Erfolgsstory nicht zu Ende

Japan: Warum Nippons Aktien bald wieder steigen

17.10.14 15:00 Uhr

Japan: Warum Nippons Aktien bald wieder steigen | finanzen.net

Lockere Geldpolitik, schwacher Yen, steigende­­ Unternehmensgewinne, niedrige Aktienbewertungen - vieles spricht dafür, dass die Kurse in Tokio bald wieder klettern.

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von Uli Kühn, Euro am Sonntag

Katerstimmung am Kabuto Cho, dem Sitz der Tokioter Börse. Nach der Kursparty im Jahr 2013 ging den japanischen Aktien die Puste aus. Die Wirtschaft schrumpft, und die "Abenomics" hängen in der Warteschleife. Die von Premierminister Shinzo Abe versprochenen Strukturreformen wurden bisher kaum umgesetzt. Die Bemühungen, das Land endlich aus der Deflationsfalle zu retten, scheinen keinen rechten Erfolg zu haben.

Zu allem Überfluss gab es Anfang der Woche noch Schelte vom Internationalen Währungsfonds (IWF). "Japan braucht wirksamere Strukturreformen, um das Wachstum anzuschieben und die Deflation nachhaltig abzuschütteln", mahnt der IWF im jetzt veröffentlichten Weltwirtschaftsausblick. Prompt ging die Börse in Tokio wieder um mehr als ein Prozent in die Knie.

Mutige Investmentprofis ficht das nicht an. "Die Aussichten für japanische Aktien stimmen zuversichtlich. In unseren Multi-Asset-Portfolios bleiben wir in japanischen Aktien übergewichtet", sagt Mark Burgess, Chefstratege des britischen Fondsanbieters Threadneedle. Andere Experten stimmen zu: "Die Perspektiven für die japanische Börse sind gar nicht so schlecht", meint etwa Russ Koesterich, Chefanlagestratege der Fonds­gesellschaft BlackRock. "Die Börse ist günstig bewertet, Reformen stehen an, staatliche Pensionsfonds wollen mehr Aktien kaufen, und die Bank of Japan dürfte nochmals ihre Geldpolitik lockern", begründet Koesterich.

Regierung und Zentralbank zeigen sich sowieso optimistisch - auch wenn sie sich nicht mehr ganz so weit aus dem Fenster lehnen wie zu Jahresbeginn. So wiederholte die Bank of ­Japan am Dienstag ihre Auffassung, dass die "Wirtschaft ihre moderate Erholung fortsetzt". Einschränkend angemerkt wurde, dass "einige Schwächen, besonders auf der Produktionsseite, aufgetreten" seien. Vor allem die Erhöhung der Mehrwertsteuer im April sei dafür verantwortlich. Diese habe zu einer vorübergehenden Nachfrageschwäche geführt.

Vor diesem Hintergrund bleibt die Zentralbank bei ihrer Prognose, dass die Inflationsrate noch für einige Zeit bei rund 1,3 Prozent verharren wird. Auf längere Sicht will Notenbankchef Haruhiko Kuroda eine Rate von zwei Prozent. Deshalb soll es auch bei der Politik des billigen Geldes bleiben. Die Währungshüter beschlossen am Dienstag einstimmig, die Geldmenge weiter um jährlich 60 bis 70 Billionen Yen (etwa 440 bis 500 Milliarden Euro) auszuweiten. Mit den Geldspritzen sollen endlich Deflation und Wachstumsschwäche überwunden werden.

Das könnte länger dauern als erhofft. Trotz Abenomics wächst Japans Wirtschaft nicht gerade dynamisch. Nach einer kräftigen Zunahme im ersten Quartal sank die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um fast sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das in den drei Vormonaten erreichte Plus wurde damit komplett ausradiert.

Die IFW-Ökonomen bleiben denn auch skeptisch, sie revidierten jetzt die ohnehin bescheidene Prognose nach unten. Demnach wird Japans Wirtschaft 2014 nur um 0,9 Prozent zulegen, 2015 sollen es nur 0,8 Prozent sein. Immerhin haben die Experten auch ein paar Tipps für Japans Regierung und Zentralbank. So sollte die Bank of Japan an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten und besser mit den Marktteilnehmern kommunizieren. Der Regierung rät der IWF zur Deregulierung der Landwirtschaft und des Dienstleistungssektors. Um die hohe Staatsverschuldung abzubauen und den Haushalt zu konsolidieren, müsse zudem dringend das Wachstum angeschoben werden.

Zentralbank könnte nachlegen
Notenbankchef Kuroda hat sich den Appell wohl zu Herzen genommen. Sollten sich die Aussichten verschlechtern, "werden wir sicher die Geldpolitik anpassen und zusätzliche Lockerungen vornehmen", sagte er Anfang der Woche vor dem Parlament. Zugleich bekräftigte der Währungshüter, dass Japan mit der anhaltenden Schwäche des Yen gut leben könne - auch wenn das einigen Unternehmen Probleme bereite. Unterm Strich sei die Abwertung gut für die Wirtschaft.

"Ein schwacher Yen hat sowohl positive Auswirkungen auf den Export als auch auf die Investitionen, denn durch die Abwertung steigen die Einnahmen unserer im Ausland tätigen Unternehmen", erklärte Kuroda den Abgeordneten. Besser lässt sich der Effekt der Abwertung kaum auf den Punkt bringen. Aktienstrategen gefällt denn auch Kurodas Politik. "Die Abwertung des Yen gegenüber dem Dollar ist atemberaubend, und sie lenkt Inflation und Wirtschaftswachstum in die richtige Richtung", sagt Threadneedle-Stratege Burgess.

Seit Herbst 2012 sackte der Yen gegenüber dem Dollar um rund 40 Prozent ab. Der Grund: Mit ihren ständigen Liquiditätsspritzen weitet die Bank of Japan die Geldmenge massiv aus, während die US-Notenbank Fed ihre expansive Geldpolitik langsam zurückfährt. Für viele Unternehmen der Exportnation Japan ist die Abwertung ein unglaublicher Vorteil.

Jetzt können sie ihre Waren im Ausland entweder sehr viel preiswerter anbieten und dadurch mehr Umsatz erzielen oder sie halten den Preis gleich und verbuchen in heimischer Währung sofort mehr Gewinn. Aufgrund des Yen-Verfalls werden die Gewinne japanischer Firmen weiter steigen, erwartet Burgess. Schon in den vergangenen Monaten hätten die Aktienanalysten "eine ganze Reihe von Gewinnprognosen" angehoben. Das ist noch vorsichtig ausgedrückt. "Japans Unternehmen stehen weltweit an der Spitze der Rangliste der Gewinnrevisionen", stellt Christophe Bernard fest, Chefstratege der Schweizer Privatbank Vontobel.

Nicht nur höhere Unternehmensgewinne könnten die Aktienkurse antreiben, auch die Bewertung der Gesellschaften könnte steigen. Mit einem aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 13 liegen japanische Aktien derzeit nicht nur deutlich unter ihrem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre. Zugleich ist Japans Börse damit die preiswerteste aller Industrieländer. Durch die Yen-Schwäche dürften viele Unternehmen jetzt noch rentabler werden, erwartet Bernard. Das wiederum rechtfertige höhere Bewertungen und deute "auf eine erneute Hausse des japanischen Aktienmarkts" hin.

Investor-Info

Yen und Nikkei
Großer Einfluss

Für die japanische Börse gibt es eine einfache Faustregel: Fällt der Wechselkurs der japanischen Währung, steigen die Aktienkurse. ­Das gilt vor allem für den Kurs des Yen zum Dollar, aber auch zum Euro. ­Vorsichtige Anleger sichern aus diesem Grund ihre Japan-Engagements gegen Schwankungen der Wechselkurse ab. Vor allem 2013 war das für deutsche Anleger sehr sinnvoll, wie sich am Verlauf des Nikkei in Yen und in Euro zeigt. Wer sein Engagement nicht abgesichert hat, konnte wegen des schwachen Yen weit weniger gewinnen als Anleger mit Absicherung. Aber Vorsicht: Wenn es an der Börse kriselt, wie etwa 2008, wertet der Yen oft kräftig auf, weil er als sicherer Hafen gefragt ist. Das beschert jenen Anlegern, die ihre Positionen in japanischen Aktien nicht gegen Devisenschwankungen abgesichert haben, wertvolle Wechselkursgewinne.

UBS ETF MSCI Japan €-hedged
Breit angelegt

Mit dem Indexfonds der Schweizer UBS partizipieren Anleger ziemlich genau an der Entwicklung des breit aufgestellten Aktienindex MSCI Japan. Durch die ein­gebaute Währungs­sicherung des ETF haben Veränderungen des Euro-Yen-Wechselkurses praktisch keinen Einfluss auf die Wertentwicklung des Fonds. Großes Plus des Produkts sind seine sehr geringen laufenden Kosten von nur 0,45 Prozent der Anlagesumme pro Jahr. Günstige Möglichkeit, um an Kursgewinnen in Japan zu partizipieren.

Schroder Jap. Opportunities
Gezielt gekauft

Der von Fondsmanager Ken Maeda seit sieben ­Jahren geführte Fonds gehört zu den besten seiner Kategorie. Für den bekennenden Stock-Picker ­zählen bei der Aktienauswahl vor allem die fundamentalen Daten eines Unternehmens und eine niedrige Bewertung. Derzeit ist er bei exportorientierten Firmen, etwa aus der Auto- und Chemiebranche oder Handelsgesellschaften, übergewichtet. Wechselkursschwankungen werden bei diesem Fonds nicht abgesichert. Für längerfristig orientierte Anleger war dies in der Vergangenheit jedoch kein Fehler.

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