Heiko Aschoff Kolumne Heiko Aschoff

Zukunftsbranche + tolles Unternehmen = gewinnbringende Aktie?

06.11.09 09:41 Uhr

Zukunftsbranche + tolles Unternehmen = gewinnbringende Aktie? | finanzen.net

Die obige Formel ist kein Automatismus und führt nicht zwangsläufig zu schönen Kursgewinnen im eigenen Depot. Warum?

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Dafür möchte ich Ihnen in aller Kürze zwei Gründe nennen:

1. Die Investoren schätzen die Zukunft einer Branche so rosig ein, dass die Aktienkurse bereits der Realität weit vorausgeeilt sind. Die Kurse kommen nicht mehr richtig vom Fleck. Gibt es gar enttäuschende Unternehmensnachrichten, purzeln die Kurse. Die KursFANTASIE verfliegt. Wirtschaftliche Realität und Kursverlauf befinden sich nicht im Einklang. Wird die Divergenz zu groß, sorgt der Markt für eine Korrektur.

2. Ein „tolles Unternehmen“ wird häufig gleichgesetzt mit Blue Chip oder Leader in einer Zukunftsbranche. Der Status Blue Chip suggeriert eine sichere Anlage. Das ist blanker Unsinn. Ein Blick in die Geschichte mit den zahlreichen entthronten Marktführern belegt das Gegenteil. Lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen. Als Aktionär müssen Sie andere Überlegungen anstellen als die Angestellten eines Großkonzerns, die sich relativ sicher fühlen bei einem Blue Chip beschäftigt zu sein (was den eigenen Arbeitsplatz angeht). Stellen Sie sich als Anleger die Frage: handelt es sich um einen (Massen-) Produzenten mit einem leicht kopierbaren Geschäftsmodell oder einen Spezialanbieter mit einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil, der ihn vor einer Margenerosion schützt und die Gewinne langfristig sprudeln läßt? Am Beispiel der Solarbranche möchte ich die These erläutern. Alternativen Energien gehört die Zukunft. Kein Wunder, dass sie in der Gunst der Anleger hoch im Kurs stehen. Aber es gibt auch Phasen, wo selbst die vermeintlich unschlagbaren Marktführer keiner haben will. Betrachten Sie die Berg- und Talfahrt der bekannten Solarworld. Das Timing und die Nerven des Anlegers waren ganz entscheidend für den Anlageerfolg.

Abbildung: der Big Player Solarworld mit atemberaubenden Exzessen. Mit Solarworld konnten Anleger reich werden oder verarmen. Das Timing war von entscheidender Bedeutung. Die rechte Skala zeigt die prozentuale Kursveränderung seit Beginn der Kurszeitreihe. Wie ist es möglich, dass selbst solche – gern als Blue Chip bezeichnete – Leader zwischen Kollaps und Kurseuphorie hin und her schwanken? Jeder erfahrene Börsianer weiss, dass der gesunde Menschenverstand an der Börse nicht weiter hilft. Dafür sorgen unsere Emotionen, Wünsche und andere psychologische Fallstricke. Q-Cells ist ein gutes Beispiel für eine als Leader und Blue Chip in der Solarbranche wahrgenommenes Unternehmen. Doch für diese vermeintlich „sichere“ Aktie gilt die obige Formel nicht: bereits letztes Jahr zeichneten sich schwindende Gewinnmargen angesichts eines weltweiten Produktionsaufbaus ab (China stampfte zig Solarfirmen aus dem Boden).

Massenproduktion zu Dumpinglöhnen aus Fernost lässt grüßen. Betrachten Sie den Kursverlauf und glauben Sie nicht, die Medienberichterstattung wäre entsprechend negativ gewesen. Zumindest die meiste Zeit über. Erst als die schlechten Nachrichten und Probleme immer deutlicher hervortraten, wurden die Analysten vorsichtiger. So „bestätigte“ die Ad-hoc-Meldung vom 14.07.2009 nach § 15 WpHG den schlechten Aktienkursverlauf:

Q-Cells SE: Schwache Marktentwicklung belastet Q2-Ergebnis

• Geschäftsverlauf im zweiten Quartal unter Erwartungen: Vorläufiger Umsatz rd. 142 Mio. Euro, EBIT ca. -62 Mio. Euro

• Derzeitige unsichere Marktsituation erlaubt keine verlässliche Prognose für das Gesamtjahr

• Vorstand kündigt umfassendes Maßnahmenpaket an

Es gibt einige ausgezeichnete Solarfirmen in Deutschland. Entscheidend ist, dass diese Anbieter über ein exklusives Know how verfügen, das für andere Firmen unentbehrlich ist und nicht so schnell kopiert werden kann. Man denke nur an China. Ansonsten droht ein schmerzhafter Margenverfall. Das dürfte der Grund sein, warum sich „Massenproduzenten“ wie Q-Cells oder Solarworld (Insider mögen mir diese Vereinfachung bitte nachsehen) in den letzten Monaten nur weit unterdurchschnittlich entwickelt haben. Der Markt differenziert knallhart wo er die besseren Gewinnmargen vermutet. Die „Zwei-Klassengesellschaft“ ist im Solarsektor längst Realität geworden.

Heiko Aschoff ist selbständiger Trader und Geschäftsführer der Investment Ideen GmbH. Als Banker und Pensionsfondsmanager war er mitverantwortlich für über sieben Milliarden Euro Anlagevolumen. Im Börsendienst www.investment-ideen.de stellt er seine persönlichen Anlageempfehlungen vor.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus

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