US-Präsidentenwahl: Darum hatte Clinton gegen Trump keine Chance
In den Umfragen hatte die ehemalige First Lady zum größten Teil vorne gelegen - in der Wahlnacht fielen die Demokraten dennoch tief. Wieso konnte sich Hillary Clinton nicht gegen Donald Trump durchsetzen?
Hillary Clinton ging als Verliererin aus der US-Präsidentschaftswahl. Eigentlich absolut unerwartet. Die Umfragen im Vorfeld zeichneten ein klares Bild für die demokratische Kandidatin. Doch die Wahlnacht endete überraschend: Donald Trump wird der 45. US-Präsident. Nun werden die Gründe zusammengetragen, wieso Clinton die Wähler nicht in dem Ausmaß für sich gewinnen konnte, wie es im Vorfeld den Anschein gehabt hatte.
E-Mail-Affäre belastet
Bereits im frühen Wahlkampf hatte die E-Mail-Affäre Clinton große Schwierigkeiten bereitet. Die Demokratin soll in ihrer Zeit als Außenministerin unter Barack Obama dienstliche E-Mails über ihren privaten Server gesendet haben - ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko. Des Weiteren soll sie tausende Mails gelöscht haben. Das FBI stellte die Ermittlungen im weiteren Verlauf ein - vorerst.
Kurz vor dem Wahltag am 8. November 2016 gab FBI-Chef James Comey jedoch bekannt, dass neue E-Mails aufgetaucht seien und nun der Fall erneut geprüft werden müsse. Zwei Tage vor dem Urnengang wurde dann offiziell verkündet, dass keine kriminellen Handlungen zu erkennen seien. Eigentlich eine Entlastung für Clinton. Fatal war jedoch, dass 45 Millionen US-Amerikaner bereits im Vorfeld ihre Stimme per Briefwahl abgegeben hatten, und so zumindest teilweise das Ermittlungsergebnis nicht bei der Einschätzung der Kandidaten berücksichtigen konnten.
Souveränes Auftreten - zu viel Kalkül?
In den drei TV-Duellen während des Wahlkampfes konnte Hillary Clinton ihre rhetorische Überlegenheit gegenüber ihrem Widersacher Trump unter Beweis stellen. Aus allen drei Fernsehdebatten ging sie als klare Siegerin hervor. Sie trumpfte mit verbalem Geschick auf, recherchierte Zahlen und Fakten auf und ließ sich von Trump, der sie weniger sachlich anging, nicht aus der Ruhe bringen. Doch genau dieses politische Geschick könnten die Wähler schlicht und einfach als "kaltherzig" interpretiert haben. Und die US-Amerikaner wünschen sich einen volksnahen Präsidenten, der nicht nur mit Zahlen und Fakten jongliert, sondern auch Emotionen zeigt.
Bevölkerung auf dem Land nicht überzeugt
In den urbanen Gebieten der Vereinigten Staaten konnte Hillary Clinton die Wähler für sich gewinnen, das zeigen Wahlanalysen. Doch die Mehrheit der US-Amerikaner lebt in eher ländlichen Gebieten. Viele Menschen dort sind oder waren finanziell von der Kohleindustrie abhängig. Die Problematik hier: Clinton setzte sich für eine Energiewende in den USA ein und wollte den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben. Dann würden allerdings noch mehr Minenarbeiter ihre Jobs verlieren als bisher. Donald Trump vertritt die entgegengesetzte Position: Die Hauptressourcen sollen weiterhin Kohle und Öl bleiben. Die Jobs der Minenarbeiter wären damit für die Zukunft wahrscheinlich gesichert.
Hillary Clinton steht für die "alte Elite"
Vielen Wählern ist noch dazu die "Figur Clinton" auf den Magen geschlagen: Ehemalige First Lady, ehemalige US-Außenministerin und ihre immer wieder kritisierte Nähe zur Wall Street. Das kostete sie die Stimmen der eher geringverdienenden und weniger gebildeten US-Amerikaner. Denn sie stand für eines: Stabilität. Doch "Änderungen" und "Neuerungen" sind die Schlagwörter, die diese Bevölkerungsgruppen hören wollen. Clinton steht für das "Establishment", was schon der parteilose Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders im frühen Wahlkampf bemängelte.
"Fast jeder hätte Hillary Clinton besiegen können"
Der Präsident der Analystenfirma Eurasia Group, Ian Bremmer, erklärte schon vor der Wahl, wie sich die Demokraten mit Hillary Clinton als Kandidatin verschätzt hätten. "Die US-Demokraten werden erkennen, dass sie sich mit einer Kandidatin aus dem Establishment extrem angreifbar gemacht haben. Es lag nicht an Trump, fast jeder hätte Hillary Clinton besiegen können", sagte Bremmer gegenüber Business Insider. Bremmer betonte auch, dass Clinton die herkömmliche Ordnung repräsentiere, so dass viele Leute nicht das Gefühl hätten, von der Wahl der Demokratin zu profitieren.
Swing-States gaben den Ausschlag
Die Wahl selbst wurde spannend, gab es doch zwischenzeitlich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Schon Wochen vor dem Wahldienstag war dies erwartet worden und so ruhten die Augen der Wahlbeobachter vor allem auf den sogenannten "Swing-States", also Staaten, in denen es im Vorfeld keine klare Präferenz für einen Kandidaten gegeben hatte. Auch Florida gehörte zu diesen Staaten - 29 Wahlmännerstimmen gab es hier zu holen. Die Chancen standen eigentlich nicht schlecht für Clinton, gehören doch die Hispanics zu einem der größten Bevölkerungsteile des Sunshine-States - und diese Bevölkerungsgruppe war von Clintons Gegner Trump im Wahlkampf heftig angegangen worden. Doch Florida ist auch als Rentner-Paradies bekannt. Aufgrund der klimatischen Bedingungen sichern sich viele Amerikaner Florida als Altersruhesitz. Und die Stimmen der Menschen über 45 Jahren fielen meist dem Gegner Donald Trump zu, denn die älteren Amerikaner sind statistisch gesehen eher den Republikanern zugeneigt.
1,3 Milliarden Dollar-Wahlkampf
So musste Clinton in der Nacht zum 9. November eingestehen, dass Donald Trump der neue Präsident der Vereinigten Staaten wird. Und das, obwohl Clinton hohe Chancen ausgerechnet worden waren. Auch das satte Wahlkampfbudget von 1,3 Milliarden Dollar konnte die Niederlage nicht verhindern. Ebenso wenig wie die vielen prominenten Unterstützer, darunter Michelle und Barack Obama, Joe Biden und letztendlich auch Bernie Sanders.
Redaktion finanzen.net
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