Achtung Netflix! Disney plant den Großangriff
Der Kauf des Medienriesen 21st Century Fox ist sündteuer, doch er gibt dem Traditionskonzern Disney eine Menge Energie. Der Unterhaltungsriese bläst damit zur Attacke im Zukunftsmarkt Video-on-Demand.
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von Florian Westermann, Euro am Sonntag
Treten Micky Maus, die Zeichentrickfamilie Simpson und das animierte Mammut Manfred aus dem Streifen "Ice Age" künftig gemeinsam auf dem Bildschirm auf? In der Theorie ist das nicht mehr ausgeschlossen. Nach der Zustimmung seiner Aktionäre ist Walt-Disney-Chef Bob Iger der Übernahme von großen Teilen des US-Medienkonzerns 21st Century Fox einen großen Schritt nähergekommen - darunter das traditionsreiche Hollywood-Studio 20th Century Fox, einige US-Kabelsender und die Kontrollmehrheit an der Videostreaming-Plattform Hulu.
In einem beispiellosen Bietergefecht setzte sich Iger gegen den US-Kabelkonzern Comcast durch. Disney bietet gut 71 Milliarden Dollar für das von Rupert Murdoch kontrollierte Medienimperium - sechs Milliarden Dollar mehr, als Comcast bot. An der Börse nimmt die Disney-Aktie Kurs auf ihre alten Höchststände. Mit der Übernahme von Murdochs Film- und Fernsehstudios, die Anfang 2019 abgeschlossen werden soll, läutet Disney eine neue Ära in Hollywood ein.
Vitamine für die Mediasparte
Analysten rechnen damit, dass Disney in den nächsten Jahren auch organisch kontinuierlich wächst. Das Filmgeschäft von Fox soll die schwächelnde Sparte Media Networks mit dem Sportsender ESPN, die über 40 Prozent zum Gesamtumsatz beisteuert, beleben. Nebenbei will Iger auch im boomenden Streamingmarkt Fuß fassen. Der Manager kündigte bereits 2017 einen eigenen Dienst für Ende kommenden Jahres an. Primus ist hier Netflix mit weltweit über 135 Millionen Kunden, der Wettbewerber hat dank vieler preisgekrönter Eigenproduktionen wie "House of Cards" die Oberhand gewonnen.
Aber auch die Techriesen Amazon, Apple und Alphabet mischen in dem wachstumsträchtigen Geschäft mit. Das Potenzial ist Blockbuster-verdächtig: Der Markt soll bis im Jahr 2022 im Schnitt pro Jahr um sieben Prozent auf 33 Milliarden Dollar Volumen wachsen, schätzt der Datendienst Statista.
Angesichts dieser Aussichten hatte Netflix den Traditionskonzern Disney zwischenzeitlich beim Börsenwert überholt. Zuletzt wendete sich das Blatt aber zugunsten von Disney. Iger hat in der Vergangenheit schon oft bewiesen, dass er große Zukäufe erfolgreich stemmen und daraus Profite ziehen kann. 2006 - nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt - schluckte Disney das erfolgreiche Animationsstudio Pixar.
Wunderkraft von Marvel
2009 übernahm Disney den Comic-Verlag Marvel - zu Deutsch: Wunder - für über vier Milliarden Dollar. Anfangs belächelt, sind dessen Superhelden eine tragende Säule von Disney, die Filme Erfolgsgaranten. Das jüngste Sequel der "Avengers" mit dem Titel "Infinity War" etwa spielte nach nicht mal zwei Monaten bereits über zwei Milliarden Dollar ein und ist jetzt schon einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Disney verdient auch an Merchandising-Produkten und lockt mit den Marvel-Helden noch mehr Besucher in seine Vergnügungsparks. Das gleiche Prinzip greift beim 2012 übernommenen Filmstudio Lucasfilm, dem Rechteinhaber der "Star Wars"-Saga, die Disney mit großem Erfolg fortsetzt.
Bei einer ganzen Reihe von Blockbustern aus dem Haus 20th Century Fox -etwa der Kultzeichentrickserie "Die Simpsons", der Animationsfilmreihe "Ice Age" oder dem Science-Fiction-Film "Avatar" - drängt sich eine Fortsetzung auf. Regisseur James Cameron arbeitet bereits am nächsten "Avatar"-Film, dem erfolgreichsten Streifen aller Zeiten. Teil 2 soll Ende 2020 in die Kinos kommen und die Kasse von Disney klingeln lassen. Bis Ende 2025 sind drei weitere Teile geplant.
Mit dem riesigen Portfolio an Filmen, Serien und Charakteren kann der Unterhaltungskonzern den eigenen Streamingdienst bestens bespielen. "Die Kunden suchen sich ihren bevorzugten Kanal aus, und wir liefern, was sie wollen", sagt Robert Iger selbstbewusst. Mit Disneys Markteintritt 2019 werden die Karten im Streamingmarkt sicher neu gemischt. Der Micky-Maus-Konzern hat gute Chancen, hier einen Blockbuster zu landen.
Investor-Info
Disney
Eine Menge Fantasie
Die Schwäche im traditionellen Kabelgeschäft hält an, die Quartalszahlen enttäuschten. Bob Igers Strategie bei Video-on-Demand überzeugte die Wall Street jedoch. Im laufenden Geschäftsjahr setzt Disney voraussichtlich 59 Milliarden Dollar um, ein Plus um sieben Prozent. Der Nettogewinn steigt laut Schätzungen um 17 Prozent auf elf Milliarden Dollar. In drei Jahren sollen 13 Milliarden Dollar hängen bleiben. Mit der geplanten Übernahme ist bei den Prognosen Luft nach oben.
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