EZB-Kurswechsel rückt mit Weidmann-Kandidatur-Aus in weite Ferne
Ein Ausscheiden von Bundesbankpräsident Jens Weidmann im Rennen um die Nachfolge von Mario Draghi an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) wäre aus Sicht der Commerzbank ein klares Signal für eine weiter lockere Geldpolitik im Währungsraum.
"Damit rückt ein Kurswechsel an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) in weite Ferne", schrieb der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, in einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse. Seiner Einschätzung sei "mehr denn je nicht mit einem klassischen Zinserhöhungszyklus zu rechnen".
Zuvor hatte das "Handelsblatt" berichtet, dass die Bundesregierung Weidmann nicht mehr zum Nachfolger von EZB-Präsident Draghi machen möchte. Die Amtszeit von Draghi endet im Herbst 2019 und Weidmann gilt bisher als aussichtsreicher Kandidat für den Spitzenposten in der EZB. Stattdessen soll Kanzlerin Angela Merkel (CDU) anstreben, einen Deutschen an die Spitze der EU-Kommission zu bringen, berichtet die Zeitung weiter unter Berufung auf Regierungskreise. Genannt wurden hier Wirtschaftsminister Peter Altmaier oder der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber.
Commerzbank-Experte Krämer hält den Zeitungsbericht für "recht glaubhaft". Zwar sei Weidmann ohne Zweifel ein fachlich sehr gut geeigneter Kandidat, um die extrem lockere Geldpolitik wieder schrittweise zu normalisieren. Allerdings habe er eine Entscheidung für Weidmann "nie als das wahrscheinlichste Szenario betrachtet".
"Weil die Ursachen der Staatsschuldenkrise insbesondere in Italien nach wie vor ungelöst sind, werden die Regierungen im Euroraum weiter auf Schützenhilfe durch eine geldpolitisch weich ausgerichtete EZB drängen", schrieb Krämer. Verfechter einer härteren Gangart wie Weidmann hätten deshalb kaum eine Chance. "Stattdessen wird am Ende wohl ein Kandidat zum Zuge kommen, der nicht grundsätzlich abkehrt von Draghis geldpolitischer Linie, die Währungsunion auch mit Mitteln der Geldpolitik zusammenzuhalten", lautet die Einschätzung des Commerzbank-Experten.
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FRANKFURT (dpa-AFX)
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