Bankentest in der Kritik

Vertuscht der Banken-Stresstest die wirklichen Risiken?

07.09.16 17:40 Uhr

Vertuscht der Banken-Stresstest die wirklichen Risiken? | finanzen.net

Eigentlich sollte der Banken-Stresstest das Vertrauen in den Bankensektor stärken. Stattdessen wachsen die Zweifel an der Aussagefähigkeit des vielbeachteten Tests.

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Drei international angesehene Finanzexperten haben errechnet, dass die wichtigsten europäischen Banken bei einer schweren Systemkrise einen Geldbedarf von 683 Milliarden Euro hätten. Damit könnten ihnen 123 Milliarden Euro fehlen.

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Die größte Lücke sehen Sascha Steffen von der Universität Mannheim, Viral Acharya (University of New York) und Diane Pierret (Universität Lausanne) bei der Deutschen Bank. Dem deutschen Branchenprimus würden bei einer Schieflage 19 Milliarden Euro fehlen. Auch die Commerzbank könnte Probleme bekommen, ihr würden demnach 5 Milliarden Euro fehlen.

Stresstests viel zu weich

Die Finanzfachleute kritisieren, dass die Stresstests der Europäischen Zentralbank (EZB) "viel zu weich" waren. Deshalb haben sie mit den strengeren amerikanischen Regeln gerechnet: Statt drei Prozent wurde dabei ein Sicherheitspuffer für eingegangene Risiken von vier Prozent angesetzt. Ab 2017 wollen die US-Behörden den Sicherheitspuffer sogar auf fünf Prozent des Verschuldungsgrades erhöhen.

"Wir haben eher konservativ gerechnet", sagt Sascha Steffen. Deshalb empfehlen die Finanzexperten, den Sicherheitspuffer der Banken auszubauen. Um dies zu erreichen, solle keine Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden, bis die Banken krisenfest sind.

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Stresstests zeigten Fortschritte

Trotz aller Kritik sind Fortschritte bei der Stabilisierung der europäischen Geldhäuser erkennbar. Der Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) zeige, dass die inzwischen verbesserte Kapitalausstattung Europas Banken widerstandsfähiger gegenüber Schocks gemacht habe, kommentierte EBA-Chef Andrea Enria die Testresultate. Sie betonte aber auch, dass die getesteten Banken, auch wenn sie ihre Kapitalpolster gestärkt hätten, dennoch nicht völlig gesund seien.

Auch Daniele Nouy, der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der EZB, äußert sich positiv: "In dem Ergebnis des Stresstests kommen die beträchtliche Kapitalaufnahme und die zusätzlichen Maßnahmen zum Ausdruck, welche die Banken in den vergangenen zwei Jahren zur Sanierung ihrer Bilanzen durchgeführt haben".
Allerdings ist das Gefälle groß: Während die skandinavischen Testteilnehmer glänzten, schnitten ihre Konkurrenten aus Italien und Irland deutlich schlechter ab.

Deutsche Großbanken überzeugen nicht

Laut dem Test sind die getesteten deutschen Kreditinstitute zwar ausreichend mit Kapital ausgestattet, allerdings erfüllten sie die Anforderungen teils nur knapp. Dies ist umso besorgniserregender, wenn man bedenkt, dass Sascha Steffen, Viral Acharya und Diane Pierret den Test als zu weich abtun.

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Beim jüngsten EBA-Stresstest landeten die Deutsche Bank und die Commerzbank unter den letzten zehn von 51 überprüften Geldhäusern. Sie waren damit die schlechtesten deutschen Kreditinstitute im Test. Die Commerzbank bildete unter den deutschen Banken das Schlusslicht.

Der Stresstest sollte prüfen, ob die Banken für einen Einbruch der Wirtschaft gerüstet sind und ob ihre Kapitalpuffer ausreichen, falls die Immobilienpreise einbrechen. Als entscheidende Kennziffer gilt hierbei die so genannte harte Kernkapitalquote (CET1). Sie setzt das Eigenkapital von Banken ins Verhältnis zu den Risikoposten und gibt Aufschluss über den jeweiligen Kapitalpuffer.

Deutsche Bank und Commerzbank mit Schwächen

Die Deutsche Bank kam für den Fall eines angenommenen Krisenszenarios auf eine harte Kernkapitalquote von 7,80 Prozent. Das ist nur wenig mehr als sie aufgrund ihrer Bedeutung für das weltweite Finanzsystem auf Dauer mindestens vorhalten muss. Nach Reuters-Informationen haben allein die erstmals berücksichtigten operationellen Risiken, zu denen Fehlverhalten von Mitarbeitern und unzureichende Kontrollen gehören, die Quote der Deutschen Bank im Stresstest um 2,2 Prozentpunkte verschlechtert.

Analyst Mike Harrison von der britische Investmentbank Barclays meinte dazu, die Deutsche Bank habe zwar Schwächen gezeigt, aber fraglos besser abgeschnitten als gefürchtet. Auch Anleihen-Analyst Ingo Frommen von der Landesbank Baden-Württemberg sprach von einem zufriedenstellenden Abschneiden.

Die Commerzbank schnitt unter den deutschen Kreditinstituten mit einer harten Kernkapitalquote von nur 7,42 Prozent am schlechtesten ab. Damit liegt sie klar unter dem Branchenschnitt von 9,2 Prozent.

Frühe Kritik an Stresstest

Aber auch wenn sich EBA und EZB mit den Ergebnissen insgesamt zufrieden zeigten, war von verschiedener Seite schon direkt im Anschluss an ihre Veröffentlichung Kritik zu hören. So wies Philipp Wackerbeck, Strategieberater und Bankenexperte bei PwC, schon früh darauf hin, dass der Stresstest keine Aussage über die Rentabilität der europäischen Banken zulasse. Sie sei vielerorts chronisch schwach.

Daneben kritisiert Dirk Becker von Allianz Global Investors, dass bei dem Test das für Banken besonders belastende Niedrigzinsumfeld gänzlich unberücksichtigt geblieben war. Auch Martin Hellmich, Bankenprofessor an der Frankfurt School of Finance, verwies darauf, dass die Folgen der Niedrigzinsen ausgeblendet wurden, obwohl sie ein substanzielles Risiko für die Geschäftsmodelle der Banken darstellten: Im Kreditgeschäft schrumpften die Zinsmargen der Geldhäuser, sie könnten Einlagen nicht mehr rentierlich anlegen und zahlten bei der EZB sogar Strafzinsen für geparkte Gelder, so Hellmich.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Frage nach den Lehren aus dem Stresstest. Isabel Schnabel, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, bemängelt, dass keine Konsequenzen aus dem Test gezogen werden: "Es bleibt intransparent, wie und ob die Stresstest-Ergebnisse in regulatorische Kapitalanforderungen übersetzt werden", zitiert sie der Berliner "Tagesspiegel". Das mache "den Stresstest zu einem zahnlosen Tiger."


Redaktion finanzen.net

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