Cipollone: Bilanzabbau mindert Wirkung von EZB-Zinssenkungen

18.02.25 16:53 Uhr

Von Hans Bentzien

DOW JONES--Der Abbau der geldpolitischen Anleihebestände der Euroraum-Zentralbanken beeinträchtigt nach Aussage von EZB-Direktor Piero Cipollone die Wirkung der Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB). In einem MNI-Webcast forderte er, dass die EZB ihre Zinssenkungen dieser Tatsache anpassen müsse. Cipollone wies außerdem darauf hin, dass die Banken im Zuge des anhaltenden Bilanzabbaus irgendwann auf "strukturelle Liquidität" angewiesen sein dürften.

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"Wir senken die Zinsen allmählich in Richtung des neutralen Bereichs und müssen uns der Tatsache bewusst sein, dass wir über zwei geldpolitische Instrumente verfügen, die angesichts unserer anhaltenden quantitativen Straffung in entgegengesetzte Richtungen wirken. Dies ist ein Novum in der EZB-Geschichte", sagte Cipollone laut veröffentlichtem Redetext.

Um das richtige Gleichgewicht zu finden, sollte die EZB sicherstellen, dass ihre Zinsentscheidungen die Straffung, die durch die Reduzierung der Bilanz induziert werde, angemessen kompensiert werde. Auf Nachfrage erklärte er allerdings, dass die beiden Instrumente gegenwärtig noch in die gleiche Richtung wirkten, da die Zinsen zwar sänken, aber noch restriktiv seien. "Interessant wird es, wenn die beiden Instrumente in unterschiedliche Richtungen wirken", sagte er.

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Seiner Ansicht nach muss die EZB ihren Bilanzabbau weiterhin langsam und berechenbar vorantreiben, um "Unfälle" zu vermeiden. Andererseits aber sollte sie den Marktteilnehmern auch signalisieren, dass sie im Notfall bereit wäre, ihr "Bilanzinstrument" einzusetzen. "Die Erwartung, dass wir sie bei Bedarf einsetzen werden, sichert die reibungslose Transmission unserer Geldpolitik und verringert die Wahrscheinlichkeit, dass wir diese Instrumente überhaupt einsetzen müssen", sagte er. Auf die Frage, ob die EZB im Falle eines Schocks lieber mit Zinsen oder der Bilanz reagieren sollte, sagte er: "Wenn etwas passiert, dann wäre es töricht, nicht alle verfügbaren Instrumente einzusetzen.

Die EZB ersetzt seit Jahresbeginn nicht mehr die im Rahmen des PEPP-Programms fällig werdenden Anleihen. Zuvor waren bereits die APP-Anleihebestände gesunken, die Banken hatten die im Rahmen der TLTRO-Tender aufgenommene Liquidität zurückgegeben. Dies hat Cipollone zufolge dazu geführt, dass die Rendite 10-jähriger Euro-Staatsanleihen nunmehr nur noch um 75 Basispunkte reduziert sei, verglichen mit 175 Basispunkten 2022.

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"In den nächsten Monaten werden sich die Anleihebestände weiter verringern, und es wird der Moment kommen, wo die Banken mehr Liquidität für strukturelle Zwecke brauchen", sagte er. Das werde allerdings "nicht morgen früh sein". Die EZB werde ihre Strategie der Zinssteuerung 2026 überprüfen. Cipollone zufolge passen sich die Banken der neuen operativen EZB-Strategie zur Steuerung der Kurzfristzinsen gut an, diese näherten sich langsam von unten dem Niveau des EZB-Einlagensatzes.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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February 18, 2025 10:54 ET (15:54 GMT)