Bedarf überschätzt?

Nach schwachen Auslieferungszahlen von Tesla: Hat Elon Musk die Model 3-Nachfrage überschätzt?

05.04.19 15:41 Uhr

Nach schwachen Auslieferungszahlen von Tesla: Hat Elon Musk die Model 3-Nachfrage überschätzt? | finanzen.net

Tesla hat im ersten Quartal rund ein Drittel weniger Fahrzeuge unters Volk gebracht. Die ernüchternden Zahlen könnten ein elementares Problem offenbaren: Ist die Nachfrage nach dem als Massenmarktmodell konzipierten Model 3 nicht so hoch wie erwartet?

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Für Anleger hatte Tesla in dieser Woche ernüchternde Nachrichten im Gepäck: Mit 63.000 verkauften Fahrzeugen im ersten Quartal 2019 brachte der Elektroautobauer deutlich weniger Autos unters Volk als zuletzt. Zwar waren der überwiegende Teil der ausgelieferten Fahrzeuge - 50.900 Stück - Model 3, dennoch kommen angesichts eines 20-prozentigen Einbruchs bei dem Fahrzeug, mit dem Tesla den Massenmarkt für Elektroautos erobern will, zunehmend Nachfragesorgen auf.

Mit der Auslieferung überfordert?

Tesla selbst trat solchen Spekulationen direkt entgegen und betonte, man habe Probleme bei der Auslieferung in Europa und China erfahren. Das hatte sich bereits in den vergangenen Wochen abgezeichnet, denn Firmenchef Elon Musk hatte sich sogar persönlich für das Übergabechaos entschuldigt, das viele Tesla-Käufer erlebten, als sie ihr Model in Europa in Empfang nehmen wollten. Musk hatte die Übergabe sogar persönlich vor Ort überwachen wollen, um sicherzustellen, dass die Probleme in den Griff bekommen werden.

In den Folgewochen hatte Tesla immer wieder mit logistischen Problemen zu kämpfen und sogar die eigene Belegschaft gebeten, bei der Auslieferung zu helfen. Wir brauchen Ihre Hilfe, um bei der Suche nach Freiwilligen voranzukommen", so Shah in der Mail, "Wir müssen in den nächsten 15 Tagen 30.000 weitere Autos ausliefern", zitiert "Business Insider" aus einer E-Mail von Senior Vice President Sanjay Shah an die Abteilungsleiter von Tesla.

Um die logistischen Probleme in den Griff zu bekommen, hatte Elon Musk zudem auf Twitter einen Teil der Lösung präsentiert: Der Elektro-LKW von Tesla, der Tesla Semi, soll bei der Auslieferung helfen, obwohl das Fahrzeug noch nicht offiziell auf dem Markt ist.

In China ist es nicht die Logistik

Während die Auslieferung in Europa vorrangig wegen mangelnder logistischer Erfahrung von Tesla stockte, hatte der Elektroautobauer in China ganz andere Probleme. Dort hatten die US-Amerikaner Schwierigkeiten bei der Einfuhr der Model 3: Fast 5.000 Fahrzeuge soll die staatliche Zollverwaltung in Shanghai festgehalten haben. Es gehe um potenzielle Sicherheitsfragen und den Verbraucherschutz, hieß es von Seiten der Behörde. Tesla selbst bestätigte, es habe "Fehler beim Drucken" von Kennzeichnungen gegeben.

Produktionsprobleme werden offensichtlich

Offenbar war es aber nicht nur die Unerfahrenheit des Unternehmens in Logistikfragen, die im ersten Quartal durchgeschlagen hat. Denn auch die Produktionszahlen sind im ersten Jahresviertel massiv eingebrochen: Mit 77.100 gebauten Fahrzeugen verließen elf Prozent weniger die Produktionshallen als im Quartal zuvor. Insgesamt wurden von Januar bis Ende März 62.950 Model 3 gebaut.

Einer der Gründe für den Rückgang könnten geschrumpfte Steueranreize für US-Kunden sein. Dies hat möglicherweise eine Reihe von Kunden dazu verleitet, ihre Model 3-Bestellung vorzuziehen, was die Viertquartalszahlen positiver ausfallen ließ, als dies sonst der Fall gewesen wäre.

Doch einige Experten stellen nach den schwachen Zahlen auch die grundsätzliche Nachfragelage in Frage. Gene Munster von Loup Ventures kommentierte die Auslieferungszahlen mit den Worten: "Das ist eine Enttäuschung, daran führt kein Weg vorbei" und schiebt laut der Nachrichtenagentur Bloomberg hinterher: "Die Frage ist, wie groß ist die Nachfrage?".

Und auch David Kudla, der CEO von Mainstay Capital Management, glaubt, dass Tesla den Marktbedarf möglicherweise überschätzt haben könnte. "Tesla hat seinen Peak hinter sich", so der Tesla-Shortseller. "Die Nachfrage nach dem Model 3 flaut ab und es gibt nichts anderes, das unmittelbar in der Pipeline ist".

Die nächsten Monate werden entscheiden

Ob Tesla die Logistik professionalisieren und die Kinderkrankheiten bei der Auslieferung in den Griff bekommen wird, werden die nächsten Monate zeigen. In Sachen Handelsstreit zwischen den USA und China deutet sich inzwischen immer mehr eine Annäherung an, so dass Gegenwind von dieser Seite dem Autobauer möglicherweise nicht mehr in die Parade fahren wird. Mit zunehmenden Auslieferungen außerhalb der USA kann Tesla sich zudem von dem Heimatmarkt unabhängiger machen.

Was bleibt, ist die unsichere Nachfragelage - insbesondere vor dem Hintergrund, dass es längst zahlreiche Konkurrenten am Elektroautomarkt gibt. Mit der Vorstellung seines Model Y und einem möglichen Pickup-Truck, der auch in diesem Jahr präsentiert werden soll, könnte Tesla neue Kundengruppen erschließen und somit eine möglicherweise überschätzte Nachfrage nach dem Model 3 kompensieren.

Redaktion finanzen.net

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