 entsprechen und von Huntsman stammen, sollen durch den geplanten Verkauf der Pigment-Sparte der Amerikaner für zwei Milliarden Dollar auf das 1,5-Fache gedrückt werden. Abwarten.

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