Deutliche Kursaufschläge

Profiteure der Russland-Sanktionen: Grüne Aktien wie Vestas, SMA, NEL & Co. - Was Anleger jetzt wissen müssen

10.03.22 22:15 Uhr

Profiteure der Russland-Sanktionen: Grüne Aktien wie Vestas, SMA, NEL & Co. - Was Anleger jetzt wissen müssen | finanzen.net

Der Angriffskrieg von Russland in der Ukraine hat die Börsen weltweit empfindlich getroffen. Doch nicht alle Titel notieren deutlich tiefer als vor dem Tag von Russlands Einmarsch ins Nachbarland.

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• Sorge um Abhängigkeit von russischen Energie-Importen
• Positive Marktstimmung für grüne Titel
• Hoffnung auf Energiewende treibt Aktien



Bei 14.754 Punkten hatte der deutsche Leitindex am 23. Februar, dem Tag vor der russischen Invasion in der Ukraine, geschlossen. Seitdem sackte der DAX deutlich ab: Bis auf 13.847,93 Punkte (Schlusskurs 09.03.) ging es abwärts. Auch an anderen Börsen weltweit hinterließ der Ukraine-Krieg tiefrote Spuren in den Anlegerdepots. Doch insbesondere bei grünen Titeln zeigen sich gegenläufige Kursbewegungen. Wie nachhaltig ist der Kursanstieg bei grünen Aktien?

Vestas, Nordex & Co: Grüne Aktien feiern ihr Comeback

Neben Rüstungsaktien sind es insbesondere grüne Titel, die sich gegen den schwachen Aktienmarkt stemmen und zuletzt deutlich profitieren konnten. Europas Abhängigkeit von russischem Gas machte Anleger in den vergangenen Wochen zunehmend nervös. Dass die Gaspipeline Nord Stream 2 in absehbarer Zeit ihren Betrieb aufnehmen kann, scheint immer unwahrscheinlicher, das Genehmigungsverfahren wurde ausgesetzt. Und auch aus Russland selbst werden die Sorgen um die Energieversorgung angeheizt: Russland hat erstmals offen mit einem Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gedroht. Unterdessen haben die USA ein Importverbot für russisches Öl verhängt.

In dieser Gemengelage haben die Ölpreise deutlich angezogen, bei Heizöl, Benzin und Diesel wurden neue Rekordmarken erreicht. Die Inflation, ohnehin seit Monaten ein viel diskutiertes und mit Sorge betrachtetes Problem weltweit, wird durch diese Entwicklungen zusätzlich verstärkt, im Februar - noch vor den jüngsten Höchstständen - hatte die Inflation im Euroraum bereits einen Wert von 5,8 Prozent erreicht.

In diesem Marktumfeld sind es insbesondere grüne Aktien, auf die Anleger ihre Hoffnungen setzen. Denn die Wende hin zu alternativen Energien scheint im Sinne der Energiesicherheit in Europa unabdingbar zu sein. Das lässt sich auch aus der Kursentwicklung verschiedener grüner Aktien ablesen.

Vestas Wind-Aktie

Die Aktie von Vestas Wind, die am Tag vor der russischen Invasion in der Ukraine noch bei rund 21,7 Euro gehandelt wurde, zeigt sich inzwischen in der Nähe der 30 Euro-Marke. Der dänische Windkraftkonzern profitiert dabei insbesondere von den Klimazielen Deutschlands, die sich positiv in der Geschäftsentwicklung der Dänen niederschlagen dürften. Zuletzt liefen die Geschäfte bei Vestas eher schleppend: Der Gewinn brach angesichts von Lieferengpässen und steigenden Kosten um 78 Prozent ein. Aktionären wurde daraufhin die Dividende stark zusammengestrichen. Doch die aktuelle geopolitische Situation und die Forcierung der Energiewende könnte Vestas zurück in die Erfolgsspur bringen.

Nordex-Aktie

Ebenso wie den deutschen Konkurrenten Nordex, bei dem Anleger ebenfalls darauf hoffen, dass der Windkraftkonzern sich als Profiteur der aktuellen Entwicklungen erweisen könnte. Seit der russischen Invasion ist die Nordex-Aktie von 12,20 auf 16,86 Euro gestiegen (Schlusskurs vom 09.03.) und hat sich damit von ihrem 52-Wochen-Tief, das Ende Februar bei 11,30 Euro markiert wurde, wieder deutlich abgesetzt. Ob der Anteilsschein aber seine Höchststände aus dem April vergangenen Jahres wieder anpeilen wird, dürfte auch von der aktuellen Gemengelage abhängen. Die Auftragsbücher sind weiter gut gefüllt, doch es hapert an der Profitabilität. Insbesondere die hohen Rohstoffkosten machten Nordex zuletzt zu schaffen.

Siemens Gamesa-Aktie

Siemens Gamesa hat sich in den vergangenen Monaten alles andere als positiv entwickelt. Seit dem Hoch im April 2021 ging es rund 43 Prozent nach unten. Gewinnwarnungen verhagelten Investoren des spanischen Windturbinenherstellers die Laune, im Dezemberquartal fuhr das Unternehmen dann auch noch ein dickes Minus ein, was den Chef des Mutterkonzerns Siemens, Roland Busch, sogar zu einer öffentlichen Rüge veranlasste: "Wir sind nicht zufrieden mit der operativen Leistung".

Zuletzt schöpften Siemens Gamesa-Anleger aber wieder etwas Hoffnung, seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zog die Aktie wieder deutlicher an und kostet nun rund 16 Prozent mehr. Ob diese Entwicklung aber nachhaltig ist, bleibt abzuwarten. Denn an den operativen Problemen hat sich bei Gamesa trotz eines verbesserten Marktumfeldes wenig geändert. "Wir erwarten nun vom Management, dass mit Disziplin und aller Konsequenz die Wende vorangetrieben wird", sagte Siemens Energy-Chef Christian Bruch bei der Hauptversammlung des Unternehmens.

ENCAVIS-Aktie

Ein kräftiger Kurssprung war in den vergangenen Wochen auch bei ENCAVIS auszumachen. Um rund 37 Prozent hat sich der Anteilsschein des Windpark-Betreibers seit dem Tag vor der russischen Invasion verteuert. Das Unternehmen hat eine starke Wachstumsdynamik, in den ersten neun Monaten des letzten Geschäftsjahres zogen die Erlöse um elf Prozent an, auch der Gewinn verbesserte sich

ENCAVIS profitiert nicht nur als Windpark-Betreiber von den aktuellen Bestrebungen um alternative Energien, größter Wachstumstreiber im Unternehmen war zuletzt das Solarpark-Portfolio des Unternehmens. "Erneuerbare Energien lösen uns von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien. Wir setzen auf Freiheitsenergien", hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner jüngst verlauten lassen - ENCAVIS könnte angesichts der Konzernausrichtung einer der Nutznießer der Energiewende der Bundesregierung werden, die durch den Druck, die Abhängigkeit von russischer Energie zu verringern, umso dringlicher geworden ist.

Auch ohne einen möglichen Schub durch die aktuellen Entwicklungen dürfte das Jahr 2021 aber für ENCAVIS erfolgreich verlaufen sein. Der Vorstand rechnet mit einer Umsatzsteigerung im Gesamtjahr um neun Prozent auf 320 Millionen Euro, beim operativen Ergebnis soll der Wert um sieben Prozent über dem Vorjahr liegen.

First Solar-Aktie

Einen deutlichen Kurssprung hat zuletzt auch ein ausländischer Solarwert erzielt, der von einer Energiewende in Deutschland und Europa zunächst nur bedingt profitieren dürfte: First Solar. Um mehr als 21 Prozent sprang der Anteilsschein im Windschatten der jüngsten geopolitischen Ereignisse an. First Solar ist der größte US-Hersteller von Photovoltaik-Anlagen, hat aber angesichts der Konkurrenz aus Asien hohen Kostendruck zu verkraften.

Die Aktie wird weit unter ihren Höchstständen gehandelt, auch weil sich die Hoffnungen auf ein billionenschweres Klimapaket der aktuellen US-Regierung bislang nicht erfüllt haben. Denkbar ist hier aber, dass der Angriffskrieg der Russen auch Bewegung in den US-Senat bringt und zumindest eine abgespeckte Version der ursprünglichen Klimapläne von US-Präsident Joe Biden doch noch durchgewunken wird.

Beachten sollten Anleger in diesem Zusammenhang aber, dass die USA eine weitaus geringere Abhängigkeit von russischem Erdöl hat, als etwa europäische Länder. Weniger als fünf Prozent des in den USA benötigten Rohöls soll aus Putins Land kommen. Der wirtschaftliche Druck, auf alternative Energien umzustellen, ist vor diesem Hintergrund in den USA deutlich kleiner, als in Europa. Vor dem Hintergrund der Klimakrise könnten aber die Entwicklungen in Europa als Blaupause für eine Klimawende in den USA dienen.

SMA Solar-Aktie

Massiv profitieren konnte von dem für grüne Aktien zuletzt positiven Marktumfeld auch SMA Solar. Die Aktie des TecDAX-Unternehmens hat sich seit der russischen Invasion in die Ukraine um rund 47 Prozent verteuert - und das, obwohl eine Senkung der Gewinnprognose zwischenzeitlich einen Teil der massiven Kursgewinne wieder zunichte gemacht hatte.

Die Hoffnung auf höhere Wachstumsraten aber auch die mögliche Übernahme des Konkurrenten Albioma durch den Finanzinvestor KKR hat Anleger zuletzt wieder in die Aktie von SMA Solar getrieben. Dass institutionelle Investoren wieder Interesse am Solarmarkt zeigen, sorgte auch für Übernahmefantasien bei SMA Solar und rückte die Aktie wieder in den Blickpunkt von Investoren.

Meyer Burger-Aktie

In Europa war es im Solarbereich unterdessen insbesondere der Schweizer Wert Meyer Burger, der seit dem Start des russischen Angriffskriegs profitieren konnte. Der Pennystock verteuerte sich um rund 67 Prozent, insbesondere die Hoffnung auf neue Großaufträge hatte die Aktie des Unternehmens in den vergangenen Wochen angetrieben. Anleger hoffen auf EU-Gelder, denn auf dem europäischen Kontinent gibt es nur wenige Solarunternehmen, die Aufträge umsetzen könnten, da der Großteil der Solarriesen aus Kostengründen in China beheimatet ist.

Unklar ist aber, ob die EU beim Thema Klimawende tatsächlich auf Solarenergie setzt oder anderen Energiequellen den Vorzug gibt. Das dürfte von Kostenfragen abhängen, aber auch davon, mit welchen grünen Energien die Abhängigkeit von russischen Energieimporten am schnellsten und effektivsten verringert werden kann.

Plug Power-Aktie

Fernab von Wind- und Solarenergie-Konzernen haben Unternehmen aus der Wasserstoffindustrie zuletzt satte Kursaufschläge verzeichnen können. Rund 32 Prozent legte die Aktie von Plug Power seit Kriegsbeginn zu, was auch auf jüngst veröffentlichte starke Umsatzzahlen zurückzuführen war. Brennstoffzellenhersteller wie Plug Power können dazu beitragen, die Stromgewinnung aus alternativen Quellen zu stabilisieren, denn die Erträge aus Solar- und Windkraft können unter Umständen deutlich schwanken.

Bis Plug Power profitabel wirtschaftet, kann allerdings noch einige Zeit ins Land ziehen, mögliche Großaufträge im Zusammenhang mit der Energiewende könnten diese Entwicklung aber beschleunigen. Insbesondere aus Deutschland könnten Orders an Plug Power gehen: Bundeskanzler Scholz hatte jüngst den Bau mehrerer LNG-Terminals angekündigt. Die Flüssiggas-Terminals sollen dabei so konzipiert werden, dass sie zukünftig auch Wasserstoff annehmen könnten.

NEL ASA-Aktie

Von eben diesen Entwicklungen profitierte jüngst auch die Aktie des Wasserstoffspezialisten NEL, die sich seit Kriegsbeginn gut 50 Prozent verteuert hat. Anleger setzen hier auch darauf, dass vom Vorpreschen Deutschlands in Sachen Fokus auf Erneuerbare Energien eine Signalwirkung für ganz Europa ausgeht. NEL als Markführer in Europa dürfte für mögliche Aufträge und Herausforderungen am besten aufgestellt sein und könnte seine Vormachtstellung auch über den europäischen Kontinent hinaus ausbauen.

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: wk1003mike / Shutterstock.com, BlackAkaliko / Shutterstock.com

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