Gefahr einer Rezession: Diese US-Industrien werden am stärksten in Mitleidenschaft gezogen
Die Corona-Krise hat derzeit großen Einfluss - sowohl auf das private Leben, als auch auf das Geschehen an den Aktienmärkten. Auch die Wirtschaft wird die Pandemie nicht einfach wegstecken können. Diese Branchen dürften in den USA besonders betroffen sein.
• US-Wirtschaft droht Einbruch durch Corona-Krise
• Zahlreiche Industrien mit massiven Einschränkungen
• Eine Branche gilt indes als "rezessionssicher"
Das Coronavirus hat die Welt fest im Griff. Das öffentliche Leben wird mehr und mehr eingeschränkt. Menschen werden aufgerufen, zu Hause zu bleiben, und von dort aus zu arbeiten, sofern dies möglich ist. Schulen, Kitas, zahlreiche öffentliche Einrichtungen wie Bars, Kinos & Co. sind geschlossen. In vielen Orten sind Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen mittlerweile untersagt. In manchen Ländern wurde bereits der Notstand ausgerufen und auch der Katastrophenfall wird vermehrt vorbereitet. Nicht nur privat und an den Börsen sind die ersten Auswirkungen der Corona-Krise zu bemerken, besonders in der Wirtschaft wird die Pandemie ihre Spuren hinterlassen.
Chinesische Wirtschaft bricht ein
In China ist der Höhepunkt offenbar überstanden, die Zahl der Neuinfektionen ist drastisch gesunken. Nun wird deutlich, welche dramatischen Auswirkungen die Pandemie auf die Wirtschaft hat. Jüngst wurden die schlechtesten Wirtschaftszahlen seit Jahrzehnten veröffentlicht. So ist die Industrieproduktion im Januar und Februar im Vergleich zu den beiden Monaten im Vorjahr um 13,5 Prozent zurückgegangen, wie das Pekinger Statistikamt am Montag mitteilte. Das sei der bislang stärkste gemessene Einbruch, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Der Umsatz im Einzelhandel ist derweil um 20,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen, die Anlageinvestitionen sind um fast 25 Prozent abgesackt.
Noch immer befinden sich zahlreiche Arbeitnehmer in Quarantäne, Fabriken sind teilweise weiterhin geschlossen, für die Produktion notwendige Teile fehlen, der Warentransport funktioniert nicht, Reisebeschränkungen erschweren die Situation zusätzlich. Analysten zufolge könnte es Monate dauern, bis sich die chinesische Wirtschaft wieder normalisiert hat.
Ähnliche Ausmaße könnte die Krise auch in Deutschland, den Vereinigten Staaten und anderen Orten der Welt annehmen. Ab März drohe ein merklicher Dämpfer in Deutschland, befürchtet das Bundeswirtschaftsministerium: "Wie stark und wie lange, ist gegenwärtig noch nicht belastbar abzuschätzen, weil noch keine aussagekräftigen konjunkturellen Daten verfügbar sind. Aufgrund der sehr dynamischen Entwicklung muss aber mit relevanten konjunkturellen Auswirkungen gerechnet werden", heißt es Bericht zur wirtschaftliche Lage in Deutschland im März 2020. Man rechne weiterhin mit einem "womöglich gravierenden Schock" für die Industrie.
Und auch die Wirtschaft in den USA ist angeschlagen. Es herrschen Anlegerpanik und Rezessionsängste. In einer überraschenden Reaktion darauf hat die US-Notenbank Fed jüngst sogar in einer Notfallaktion den Leitzins um einen vollen Prozentpunkt auf zwischen 0 und 0,25 Prozent gesenkt. Und weitere Maßnahmen sind nicht ausgeschlossen: "Wir sind darauf vorbereitet, unsere gesamte Bandbreite an Instrumenten einzusetzen", hatte Fed-Chef Jerome Powell mitgeteilt, denn das Coronavirus habe tiefe Auswirkungen auf die US-Wirtschaft.
Risikofaktoren der Corona-Krise
"Nachlassendes Verbrauchervertrauen, potenziell schwerwiegende Rückgänge im Einzelhandel und vorübergehende Ladenschließungen sind sich entwickelnde Risikofaktoren, die von unsicheren Variablen wie der geografischen Verbreitung des Virus und dem Zeitpunkt der Eindämmungs-/Ausrottungslösungen abhängen", zitiert MarketWatch aus einer Notiz der Analysten der Investmentbank und des Finanzdienstleistungsunternehmens Cowen. Derzeit befindet sich die Arbeitslosenzahl in den Vereinigten Staaten noch auf einem Tiefstand seit rund 50 Jahren, die Wirtschaft ist damit relativ stark - das dürfte sich allerdings schon bald ändern. So erwartet Thomas Simons, leitender Geldmarktökonom bei Jefferies LLC, einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen: "Das wird der Beginn eines Trends sein. Im Reise-, Freizeit- und Gastgewerbe, im Flugbetrieb und anderen Branchen wird es Entlassungen geben, ebenso wie in kleinen Unternehmen in Gebieten, in denen große öffentliche Versammlungen abgesagt oder verschoben wurden", gibt MarketWatch Simons Einschätzung wieder. Daten der in Chicago ansässigen Outplacement- und Karriere-Übergangs-Firma Challenger, Gray and Christmas zufolge gab es in den USA bereits 634 Stellenkürzungen, die unmittelbar auf die Corona-Krise zurückzuführen seien.
Aktuell schreckten viele Unternehmen noch davor zurück, Mitarbeiter zu entlassen, da es teuer sei, umzuschulen und neu einzustellen, heißt es bei MarketWatch. Unumgänglich sei es auf lange Sicht aber wohl nicht.
Baugewerbe und Produktion schrecken vor Entlassungen zurück - noch
Wenn es um große Entlassungswellen geht, dürften sich das verarbeitende Gewerbe und das Baugewerbe zunächst noch eher zurückhaltend präsentieren, schätzt Rubeela Farooqi, Chefsvolkswirtin des Wirtschaftsforschungsunternehmens High Frequency Economics. "Im Baugewerbe und in der Produktion kann man nicht einfach jemanden ohne Erfahrung einstellen. Vor allem, wenn sie einen Rückschlag erwarten", zitiert MarketWatch Farooqi. In der Fertigungsindustrie gebe es ohnehin bereits Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, da die Anforderungen in den letzten Jahren gestiegen seien, heißt es dort weiter unter Berufung auf einen Bericht der National Association of Manufacturers, einer Handelsorganisation mit Sitz in Washington. Aus diesem Grund würden Arbeitgeber weiterhin zögern, ihre Mitarbeiter zu entlassen. Sollte sich die Situation weiter verschlechtern, seien kleinere Fertigungs- und Bauunternehmen aber wohl zu Stellenstreichungen gezwungen, insbesondere, wenn sie die Waren nicht liefern könnten, befürchtet Mark Zandi, Chefökonom bei Moody’s. Elise Gloud, Ökonomin vom Economic Policy Institute in Washington, schätzt zudem, dass Lieferkettenunterbrechungen, verursacht durch das Coronavirus, die Kosten für Produktions- und Bauunternehmen kräftig in die Höhe treiben könnten.
Unsichere Arbeitsplätze in der Lebensmittel- und Gaststättenindustrie
Restaurants schränken ihre Öffnungszeiten ein oder schließen komplett. Menschen sind dazu aufgerufen, soziale Kontakte weitestgehend zu meiden und zu Hause zu bleiben, um die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. "In Amerikas Restaurant- und Lebensmittelservice-Industrie gibt es fast 16 Millionen ausgebildete und geschulte Mitarbeiter, und die Branche ist ein wichtiger Wirtschaftsmotor in den Gemeinden. Wir beobachten sorgfältig die Auswirkungen, die COVID-19 auf unsere Belegschaft haben wird", zitiert MarketWatch Mollie O’Dell, Sprecherin der National Restaurant Association aus Washington. Dennoch dürfte die Krise massive Auswirkungen haben: "Die Arbeiter sind die ersten, die gehen. Wenn überhaupt, dann würde ich versuchen, so hart und so gut wie möglich zu arbeiten, um der Mitarbeiter zu sein, den sie nicht loswerden. Wenn Sie kategorisch eine Verschiebung in Ihrem Unternehmen bemerken, dann müssen Sie sich natürlich nach einer anderen Rolle umsehen", meint Arran Stewart, Mitbegründer von Job.com.
Herbe Auswirkungen auf die Dienstleistungsbranche erwartet
Auch der Dienstleistungsbranche dürfte es ähnlich ergehen. Reisen sollen unterbunden werden und nur stattfinden, wenn sie wirklich nötig sind, um das Risiko einer Ansteckung sowie jenes der weiteren Verbreitung des Virus zu verringern. Veranstaltungen, Festivals wie das bekannte Musikfestival Coachella und weitere Aktivitäten werden abgesagt. Flüge werden gecancelt, Hotelzimmer storniert. Bis Montag "haben die Hotels bereits 1,5 Milliarden Dollar an Zimmereinnahmen verloren, was einer Million Arbeitsplätze entspricht, die beseitigt worden sind oder beseitigt werden. Worüber wir im Moment am meisten besorgt sind, sind die Auswirkungen auf unsere Mitarbeiter und Kleinunternehmer", merkte Chip Rogers, Präsident und CEO der American Hotel & Lodging Association mit Sitz in Washington, an.
Ein Sektor gilt als "rezessionssicher"
Während die Corona-Pandemie in vielen Branchen für Chaos, Kurzarbeit und Entlassungswellen sorgen dürfte, gilt ein Sektor als relativ "rezessionssicher": das Gesundheitswesen. "Die Arbeitsplätze im Gesundheitswesen waren in den letzten 10 bis 20 Jahren rezessionssicher", zitiert MarketWatch Elise Gould. In dieser Branche dürfte die Nachfrage nach Personal sogar noch ansteigen - dank des Coronavirus. Bereits vor der Krise gab es einen Mangel an über einer Million Arbeitsplätze, wie MarketWatch unter Berufung auf Burning Glass Technologies berichtet. "Der Anstieg der Arbeitsplätze im Zusammenhang mit dem Virus korreliert mit den Gebieten, in denen der Ausbruch am stärksten verbreitet ist", berichtet unterdessen die Karrierewebsite Glassdoor, die seit dem Ausbruch des Virus eine erhöhte Nachfrage nach Arbeitsplätzen in diesem Sektor beobachten konnte.
Wie lange sich die Krise rund um das Coronavirus noch hinziehen wird und welche Auswirkungen sie letztendlich tatsächlich mit sich bringen wird, ist derzeit jedoch noch nicht absehbar.
Redaktion finanzen.net
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