Fiat Chrysler und Tesla: Mit dem Erzrivalen in die Kiste
Fiat Chrysler-Chef Mike Manley steuert mit dem Elektropionier Tesla in die erste CO2-Allianz zweier Autokonzerne. Ein kluger Schachzug, der dem Konzern Zeit für seine Stromoffensive bringt.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Der Name Fiat hatte lange einen eher schrägen Klang: Über Jahrzehnte nervten rasch rostende Blechkarossen mäßiger Verarbeitungsqualität Autobesitzer, Anfang des Jahrtausends schien die über 100 Jahre alte Historie des Turiner Konzerns in ein Fiasko zu münden. Gemessen an diesen Zeiten gibt der Autokonzern spätestens seit der klugen Übernahme des US-Wettbewerbers Chrysler durch Ex-Chef Sergio Marchionne wieder mächtig Gas. Statt milliardenhoher Schuldenberge gibt es Cash in der Bilanz, statt maroder Fabriken inzwischen weitaus effizientere Fertigungsstätten von Detroit bis Turin.
Die Serie der gelungenen Deals, zu denen auch der Börsengang der Luxusmarke Ferrari 2016 sowie der Verkauf des Teilezulieferers Magneti Marrelli an eine japanische Holding 2018 zählen, hat sich soeben fortgesetzt. Mit einem Schlag hat sich Fiat Chrysler Automotive (FCA) einer großen Sorge entledigt: Die Italo-Amerikaner kooperieren ausgerechnet mit dem größten Herausforderer der etablierten Autokonzerne, dem Elektropionier Tesla, und melden künftig einen gemeinsamen CO2-Flottenausstoß. FCA, bislang mit durchschnittlich 123 Gramm des klimaschädlichen Gases pro Kilometer unterwegs und weit davon entfernt, die EU-Hürde von 95 Gramm zu unterschreiten, schafft sie nun locker. Der Konzern entgeht so Strafzahlungen von geschätzt bis zu zwei Milliarden Euro. Dafür dürfte ein dreistelliger Millionenbetrag an den Stromer-Primus fällig sein, der Flüssiges dringend benötigt.
Ein Deal, zwei Gewinner
Der Flottenpool ist der erste zweier konkurrierender Unternehmen in der Branche. Bislang hatten Autokonzerne lediglich innerhalb ihrer Hausmarken von dieser Option Gebrauch gemacht. So senken etwa im VW-Konzern die niedrigeren Emissionen der Marken VW, Seat und Skoda die höheren, weil von stärkeren Motoren getriebenen Werte von Audi, Porsche oder Lamborghini.
FCA-Chef Mike Manley zeigt mit dem Schritt, dass er bereit ist, ungewöhnliche Wege einzuschlagen - wie sein charismatischer Vorgänger Marchionne. Es ist ein gutes Signal für die Aktionäre. Die litten seit dem Sommer 2018 arg. Der Kurs von FCA brach nach Marchionnes Tod stark ein und bewegte sich seitdem weiter bergab.
Ganz allmählich aber scheint die Aktie einen Boden zu finden. Die Bewertung ist niedrig. FCA bringt mit geschätzt 114 Milliarden Euro Umsatz und einer Vorsteuermarge von rund fünf Prozent im laufenden Jahr gerade mal knapp 22 Milliarden Euro auf die Börsenwaage. Zum Vergleich: Tesla wuppt bei geschätzt 24 Milliarden Euro Umsatz 2019 und 0,4 Prozent Marge vor Steuern über 40 Milliarden Euro Marktkapitalisierung.
Bislang feiert FCA seine Erfolge mit klassischen Modellen: Die konservative US-Klientel greift bei Jeep und, lieber noch, bei den muskelstrotzenden Pick-ups des Labels Ram zu. Im ersten Quartal sank zwar der US-Absatz von FCA mit drei Prozent etwas stärker als der Gesamtmarkt, der um zwei Prozent schrumpfte. Die bulligen und margenstarken Ram-Pick-ups drückten aber mit 20 Prozent Verkaufsplus gegenüber dem Vorjahr auf die Tube.
Dafür sind die Italo-Amerikaner noch weit von einer elektrifizierten Flotte entfernt. Im Lauf des Jahres will der Brite Manley, Ex-Chef der Marken Jeep und Ram, das erste E-Auto in Europa anrollen lassen. Bis 2021 sollen es hier insgesamt 13 Modelle werden.
Vorreiter wird ein europäischer Verkaufsschlager: der Fiat 500, die Weiterentwicklung eines Italo-Klassikers, der vor allem die weibliche Klientel anspricht. In den USA soll die Verstromung der Flotte kostensparend auf der gleichen Plattform stattfinden. Das erste US-Elektroauto von FCA ist für kommendes Jahr geplant, vor allem Jeeps mit Batterien und E-Motoren sollen Kunden elektrisieren.
Fazit: Die Aktie hat seit dem Sommer 2018 arg gelitten. Es zeichnet sich eine Wende ab. Günstig, für Risikobereite.
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