Tesla: Schafft Chef Musk endlich den Turnaround?
Der E-Auto-Pionier Tesla fährt mit unkonventionellen Methoden endlich die Produktionszahlen des wichtigen Mittelklasse-Modells 3 hoch. Das Unternehmen kann jetzt auch finanziell die Wende schaffen.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Elon Musk gründete einst den Bezahldienst Paypal, später das Raumfahrtunternehmen Space X und vor allem Tesla, das kalifornische Auto-Start-up, das als erstes schnelle Elektrolimousinen mit großer Reichweite auf die Straße schickte.
Die jüngste Schöpfung des umtriebigen Unternehmers ist ein Schlagwort: "Production Hell", zu Deutsch "Produktionshölle". So beschreibt Musk den Zustand, in dem er und seine rund 40.000 Mitarbeiter der Tesla Facory in Kalifornien sich seit vielen Monaten befinden. Musk und Mannschaft rackern, was das Zeug hält, um die Fertigung des Mittelklasse-Stromers Model 3 hochzufahren. Damit will der 47-jährige Chef den E-mobilen Massenmarkt erobern.
Zu Beginn bastelte der Elektropionier mittels cleverer Software aus einem Haufen Notebook-Akkus einen praxistauglichen Elektroantrieb. Die Weg des Quereinsteigers zum veritablen Automobilkonzern aber fällt höllisch schwer. Mitarbeiter schuften in Zwölfstundenschichten, Musk hat seinen Schlafplatz zeitweise in die Werkshalle verlegt. Einen Meilenstein haben die Kalifornier soeben erreicht: In der letzten Juni-Woche verließen 5.031 Model 3 die Qualitätsprüfung der Tesla Factory im kalifornischen Fremont. Samt den Model-S-Limousinen und Model-X-Geländewagen habe man eine "7.000-Fahrzeuge-Woche" gehabt, berichtete Musk stolz.
Harte Arbeit - und Improvisation
So viele Model 3 wollte der Chef bereits in der letzten Woche des Jahres 2017 poliert aus der Halle schicken - ein organisatorischer Kraftakt. Die Entlassung des Produktionschefs und eine improvisierte dritte Fertigungslinie brachten den Durchbruch: Musk ließ Roboter und Maschinen kurzerhand in einem Zelt neben der Halle gruppieren - in der Geschichte der Autoindustrie einmalig.
Der Erfindungsreichtum tut not. Schließlich warten rund 500.000 Kunden seit vielen Monaten auf ihr Model 3. Ursprünglich wollte Musk bereits in der zweiten Jahreshälfte 2017 bis zu 200.000 der Mittelklasse-Stromer produzieren. Die Ankündigung war bei Weitem zu vollmundig, gerade mal 2.700 Stück wurden es im gesamten Jahr.
Musks Fehleinschätzung jedoch brachte das gesamte Unternehmen finanziell ins Schlingern. Allein im ersten Quartal verbrannte Tesla rund eine Milliarde Dollar - es blieben Ende März noch 2,7 Milliarden Dollar Cash. Eine weitere Kapitalerhöhung jedoch will Musk nicht ansetzen, der ohnehin zuletzt eher schwache Aktienkurs würde wohl abermals einbrechen. Auch weitere Kredite würden das hoch verschuldete Unternehmen nur noch stärker belasten.
Die Qualität muss stimmen
Bleibt nur der Weg durch die Produktionshölle. Typisch Musk: Kaum ist das Ziel (verspätet) erreicht, legt der Chef die Latte höher. Schon Ende August sollen wöchentlich 6.000 Model 3 das Werk verlassen. Nach Ausweitung der Produktionsfläche von einem halben auf einen knappen Quadratkilometer sollen es dann 10.000 Autos werden.
Auch dieses Versprechen muss Musk erst einmal einlösen. Halten die Kalifornier aber das derzeitige Tempo, so ist finanzielle Entlastung in Sicht: Zwischen 3,5 und 4,5 Milliarden Dollar dürften Tesla bis Jahresende allein durch das Model 3 zufließen. Es wird höchste Zeit, denn Musk hat der Wall Street versprochen, dass das bislang defizitäre Unternehmen sowohl in diesem als auch im kommenden Quartal positiven Cashflow sowie Gewinne erzielen wird.
Der Hölle werden Mannschaft und Chef so schnell nicht entrinnen. Der Mittelklasse-Stromer konkurriert mit Produkten wie der BMW 3er-Reihe oder der C-Klasse von Mercedes. Auch die Qualität muss also passen. Vor allem hier wartet noch viel Arbeit. Das renommierte US-Verbrauchermagazin "Consumer Reports" hatte dem Model 3 Ende Mai noch eine Empfehlung verweigert.
Das Fahrzeug habe zwar eine große Reichweite und sei agil, Komfort und die langen Bremswege entsprächen aber nicht dem Klassenstandard. Das heikelste Thema war jedoch schon wenige Tage später geklärt - per Fern-Update: Die Lösung via Software, der Kernkompetenz von Tesla, verkürzte den Bremsweg deutlich und überzeugte die Tester. Die Empfehlung kam prompt.
Investor-Info
Tesla
Die Kurve kriegen
Die Nachfrage ist groß, doch die Amerikaner konnten sie bislang nicht ausreichend bedienen. So stagnierte die Aktie in den vergangenen zwölf Monaten, nachdem sie sich in den ersten sieben Jahren seit dem Börsengang 2010 verfünfzehnfacht hatte. Tesla ist auf gutem Weg, die Herausforderung der Massenfertigung zu schaffen. Damit könnten die drängendsten Finanzprobleme gelöst und eine Kapitalerhöhung oder neue Schulden vermieden werden. Turnaround-Chance.
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