Euro am Sonntag-Aktien-Tipps

Flattrige Fummel: Warum es in den Modefirmen kriselt

14.12.18 07:05 Uhr

Flattrige Fummel: Warum es in den Modefirmen kriselt | finanzen.net

Deutsche Hersteller kommen nicht aus der Krise. Das liegt nicht nur an der Konkurrenz aus dem Netz. Die wahren Gründe.

von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Verkauft ein Modehändler in Deutschland ein T-Shirt für 29 Euro im Laden, bleiben ihm abzüglich Personalkosten, Miete, Werbung und anderer Posten im Schnitt 1,02 Euro Gewinn. Das hat der Handelsverband für Textil ausgerechnet, um dem Vorwurf entgegenzutreten, dass Modegeschäfte Kleidung jenseits von Rabattaktionen mit üppigen Margen verkaufen.



Nicht nur bei T-Shirts bleibt am Ende wenig übrig. In der Modebranche tobt ein Preiskampf. Hersteller wie HUGO BOSS, GERRY WEBER, TOM TAILOR oder auch der zwar heimische, aber an der Börse in Hongkong gelistete Textilkonzern Esprit darben.

GERRY WEBER ist soeben haarscharf an der Insolvenz vorbeigeschrammt. Nur weil Gläubiger eines Schuldscheindarlehens ihre Forderungen bis Ende Januar 2019 aufgeschoben haben, kann das Unternehmen aus dem westfälischen Halle seine Sanierungsstrategie fortsetzen. Für das Ende Oktober abgelaufene Geschäftsjahr hatte der Vorstand Mitte November eine zweite Gewinnwarnung herausgegeben. Das Weihnachtsgeld für die Mitarbeiter ist gestrichen, 900 von 6.500 Jobs fallen weg.

GERRY WEBER im Sinkflug

Seit bereits drei Jahren schrumpfen sowohl Umsatz als auch operativer Gewinn. GERRY WEBER reagiert: Die letzte Kollektion des Jugendlabels Talkabout wird kommenden Februar ausgeliefert, der Showroom in Düsseldorf ist verkauft und Vorstandschef und Gründersohn Ralf Weber trat im Herbst den Rückzug aus dem Management an.

Bei der Konkurrenz sieht es kaum besser aus: Der neue Esprit-Vorstandschef Anders Kristiansen hat Filialschließungen für dieses und nächstes Jahr angekündigt. 40 Prozent der Mitarbeiter in der Verwaltung müssen gehen. In den nächsten Jahren, so Kristiansen, werde das Unternehmen wohl keine Gewinne machen. TOM TAILOR und die einstige Vorzeigemarke HUGO BOSS sind mit ihrer Sanierung schon ein Stück weiter, doch die Krise überstanden haben sie noch lange nicht.



In den Einkaufsstraßen des Landes finden Kunden aber auch Marken, die es besser machen. Zara zum Beispiel, größtes Label des weltweiten Branchenprimus Inditex. Auf ihren großen Ladenflächen verwirklichen die Spanier seit Jahren wachsende Umsätze und Gewinne. Erst im September hat Vorstands­chef Pablo Isla einen Flagship-Store in Mailand eröffnet. Eine Studie der US-­Investmentbank JP Morgan kam zwar jüngst zum Schluss, dass auch Zara demnächst vom boomenden Onlinehandel überrollt werden würde.

Doch Isla konterte: "Alle Inditex-Marken werden 2020 weltweit online verfügbar sein." Zara-Kleidung zumindest kann dank effizienter Digitalplattform schon heute in 202 Märkten online bestellt werden. Im Netz hat der Konzern, dem etwa auch die Marken Massimo Dutti, Pull & Bear sowie Bershka gehören, soeben die neue Kosmetiklinie von Zara gelauncht. Zwölf Prozent des Konzern­umsatzes macht Inditex via Internet. Bei Hugo Boss sind es nur vier Prozent, TOM TAILOR beginnt erst damit, einen Onlinevertrieb aufzubauen.

Dass vor allem die mittelständischen Hersteller so leiden, hat noch einen anderen Grund: "Die Unternehmen haben ihre Marken nicht gepflegt und jetzt verkaufen sie austauschbare Produkte", sagt Wolfgang Schiller, Experte für Markenmanagement und Inhaber einer gleichnamigen Beratungsgesellschaft. Das französische Werbeunternehmen Havas kam in einer weltweiten Studie zur Bedeutung von Marken zum Fazit, dass es die Kunden nicht kümmern würde, wenn 74 Prozent der Labels, die sie tragen, einfach verschwinden würden. Das Problem sieht man auch in den Unternehmen: "Die Marke hat ihre Energie verloren", kritisiert Esprit-Chef Kristiansen das eigene Haus.

Attraktive Themenwelten

Schiller sieht in der Markenerosion die Wurzel allen Übels. Mit der Austauschbarkeit seien den Labels die Kunden abhanden gekommen. "Wer seinen Kunden keine Einzigartigkeit bieten kann, rutscht in den Preiskampf." Die Bereitschaft, Premiumpreise zu zahlen, hänge an der Markenstärke. Zara-Mutter Inditex hingegen habe die Käufer mit Themenwelten überzeugt. Die Lieferketten sind so effizient aufgestellt, dass es sich die Spanier auch leisten können, T-Shirts für 29 Euro zu verkaufen.

Investor-Info

Inditex
Maßgeschneidert

Während aus deutschen Häusern 2018 Gewinnwarnungen kommen, hat Weltmarktführer Inditex die Umsatzprognose angehoben. Statt einem Plus von vier bis sechs Prozent will Inditex mindestens sechs Prozent einfahren. Mit dem Plan, alle Marken bis 2020 weltweit online verfügbar zu machen, ist Inditex auf dem richtigen Weg. Allerdings leidet das internationale Geschäft, das die Hälfte des Umsatzes ausmacht, unter Währungseffekten. Günstige Bewertung nach Korrektur.

HUGO BOSS
Schnäppchen

Um moderate 15 Prozent hat der Aktienkurs von HUGO BOSS binnen zwölf Monaten nachgegeben. Der Markt hat Brexit-Risiken und den schwach wachsenden deutschen Textilmarkt eingepreist. Nun ist der Titel im Branchenvergleich sehr niedrig bewertet. Die Metzinger haben ihre Marken neu ausgerichtet. Bis 2022 will Hugo Boss damit schneller wachsen als der Markt, um jährlich fünf bis sieben Prozent. Der Gewinn soll sich besser entwickeln als der Umsatz, die Marge soll auf 15 Prozent steigen. Für spekulative Anleger attraktiv.

TOM TAILOR
Flickenteppich

Der lange Sommer hat schon für vieles herhalten müssen. Unter anderem dafür, dass sich die Herbst- und Winterkollektion von TOM TAILOR schlecht verkauft. Statt eines leichten Umsatzrückgangs erwarten die Hamburger nun für 2018 ein Minus von neun Prozent. Hauptursache ist, dass der Umsatz der Marke Bonita im dritten Quartal um 17 Prozent eingebrochen ist. Nun soll Bonita verkauft werden. Anleger warten ab.






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Bildquellen: Kris Atomic/Unsplash, Brunel Johnson/Unsplash

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