Jens Ehrhardt: Zurück zur griechischen Drachme
Deutschlands bekanntester Vermögensverwalter sorgt sich um den Euroraum - und trennt sich von Aktien. Wo er investiert.
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von Jörg Billina, €uro am Sonntag
In seiner 42 Jahre zählenden Investmentkarriere hat er schon viele Börsenstürme erlebt: Schwarzer Montag 1987, Tequila-Krise, Techblase, die Zahlungsunfähigkeit Argentiniens, das Subprime-Debakel. Jens Ehrhardt hat Abschwünge frühzeitig kommen sehen und sich entsprechend positioniert. Verluste konnte er klar begrenzen. Auch zu Börsenhochzeiten bewies Deutschlands bekanntester Vermögensverwalter große Sachkenntnis. Das Ziel, den Index zu schlagen, hat der 69-Jährige oft erreicht. Privatanleger und institutionelle Investoren sind zufrieden. Sie haben ihm aktuell über zehn Milliarden Euro anvertraut und setzen auf seine immense Erfahrung.
Ehrhardts Blick ist hellwach, der Mann strahlt Kompetenz, Neugier und Entschlossenheit aus. Er zählt zu den Besten in seinem Metier, seine Meinung ist gefragt, Medien reißen sich um ein Interview. Starallüren sind ihm dennoch fremd. Der Altmeister – die Bezeichnung schmeichelt ihm mehr als „Börsenguru“ – empfängt zum Gespräch in Pullach bei München, Sitz der von ihm 1974 gegründeten unabhängigen Vermögensverwaltung DJE Kapital AG. Was die äußeren Umstände anbelangt, ist es wohl einer der schönsten Arbeitsplätze, die Deutschlands Investmentbranche Mitarbeitern zu bieten hat: Das ebenerdige, weitläufige Gebäude steht in einem herrlichen Garten, Margeriten und Orchideen erfreuen das Auge, hohe Tannen sorgen für Schatten. Zudem ist Münchens viel besuchte Bieroase, die Waldwirtschaft, zu Fuß nur zwei Minuten entfernt.
Doch für ausgiebige Mittagspausen im Freien oder Spaziergänge an der nahe gelegenen Isar hat der Asket – kein Fleisch, kein Alkohol – momentan weder Zeit noch Muße. Auch auf Reisen nach Asien, die Ehrhardt früher immer wieder mal unternommen hat, um die Stimmung und Chancen in den wachstumsstarken Schwellenländern zu erkunden, verzichtet er im Augenblick. Die aktuelle Lage an den Märkten fordert seine Präsenz vor Ort und volle Konzentration. Oft bleibt er in diesen Tagen bis Mitternacht im Büro, studiert Researchmaterial, liest Zeitungen, tauscht sich mit Experten aus.
Seine Anspannung ist spürbar – unmittelbar nach der Begrüßung, ohne die erste Frage abzuwarten, legt Ehrhardt los. „Ich bin generell kein Pessimist. Doch die derzeitige Lage macht mir Sorgen“, gesteht er offen. Es sei die schwierigste Phase seines Börsenlebens. Noch nie hätten so viele Kunden angerufen wie jetzt. Ehrhardt erklärt auch gleich, wie er auf die vielen Unwägbarkeiten reagieren will. „Ich habe die Aktienquote schon auf 50 Prozent zurückgefahren. Werden in den kommenden vier Wochen die Aussichten nicht wesentlich besser, reduziere ich den Aktienanteil im DJE Absolut, im Astra-Fonds und im FFM-Fonds auf 25 Prozent.“ Für diese Fonds ist Ehrhardt direkt verantwortlich.
Der Grund für die zunehmend defensive Aufstellung: die Schuldenkrise der EU-Währungszone. „Sie ist viel gefährlicher, als die meisten denken. Und sie ist noch lange nicht vorbei.“ Trotz Sparanstrengungen, Privatisierungsmaßnahmen und massiver Finanzhilfen der EU, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank sei ein Staatsbankrott Griechenlands über kurz oder lang nicht zu vermeiden. Dann aber würden nicht nur griechische Kreditinstitute reihenweise pleitegehen, auch Banken und Versicherungen in anderen europäischen Ländern, die Bonds aus Athen halten, gerieten in ernsthafte Schwierigkeiten. Investoren bekämen dann kalte Füße, weltweit gingen die Aktienkurse kräftig nach unten.
Das aber sei nur der Anfang. Ehrhardt fürchtet, dass nach den Parlamentswahlen in Spanien im kommenden Jahr auch dort das wahre Ausmaß der Verschuldung des Landes bekannt wird. Investoren wären spätestens dann nicht mehr bereit, iberische Anleihen zu kaufen. Im schlimmsten Fall komme es in Spanien zu einem Run auf die Banken, weil Kunden um ihre Ersparnisse fürchten.
Auch Italien drohe weiter Kredit zu verspielen. „Die Aktienkurse italienischer Banken sind zuletzt schon um 30 bis 40 Prozent gefallen. Zudem erwägt die Ratingagentur Moody’s bei einer ganzen Reihe von Unternehmen Bonitätsherabstufungen.“ Die EU sei aber nicht in der Lage, für Spanien und Italien Rettungsprogramme wie für Griechenland aufzulegen.
Ehrhardt holt Luft, das verschafft Gelegenheit zum Nachhaken: Was muss geschehen, wie lassen sich die Probleme lösen? „Griechenland muss die Eurozone verlassen. Nur wenn Athen die Drachme wieder einführt, hat das Land eine Chance, zu gesunden und wettbewerbsfähig zu werden.“ Die damit einhergehenden Turbulenzen an den Märkten müsse man in Kauf nehmen. Die aktuelle Durchwurstelpolitik, die die Verschuldung nur weiter nach oben treibt, werde dagegen die Börsenkurse letztendlich noch viel stärker belasten.
Ehrhardt hält die Einführung des Euro in Südeuropa für einen schwerwiegenden Fehler. Die Gemeinschaftswährung habe dort nur einen Scheinboom ausgelöst. Auch die Behauptung, Deutschland profitiere stark vom Euro, sei falsch. „Der deutsche Konsument stünde heute ohne Gemeinschaftswährung besser da“, ist Ehrhardt überzeugt.Die vielen Konstruktionsfehler zu korrigieren, sei politisch nicht erwünscht. „Man ist aber auch nicht in der Lage beziehungsweise dazu bereit, die Einhaltung klarer Defizitregeln zu erzwingen“, sagt Ehrhardt. Vieles deute darauf hin, dass die kommenden Monate an der Börse extrem schwierig würden, zumal sich ja auch in den Vereinigten Staaten die Konjunkturaussichten wieder eintrübten.
Wenn Aktien immer riskanter werden – welche Anlageklassen bieten seiner Meinung nach dann Schutz? „Gut aufgehoben ist man bei kurz laufenden Staatsanleihen mit sehr gutem Rating und deutschen Corporate Bonds.“ Auch Gold bleibe interessant. Der Preis des Edelmetalls werde weiter steigen, weil vor allem die USA versuchen würden, ihren Schuldenberg über Inflation abzubauen. Mit Währungen wie dem Schweizer Franken könne man sich jedoch gegen Euroverluste absichern. Allerdings wohl nur noch für eine gewisse Zeit. Ehrhardt will nicht ausschließen, dass die Schweiz die Devisenströme in ihr Land begrenzen wird.
Trotz vorhandener Alternativen zu Unternehmenstiteln: Sie reichen nicht aus, um Ehrhardt die Sorgen zu nehmen. Er fühlt sich verantwortlich – vor allem gegenüber den vielen Kunden, die sich in seinen Fonds mit geringen Beträgen engagiert haben. Er weiß: Selbst kleine Verluste treffen diese Anleger viel stärker als diejenigen, die bereits über ein Vermögen verfügen. Die Kleinanleger sind für Ehrhardt keine anonyme Masse. Immer wieder lernt er DJE-Investoren persönlich kennen. Auf der Straße, im Restaurant, am Flughafen sprechen sie ihn an und befragen ihn zur Börsenentwicklung. Auch im Krankenhaus trifft er auf seine Kunden. „Bei einem stationären Aufenthalt stellte sich heraus, dass sowohl Krankenschwester als auch Krankenpfleger in meine Fonds investiert hatten.“ Die Zeit ist um, Ehrhardt verabschiedet sich und marschiert zurück in sein Büro. Es ist später Nachmittag. Die Wall Street hat vor einer Stunde eröffnet. Als Erstes wird er prüfen, in welche Richtung sich die Leitindizes Dow Jones und S & P 500 entwickeln. Auch wenn es derzeit schwierig ist: „Ich liebe meinen Job. Und solange es geht, will ich ihn mit voller Energie ausfüllen“, lautet Ehrhardts Credo.
Investor-Info
DJE Kapital AG
Preisgekrönte Adresse
Dr. Jens Ehrhardt machte sich 1974 mit einer eigenen Vermögensverwaltung selbstständig. Die heute unter DJE Kapital AG firmierende Gesellschaft mit Sitz in Pullach bei München verwaltet aktuell rund 10,8 Milliarden Euro. Zu den Kunden zählen Privatanleger und institutionelle Investoren. Für die individuelle Vermögensverwaltung ist eine Investitionssumme von 500.000 € erforderlich. Der Einstieg in die standardisierte Vermögensverwaltung ist ab 25.000 € möglich. Privatanleger können unabhängig vom Anlagevolumen in Fonds investieren, die von DJE Kapital AG beraten oder verwaltet werden. Ehrhardt studierte in Hamburg und München Betriebswirtschaft. Der Hobbysegler promovierte zum Thema Kursbestimmungsfaktoren am Aktienmarkt unter besonderer Berücksichtigung monetärer Determinanten. Für seine Leistungen als Vermögensverwalter erhielt Ehrhardt zahlreiche Preise. Unter anderem wurde er 2006 von €uro und €uro am Sonntag zum Fondsmanager des Jahres gekürt.
FMM-Fonds
690 Prozent Plus seit Auflage
Die Buchstaben FMM stehen für fundamental, monetär, markttechnisch und definieren das Investmentkonzept des von Jens Ehrhardt seit 1987 gemanagten Fonds. Er berücksichtigt bei der Titelauswahl unter anderem die Konjunkturentwicklung sowie Entscheidungen der Notenbanken und orientiert sich an Trends. Seit Auflage hat der Fonds um rund 690 Prozent zugelegt. Zu den Favoriten zählen derzeit Bilfinger Berger sowie VW.
FI Alpha Renten Global
Weit über dem Vergleichsindex
Seit 1998 ist Jens Ehrhardt auch für den FI Renten Global verantwortlich. Der 165 Millionen Euro schwere Fonds investiert in Bonds in- und ausländischer Emittenten, in Genussscheine sowie Wandelanleihen. Bis zu 20 Prozent darf der Fonds auch in Aktien anlegen. Seit Auflage erzielte der Fonds ein Plus von über 80 Prozent und schlägt damit den Vergleichsindex deutlich.
DJE Gold & Ressourcen
Guter Rohstoffmix
DJE-Fondsmanager Stefan Breintner konzentriert sich auf Unternehmen, die im Goldbergbau tätig sind, etwa Newmont Mining, Randgold Resources oder Goldcorp. Der Anteil reiner Goldminenaktien beträgt mindestens 30 Prozent. Breintner investiert zudem in Unternehmen, die andere Basismetalle fördern sowie in Firmen aus der Öl- und Agrarbranche. Seit Auflage im Januar 2003 legte der Fonds um mehr als 100 Prozent zu.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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