Technotrans-Aktie: Warum sich die Firma neu erfindet
Die Krise der Druckindustrie stürzte den Zulieferer in die roten Zahlen. Inzwischen ist der Maschinenbauer breit aufgestellt - und mischt in der Elektro-Mobilität mit.
von Peer Leugermann, Euro am Sonntag
Der Erfolgskurs wurde in der Krise angesteuert. Als die Druckindustrie 2008 ins Schlingern geriet, riss der Umsatzrückgang auch Technotrans in die Verlustzone. "Die erste Aufgabe hieß überleben, die zweite das Steuer herumreißen", schildert Finanzchef Dirk Engel die damalige Situation. Ein harter Sparkurs samt Werksschließungen und Kurzarbeit, aber auch die solide Bilanz brachten den Maschinenbauer 2010 zurück in die schwarzen Zahlen. Der Zulieferer war indes weiter von der Print-Industrie abhängig. Von einer Erholung war damals keine Rede. "Wir brauchten ein neues Wachstumsmodell", schildert Engel die Lage.
Laser und Tiefkühlpizza
Technotrans suchte Nischen, in denen das Know-how um Transport und Aufbringen von Farb-, Schmier- oder Kühlflüssigkeiten anwendbar war. Die Ideen der Münsterländer gingen bis zu einer Anlage für Dr. Oetker zum Aufsprühen von Speiseöl auf Tiefkühlpizzen. Das Projekt wurde jedoch verworfen. Dafür ölt Technotrans heute Stanzteile aus Stahl, filtert Schmierstoffe, kühlt Laser und Akkus für E-Fahrzeuge. Neben Eigenentwicklungen setzte der Vorstand auch auf Übernahmen. Die ersten beiden ebneten den Weg in die Laserindustrie, die Firma gwk bringt 2016 den Zugang zur Kunststoffbranche.
Auch bei den Akquisitionen profitiert Technotrans von seinen Wurzeln als Druckzulieferer. Den für die einstige Hauptklientel aufgebauten globalen Vertrieb und Service gaben die Münsterländer nie auf. Dank des Netzwerks werden auch aus den jüngsten Zukäufen internationale Anbieter.
Die Renditeperle von Technotrans ist das Wartungsgeschäft mit konstant über 16 Prozent Gewinnmarge. Die Spanne im Anlagenbau ist deutlich niedriger und lag vergangenes Jahr bei 2,8 Prozent. Synergieeffekte und steigende Auslastung aber lassen die Firma auch im Maschinenbau immer profitabler werden. So können etwa bei gwk bisher eingekaufte Vorprodukte nun selbst hergestellt und laut Engel sehr große Einkaufsvorteile gehoben werden. Wie gut die Kombination funktioniert, zeigten die jüngsten Zahlen (siehe unten).
Die größte Fantasie für Technotrans kommt derzeit aber weder aus wachsenden Umsätzen oder aus Margen, sondern aus der Elektromobilität. Die Westfalen bauen auf Projektbasis seit Jahren Kühlungen für elektrische Busse und Bahnen. Auch der Akku des Urban Truck von Mercedes, der Entwurf des Stuttgarter Daimler-Konzerns für einen elektrisch angetriebenen Lkw, hält dank der Technologie des Mittelständlers seine Temperatur.
Elektro-Fantasie
Technotrans arbeitet laut Branchenkennern derzeit mit führenden Auto- und Ladestation-Herstellern daran, Elektro-
Zapfsäulen vor Überhitzung zu schützen. Besonders Schnellladestationen drohen wegen des starken Stromflusses heiß zu laufen. Engel betont aber, dass es sich um Pilotaufträge handle - der Finanzchef will trotz Zuversicht keine zu großen Hoffnungen wecken. Tatsächlich ist der Bereich mit zuletzt zwei Millionen Euro Umsatz bisher klein. Der Aktienkurs preist hingegen schon einiges an E-Fantasie ein. Doch auch ohne Elektroantrieb stimmt die Richtung des ehemaligen Druckzulieferers - die Krise ist längst passé.
Investor-Info
Technotrans
Vorsichtige Prognose
Dank Zukäufen wuchs der Umsatz im ersten Quartal um 74 Prozent auf 53 Millionen Euro, der operative Gewinn stieg um 110 Prozent auf 4,3 Millionen Euro. Organisch ging es beim Umsatz um gut ein Viertel voran, das Wachstum läuft auf breiter Basis. Die höhere Auslastung hebt die Marge um 1,4 Prozentpunkte auf 8,2 Prozent an. Die Ziele - 185 bis 195 Millionen Euro Umsatz und 6,5 bis 7,2 Prozent Marge - erscheinen konservativ. Die jüngste Kursschwäche ist eine Gelegenheit.
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Bildquellen: Bosch, technotrans AG